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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»Ich… ich bot ihr einmal meine Freundschaft an.«
    »Und sie wollte nichts davon wissen? Sie hat dich wirklich gehasst, Renisenb.« Esa machte eine Pause und fragte dann scharf. »Ob es wohl wegen Kameni war?«
    Wieder errötete Renisenb.
    »Wegen Kameni? Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Esa sagte nachdenklich: »Sie und Kameni kamen beide aus dem Norden, aber Kameni hat dir nachgeblickt, wenn du über den Hof gegangen bist.«
    »Ich muss nach Teti schauen«, erklärte Renisenb brüsk und stand auf.
    Mit heißen Wangen lief sie über den Hof auf den See zu.
    Vom Vorplatz her rief Kameni ihr zu. »Ich habe ein neues Lied gemacht, Renisenb. Bleib und hör es an.«
    Sie schüttelte den Kopf und eilte weiter. Ihr Herz klopfte zornig. Kameni und Nofret… Kameni und Nofret… Warum flößte die alte Esa mit ihrer Boshaftigkeit ihr solche Gedanken ein?
    Von weitem drang Kamenis wohllautende Stimme zu ihr herüber: »Ich will sagen zu Ptah: Gib mir mein Weib heute Nacht…«
     
    »Renisenb!«
    Zweimal musste Hori rufen, bis sie ihn hörte und sich von der Betrachtung des Nils abwandte.
    »Renisenb, woran hast du gedacht?«
    Renisenb antwortete trotzig: »Ich dachte an Khay.«
    Hori sah sie lächelnd an.
    »Ich verstehe. Was hast du? Warum bist du so erregt? Hat jemand dich geärgert?«
    »Ja, Esa. Sag mir, Hori, kannten Kameni und Nofret sich gut, bevor sie hierher kamen?«
    Hori stand eine Weile ganz still. Dann sagte er, während er neben Renisenb zum Haus zurückging: »Ach so. Das ist es also…«
    »Was meinst du damit? Ich habe dich nur etwas gefragt.«
    »Worauf ich keine Antwort weiß. Nofret und Kameni kannten sich – wie gut, das weiß ich nicht. Aber das spielt doch eigentlich keine Rolle, nicht wahr? Nofret ist tot und begraben, und Kameni scheint nicht um sie zu trauern.«
    »Das stimmt«, sagte Renisenb, die daran gar nicht gedacht hatte. Impulsiv wandte sie sich ihm zu.
    »O Hori, wie du zu trösten verstehst!«
    Er lächelte.
    »Der kleinen Renisenb setzte ich den Löwen instand. Jetzt… hat sie anderes Spielzeug.«
    »Können wir nicht zum Grab hinaufgehen?«, schlug Renisenb vor, ehe sie das Haus erreichten. »Ich möchte nicht zu den anderen. Oben ist es so schön, man ist dort über allem.«
    »So empfinde ich es auch. Man blickt über alles hinweg, über alles Kleine und Unbedeutende.«
    »Schau, Hori!« Renisenb deutete zur Klippe hinauf. »Yahmose und Satipy waren oben beim Grab. Sie kommen herunter.«
    »Es mussten dort einige Sachen fortgeräumt werden, einige Linnenballen, die die Einbalsamierer nicht gebraucht haben«, erklärte Hori. »Yahmose wollte Satipy mit hinaufnehmen und sie um Rat fragen, was damit geschehen soll.«
    Während Renisenb hinaufsah, fiel ihr ein, dass die beiden, die da herunterkamen, sich der Stelle näherten, wo Nofret abgestürzt sein musste. Satipy schritt voran, Yahmose etwas hinter ihr.
    Plötzlich drehte Satipy den Kopf herum, um mit Yahmose zu sprechen.
    Und dann blieb Satipy jählings stehen, als wäre sie versteinert, und starrte zurück. Ihre Arme fuhren empor, wie um einen Schlag abzuwehren. Sie rief etwas, stolperte, taumelte, und dann, als Yahmose auf sie zusprang, stieß sie einen Schrei des Entsetzens aus und stürzte kopfüber auf die Felsen hinunter.
    Renisenb, die die Hand an die Kehle gepresst hielt, sah den Fall ungläubig.
    Satipy lag, eine verkrümmte Masse, genau an der Stelle, wo die tote Nofret gelegen hatte.
    Renisenb riss sich zusammen und begann zu laufen. Yahmose kam rufend den Pfad heruntergerannt.
    Renisenb erreichte ihre Schwägerin und beugte sich über sie. Satipys Augen standen weit offen, die Lider zitterten. Ihre Lippen bewegten sich, versuchten Worte zu bilden. Renisenb bückte sich tiefer zu ihr nieder. Das gläserne Entsetzen in Satipys Augen ängstigte sie.
    Dann erklang die Stimme der Sterbenden. Es war nur ein heiseres Krächzen.
    »Nofret…«
    Satipys Kopf sank zurück. Die Kinnlade fiel herab.
    Hori war Yahmose entgegengegangen. Die beiden Männer kamen miteinander herbei. Renisenb wandte sich an ihren Bruder: »Was hat sie gerufen, bevor sie abstürzte?«
    Yahmose atmete stoßweise, er vermochte kaum zu sprechen.
    »Sie blickte an mir vorbei, als ob sie hinter mir jemanden kommen sähe, aber es war niemand auf dem Weg.«
    Hori bestätigte: »Es war niemand da.«
    Yahmoses Stimme senkte sich zu einem schreckendurchbebten Flüstern: »Und dann sagte sie…«
    »Was sagte sie?«, forschte Renisenb ungeduldig.
    »Sie

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