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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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So lauteten dein Worte.«
    »Du bist erzürnt, Renisenb. Das freut mich, denn es zeigt mir, dass du mich liebst. Doch gleichwohl muss ich es dir erklären… Ich habe Nofret das Amulett nicht gegeben. Sie gab es mir…« Er machte eine Pause und fuhr dann dort: »Vielleicht glaubst du mir nicht, aber es ist wahr. Ich schwöre, dass es wahr ist.«
    Renisenb antwortete langsam: »Ich will nicht sagen, dass ich dir nicht glaube. Es mag wohl wahr sein.«
    Nofrets dunkles, schwermütiges Antlitz trat vor ihr inneres Auge.
    Kameni sprach rasch weiter: »Versuch mich zu verstehen, Renisenb. Nofret war sehr schön. Ich fühlte mich geschmeichelt – wer wäre es nicht gewesen? Aber nie habe ich sie wirklich geliebt.«
    Renisenb empfand ein sonderbares Mitleid. Nein, Kameni hatte Nofret nicht geliebt, aber Nofret hatte ihn geliebt, hatte ihn verzweifelt und bitterlich geliebt. Gerade an dieser Stelle des Nilufers hatte sie an jenem Morgen mit Nofret gesprochen und ihr ihre Freundschaft angeboten. Sie erinnerte sich nur allzugut an den sprühenden Hass, der ihr von der unglücklichen Nofret entgegengeschlagen war. Jetzt erkannte sie die Ursache. Arme Nofret, das Weib eines ältlichen Mannes, während ihr Herz sich verzehrte vor Liebe zu einem fröhlichen, schönen, jungen Manne, der sich nur wenig oder gar nichts aus ihr machte.
    Kameni fuhr eindringlich fort: »Verstehst du nicht, Renisenb, dass ich dich, kaum dass ich herkam, liebte? Dass ich von dem Augenblick an, da ich dich sah, an keine andere Frau mehr dachte? Nofret durchschaute es sofort.«
    Ja, dachte Renisenb, Nofret hatte es durchschaut. Nofret hatte sie deswegen gehasst, und Renisenb konnte ihr daraus keinen Vorwurf machen.
    »Ich wollte nicht einmal den Brief an deinen Vater schreiben. Ich mochte mit Nofrets Plänen nichts mehr zu tun haben. Aber es war schwierig – du musst einsehen, dass es schwierig war für mich.«
    »Ja, ja«, erwiderte sie ungeduldig. »All das spielt keine Rolle. Wichtig ist nur Nofret. Sie war sehr unglücklich. Sie hat dich sehr geliebt, glaube ich.«
    »Nun, ich habe sie nicht geliebt.«
    »Du bist grausam, Kameni.«
    »Nein, ich bin ein Mann, weiter nichts. Wenn eine Frau meinetwegen unglücklich wird, so langweilt mich das. Ich begehrte Nofret nicht. Ich begehrte dich. O Renisenb, du kannst mir deshalb doch nicht böse sein!«
    Wider Willen musste sie lächeln.
    »Lass die tote Nofret nicht Zwietracht säen zwischen uns. Ich liebe dich, Renisenb, und du liebst mich, und alles andere zählt nicht.«
    Ja, dachte Renisenb, sonst zählte nichts.
    Sie betrachtete Kameni, der sie mit flehender Miene anblickte. Er sah sehr jung aus.
    Renisenb dachte: Er hat Recht. Nofret ist tot, und wir leben. Ich verstehe jetzt ihren Hass auf mich, und es tut mir Leid, dass sie gelitten hat, aber meine Schuld war es nicht. Und Kamenis Schuld war es auch nicht, dass er mich liebte und nicht sie. So geht es zu auf der Welt.
    Teti, die am Ufer gespielt hatte, kam herbei und ergriff Renisenbs Hand.
    »Gehen wir nicht heim, Mutter?«
    Renisenb stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Doch, wir wollen heimgehen.« Sie gingen zum Haus, Teti lief voraus. Kameni seufzte erleichtert auf.
    »Du bist so großmütig, Renisenb, ebenso großmütig wie bezaubernd. Es ist alles wieder gut, nicht wahr?«
    »Ja, Kameni, es ist alles wieder gut.«
     
    Renisenb rief Henet in ihr Zimmer.
    Henet, die herbeigeeilt kam, hielt jählings in ihrem Lauf inne, als sie Renisenb bei dem geöffneten Schmuckkästchen mit dem zerbrochenen Amulett in der Hand stehen sah. Renisenbs Gesicht war ernst und zornig.
    »Du hast dieses Schmuckkästchen in mein Zimmer gestellt, nicht wahr, Henet? Du wolltest, dass ich das Amulett finde. Du wolltest, dass ich eines Tages entdecke, wer die andere Hälfte hat.«
    »Ich sehe, du hast es entdeckt. Nun, es ist immer gut, Bescheid zu wissen, meinst du nicht auch, Renisenb?« Henet lachte spöttisch.
    »Du wolltest, dass das Wissen mir wehtut«, sagte Renisenb, immer noch zornig. »Du siehst es gern, wenn die Menschen leiden, wie, Henet? Du sprichst nie geradeheraus. Du wartest und wartest, bis der geeignete Augenblick kommt. Du hassest uns alle, nicht wahr? Du hast uns von jeher gehasst.«
    »Was du da redest, Renisenb! Das ist sicher nicht dein Ernst!«
    Aber jetzt hatte Henets Stimme nichts Klagendes, es schwang stattdessen schlaues Frohlocken darin.
    »Du wolltest zwischen Kameni und mir Unfrieden stiften. Nun, das ist dir nicht gelungen.«
    »Du wirst mir

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