Radioactive -Die Verstossenen
sein und ich verliere die Kontrolle über meinen Körper. Mit einem lauten Knall lande ich auf meinem Hintern in dem rauen Sand. Schnell rappele ich mich auf , als ich bereits wildes Fußgetrappel höre , und entscheide mich spontan für den Wald. Dort werden sie mich nicht so leicht entdecken.
Auch wenn es mir schwer fällt , mit nackten Füßen über den unebenen Boden zu rennen, laufe ich so schnell, dass meine Lunge bereits zu brennen beginnt. Genauso schmerzen meine Fußsohlen, die bereits voller Schrammen sein müssen. Der Waldboden ist von Blättern, Ästen und Steinen übersäht. Immer wieder stolpere und stürze ich über Wurzeln. Doch so oft ich auch hinfalle, so oft stehe ich auch wieder auf. Mein eigener Herzschlag übertönt die Stimmen meiner Jäger. Ich weiß nicht , ob sie Waffen dabei haben, hin und wieder glaubte ich bereits , einen Schuss gehört zu haben, doch vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.
Erneut lässt mich ein lautes Donnern zusammenzucken. Für einen Moment ist der Wald in grelles Licht getaucht. War das ein Schuss? Panisch blicke ich mich um, doch dort ist niemand. Zuletzt sah ich ihre Fackeln, aber jetzt bin ich allein.
Vielleicht täuschen sie mich mit einem Trick, um mich so zu fangen. Schnell renne ich weiter und nehme mir vor , nicht mehr stehen zu bleiben. Solange ich renne, können sie mich nicht schnappen. Bei dem nächsten Krachen stoße ich unfreiwillig einen Schrei aus, denn es ist so laut und wild, dass ich glaube , ein Baum müsste umgestürzt sein. Erneut wird der Himmel für Sekundenbruchteile erhellt und ich sehe eine schwarze Silhouette zwischen den Bäumen hinter mir.
Wasser bricht aus dem Himmel und ergießt sich über mir. Regen. Langsam setzt sich das Erlernte aus dem Bildungsunterricht in meinem Kopf zusammen. Sie schießen nicht auf mich. Das ist der Donner und das Licht der Blitz. Ein Gewitter. Diese Erkenntnis fasziniert mich so sehr, dass ich nur mühsam meine Beine dazu bewegen kann , weiter zu laufen. Jeder Schritt schmerzt und mein Herz pocht wie wild. Der Geschmack von Blut breitet sich in meinem Mund aus.
Obwohl die Blätter den Regen etwas abfangen, bin ich nach wenigen Sekunden bereits völlig durchnässt. Der Stoff des Anzugs klebt feucht und unangenehm an meinem Körper und der Regen spült den Staub von meiner Haut und läuft mir brennend in die Augen. Bei jedem Donnerschlag fahre ich zu Tode geängstigt zusammen und würde mich am liebsten verkriechen.
Plötzlich trifft mich ein heftiger Stoß im Rücken und ich stürze der Länge nach zu Boden. Meine Zähne knirschen laut , als sie aufeinander schlagen , und der Schmerz vibriert in meinem Kopf. Das Gewicht, das mich zu Boden drückt, raubt mir die Luft zum Atmen . Panisch rolle ich mich herum, beginne wild um mich zu treten und zu schlagen.
Ein erneuter Blitz erhellt den dunklen Wald und ich blicke in Finns Augen, die mich hasserfüllt fixieren.
Wie gelähmt fühlt sich mein Körper an. Für einen Moment starren wir einander wortlos entgegen. Seine Hände drücken mich an meinen Handgelenken zu Boden. Jeder Versuch , sich zu wehren , ist nutzlos. Er ist so viel stärker als ich. Seine Knie pressen sich hart in meine Oberschenkel, sodass ich nicht mal nach ihm treten könnte.
„Das war ein Fehler“, knurrt er mir entgegen , mit einer Stimme so kalt und emotionslos, dass jeder Funke Hoffnung mit einem Schlag erlischt.
Während meiner Flucht konnte ich den Schmerz in meinen Füßen vor lauter Angst und pochendem Herzen ignorieren, doch jetzt , wo meine Lage aussichtslos ist, spüre ich ihn wieder umso mehr. Ich kann kaum auftreten, ohne dass mir dabei Tränen in die Augen schießen und ich fest auf die Zähne beißen muss. Wenn es nach mir ginge, würde ich nicht einen Schritt mehr tun, doch Finn ist da anderer Meinung. Unbarmherzig schubst er mich vor sich her durch den Wald. Meine Füße interessieren ihn genauso wenig, wie dass ich in der Dunkelheit kaum etwas sehe. Wann immer ich über meine eigenen Füße oder eine Wurzel stürze, zieht er mich nur grob am Ellbogen wieder auf die Beine und treibt mich weiter vor sich her. Es kommt mir vor , als wären wir bereits Stunden unterwegs und ich muss mir eingestehen, dass ich jegliches Zeitgefühl verloren hab. Egal wie lange ich in der Sicherheitszone trainiert wurde, hier draußen ist alles wie weggewischt.
Auch mein Anzug ist kaum noch als solcher zu erkennen. Neben dem roten Staub ist er übersät von Schlammflecken, Moosresten und
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