Radioactive -Die Verstossenen
Farben. Blond wie Florance, nachtschwarz, schokoladenbraun, feuerrot und ein Junge hat sogar Haare, die so grün wie der Wald sind. Manche von ihnen tragen auf ihrer nackten Haut Bemalungen aus schwarzer Tinte. Ich kann nicht aufhören sie anzusehen. Jeder von ihnen ist wie ein Gemälde oder Kunstwerk. Ich bezweifele, dass sie dasselbe in mir sehen, auch wenn sie mich mindestens genauso neugierig betrachten wie ich sie.
Wir biegen in einen schmalen Gang ab , an dessen Ende ein weiterer Raum, verdeckt durch grauen Stoff, auf uns wartet. Durch die Lücken des Vorhangs dringt weißer Dampf. ‚ Eine Dampfdusche?’ , schießt es mir sofort ungläubig durch den Kopf. Sollte es an diesem ungewöhnlichen Ort wirklich eine hochmoderne Dampfdusche geben? Wie sehr ich mich danach sehne! Es wäre so schön , zu spüren , wie der ganze Dreck der letzten Woche sich aus jeder meiner Poren lösen und sich schlicht und einfach in Luft verwandeln würde.
Iris tritt als erste durch den Vorhang und weiterer Nebel fließt in den Gang und hüllt mich ein. Doch meine Enttäuschung ist groß , als ich sehe , woher der ganze Dampf kommt. Der Raum ist komplett ausgefüllt von einem mit sprudelndem Wasser gefüllten Loch im Boden, von dem der Dampf aufsteigt. Nur ein schmaler Pfad führt einmal rund um das Loch. Dicke Kerzen spenden das einzige Licht in der düsteren Kammer.
Iris bemerkt meine Skepsis und tätschelt mir aufmunternd den Arm. „Guck doch nicht so, es ist viel besser als eine Dampfdusche. Du wirst es mögen, vertrau mir.“
„Das ist eine heiße Quelle, die Einzige in dem ganzen Höhlensystem. Abends stehen hier alle Schlange, um auch mal rein zu dürfen .“, erzählt mir Florance und drückt mir ein weiches rosafarbenes Badetuch in die Hände.
Unsicher betrachte ich das blubbernde Loch und weiß nicht , was ich als nächstes tun soll. Mich ausziehen, während Florance und Iris zuschauen? So etwas gehört sich nicht! Auch wenn alle menschlichen Körper gleich sein mögen, so hatten wir in der Sicherheitszone trotzdem jeder ein eigenes Zimmer. Nur den Ärzten ist es erlaubt , andere nackt zu sehen , und dann auch nur zur Untersuchung.
Endlich scheint Florance mein Zögern richtig zu deuten und wendet mir den Rücken zu.
„Entschuldige. Lass dir ruhig Zeit und sag Bescheid , wenn du im Wasser bist, dann gebe ich dir die Seife.“, bietet sie mir freundlich, jedoch etwas verschämt an. Die Situation scheint ihr plötzlich genauso unangenehm zu sein wie mir.
Ich warte , bis auch Iris sich umgedreht hat, erst dann lege ich das Badetuch zu Boden und öffne den Reißverschluss meines kaputten Anzugs. Er hackt beim Ziehen und lässt sich gerade Mal bis zu meiner Brust öffnen. Erst ein kräftiger Ruck löst ihn bis zu meinem Bauchnabel, sodass ich aus den Ärmeln schlüpfen kann. Ich habe das Gefühl , mich kaum bewegen zu können, so sehr pochen meine Muskeln. Langsam streife ich den glatten Stoff über meinen restlichen Körper, stoppe jedoch an meinem Knie. Es ist blutig und wund. Während meiner Flucht muss ich wohl darauf gefallen sein. Der Stoff des Anzugs hat sich mit dem Wundschorf verklebt. Es ziept beim Lösen und schließlich bricht die Wunde erneut auf, sodass Blut mein Bein hinab rennt rinnt . Ich seufze leidend und steige aus dem Anzug.
Vorsichtig tippe ich mit einem Zeh in das Wasser. Es ist angenehm warm, sodass ich es wage , mit beiden Füßen hinein zu steigen . Das Wasser reicht mir bis zu meiner Hüfte. Es ist ungewohnt , so viel Nässe um sich zu spüren und sich komplett von ihr einhüllen zu lassen. Der Boden des Lochs besteht aus weichem Sand.
Unsicher tauche ich unter, sodass mein gesamter Körper im Wasser versinkt, nur mein Kopf bleibt an der Oberfläche. Verlegen räuspere ich mich.
Florance fährt sofort zu mir herum und schenkt mir ein liebevolles Lächeln, während sie mir ein festes Stück Seife reicht. Aus der Sicherheitszone kenne ich Seife nur flüssig oder gasförmig. Sie fühlt sich glitschig in meiner Hand an, sodass es gar nicht so leicht ist , sich damit die Arme einzureiben.
„Und , wie findest du es?“, hakt Iris ganz aufgeregt nach. Ich weiß , sie will hören, dass es mir gefällt, also setze ich ein Lächeln auf und nicke. „Toll!“
In Wirklichkeit kann ich gar nicht sagen, ob mir die heiße Quelle nun gefällt oder nicht. Alles ist hier so fremd und ungewohnt, dass ich mich über so etwas Alltägliches wie eine Dampfdusche gefreut hätte. Es wäre wenigstens ein Stück
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