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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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und fröhlich und gütig.«
    »Ich weiß.« Yahmose blickte immer noch unzufrieden und zweifelnd drein. »Es ist wichtig für dich, dass du glücklich wirst, Renisenb. Du darfst dich nicht von meinem Vater zu etwas drängen lassen, das du nicht selber willst. Du kennst ihn doch.«
    »O ja, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, müssen wir ihm alle nachgeben.«
    »Nicht unbedingt«, erwiderte Yahmose fest. »Ich werde in diesem Falle nicht nachgeben, es sei denn, du wünschst es.«
    »Ach, Yahmose, du hast dich noch nie gegen unsern Vater aufgelehnt.«
    »Aber ich werde es diesmal tun. Er kann mich nicht zwingen, seine Meinung zu feilen.«
    Renisenb betrachtete ihn sehr aufmerksam. Wie entschlossen und bestimmt sein sonst so weiches Gesicht wirkte!
    »Du bist so gut zu mir, Yahmose«, sagte sie dankbar. »Aber ich füge mich wirklich keinem Zwang. Das frühere Leben hier, zu dem ich so gern zurückgekehrt bin, das ist vorbei. Kameni und ich werden ein neues Leben aufbauen.«
    »Wenn du sicher bist…«
    »Ich bin sicher«, antwortete Renisenb. Sie lächelte ihm zärtlich zu und ging hinaus.
    Sie überquerte den Hof. Am See spielte Kameni mit Teti. Renisenb näherte sich ihnen leise und beobachtete sie. Kameni, fröhlich wie immer, schien an dem Spiel die gleiche Freude zu haben wie das Kind. Renisenbs Herz erwärmte sich für ihn. Sie dachte: Er wird Teti ein guter Vater sein.
    Da wandte Kameni den Kopf, gewahrte sie und stand lachend auf.
    »Teti ist sehr gescheit«, rief er, »und gesund und schön dazu.«
    Seine Augen gingen zwischen Renisenb und der Kleinen hin und her, und der zärtliche Blick verriet seine Gedanken – er dachte an die Kinder, die Renisenb ihm dereinst gebären würde.
    Sie lächelte ihn freundlich an.
    »Mein Vater hat mit mir gesprochen«, sagte sie.
    »Und du willigst ein?«
    Sie zauderte ein paar Sekunden, ehe sie antworte: »Ich willige ein.«
    Das entscheidende Wort war gefallen. Nun gab es kein Zurück mehr. Sie wünschte, sie würde sich nicht so müde und benommen fühlen.
    »Renisenb, magst du mit mir eine Vergnügungsfahrt auf dem Fluss machen? Das wollte ich schon immer mit dir tun.«
    Seltsam, dass er gerade das sagte. Zum ersten Mal hatte sie ihn in einem Boot erblickt und an Khays lachendes Gesicht gedacht. Jetzt aber war Khays Gesicht vergessen, und stattdessen lachte Kameni sie an.
    »Willst du mit mir zum Fluss kommen, Renisenb?«
    »Ja, Kameni, ich komme mit dir.«
    »Wir wollen auch Teti mitnehmen.«
     
    Ein Traum, dachte Renisenb – das Boot mit dem Segel, Kameni, sie selbst und Teti. Sie waren dem Tod und der Todesfurcht entronnen. Dies war der Anfang des neuen Lebens.
    Dann lenkte Kameni das Boot zum Ufer zurück, vertäute es, und Renisenb betrat wieder festen Boden. Er hob Teti hinaus. Das Kind umklammerte seinen Hals, und dabei riss die Kette des Amuletts, das er trug, und fiel zu Renisenbs Füßen nieder. Sie hob es auf. Es war ein Ankh-Zeichen aus Elektron und Gold.
    Sie stieß einen kleinen Schrei des Bedauerns aus.
    »Es ist verbogen. Sei vorsichtig, es kann zerbrechen. Das tut mir Leid.«
    Kameni nahm das Amulett, aber seine kräftigen Finger verbogen es noch mehr und brachen es absichtlich in zwei Stücke.
    »Oh, was hast du getan?«
    »Nimm du die eine Hälfte, Renisenb, und ich will die andere nehmen. Es soll ein Zeichen sein – dass wir die Hälften des gleichen Ganzen sind.«
    Er hielt ihr das eine Stück hin, und gerade als sie die Hand ausstreckte, um es in Empfang zu nehmen, schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, und sie zog scharf den Atem ein.
    »Was ist, Renisenb?«
    »Nofret!«
    »Was meinst du?«
    »Das zerbrochene Amulett in Nofrets Schmuckkästchen! Du hast es ihr gegeben. Du und Nofret… Jetzt verstehe ich alles. Darum war sie unglücklich. Und nun weiß ich auch, wer das Schmuckkästchen in mein Zimmer gestellt hat. Ich weiß alles. Lüg mich nicht an, Kameni. Ich sage dir, ich weiß Bescheid.«
    Kameni widersprach nicht. Er sah sie an, und sein Blick wurde nicht unstet. Als er redete, war sein Ton ernst und kein Lächeln auf seinem Gesicht.
    »Ich werde dich nicht anlügen, Renisenb.«
    Er wartete eine Weile, runzelte die Brauen ein wenig, als versuchte er seine Gedanken zu ordnen.
    »In gewisser Weise bin ich froh, Renisenb, dass du Bescheid weißt. Wenn es sich auch nicht ganz so verhält, wie du denkst.«
    »Du hast ihr das zerbrochene Amulett gegeben, wie du es mir gegeben hast, als Zeichen, dass ihr zwei Hälften eines Ganzen seid.

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