Raecher des Herzens
schließlich auch dieser riss, war nur noch der Drang zu besitzen und mit aller Macht zu nehmen in ihm. Er wollte alles fordern, was diese Frau zu geben bereit war. Rio öffnete die Augen. Ihre Blicke verschmolzen. Seine Augen sprachen von dem unbändigen Drang, dem Ende zuzustreben. Auch Celinas Blick war erfüllt von wilder, tiefer Sehnsucht, vermengt mit Verzweiflung. Rio bäumte sich auf. Nie zuvor hatte er einen Höhepunkt von derartiger Heftigkeit erlebt. Er vergrub sich in Celinas seidiger Hitze, wollte so tief in sie dringen, dass er ihr Herz berühren konnte. Dabei wusste er nur zu gut um die Vermessenheit dieses Wunsches.
Später lag er neben ihr, deckte sie zu, damit sie nicht fror, zog behutsam die Nadeln aus ihrem zerzausten
Haar und glättete sanft die Strähnen. Rio beobachtete das Spiel aus Licht und Schatten, das die verglimmende Glut zärtlichen Liebkosungen gleich auf Celinas Gesicht zeichnete. Er betrachtete sie im Schlaf. In diesem Augenblick hätte er jeden, der es wagen wollte, sie zu wecken, mit bloßen Händen erdrosselt. Wie neu geboren fühlte sich Rio in diesen kostbaren Minuten. Er schwor bei allen Heiligen, die ihm einfallen wollten, dass er Celina keinem anderen überlassen würde, am wenigsten Damian Francisco Adriano de Vega y Ruiz, Conde de Lerida.
Er würde diese Frau nicht hergeben, nicht jetzt und nicht später, selbst wenn er dafür alle Träume und Hoffnungen begraben musste. Selbst wenn der Preis dafür sein eigenes Leben war.
Siebzehntes Kapitel
Wie sagte man einem Mann, der Verzückung und einem Traum zur gleichen Zeit Lebewohl? Celina war sicher, dass sie alles falsch gemacht hatte. Sie war zu kühl, zu beherrscht gewesen, weil sie gefürchtet hatte, ihr Herz werde sonst in tausend Stücke zerspringen.
Nackt war sie auf dem seidenen Diwan erwacht. Sie lag an Rios Brust geschmiegt. Ihre Beine waren ineinander verschlungen. Fest drückte sie sich an ihn. Sie wollte noch mehr von den Wonnen, die er ihr verschaffte, mehr von dem süßen Vergessen. Und er gab ihr, wonach sie sich sehnte. Rio zog sie auf seinen Leib, bis sie rittlings über ihm saß, machte ihr langes Haar zu einem Vorhang, der sie schützend umgab. Unter diesem seidig fließenden Mantel ließ er sie alles nehmen, was sie wollte und wie sie es wollte.
Und sie wollte so viel.
Als der Tumult der Gefühle verebbt war, ließ Celina die Fingerspitzen über Rios Körper wandern, versuchte sich einzuprägen, wie er sich anfühlte, wie er roch und schmeckte. Sie verlor sich in den glatten, den rauen, den harten und weichen Flächen, bewunderte die Perfektion der Muskeln und deren Kraft und versuchte dabei jeden Gedanken an den fetten Leib des Grafen aus ihrem Kopf zu verbannen.
Sie fand heraus, wie groß und wie tief die Wunde an Rios Schulter war. Natürlich hatte Suzette, die ihr Wissen wiederum von Olivier bezog, ihr davon erzählt. Doch die Verletzung mit eigenen Augen zu sehen war etwas anderes. Der kalte Atem der Angst streifte Celina, wenn sie an das Duell dachte, das Rio bevorstand. Fast wünschte sie sich, Olivier hätte Suzette nichts davon gesagt.
Rio konnte unmöglich sterben. Er war zu kräftig, zu stark. Ein Mann wie er musste einfach unbesiegbar sein. Ihm konnten die Schmerzen und Schicksalsschläge normaler Sterblicher nichts anhaben. Aber doch war er verwundet und geschwächt. Vielleicht war er trotz allem nicht unsterblich.
Celina fürchtete um sein Leben.
Während dieser nachmittäglichen Stunden hatte sie sich unsagbar geliebt und geborgen gefühlt. Rio bot ihr etwas zu essen an, aber sie brachte keinen Bissen hinunter. Sie wollte nur ihn, nur die geflüsterten Worte, die Berührungen, den glühendheißen Rhythmus, in dem ihre Körper zueinander sprachen. Sie wollte Rios Kraft tief in ihr, suchte die Erfüllung, die nur er ihr geben konnte.
Er liebte sie noch ein drittes Mal. Dieses Wort hallte in Celinas Gedanken wider, während sie sich verzweifelt an ihm festklammerte, aber sie sprach es nicht aus. Sie sagte es auch nicht, als Rio ihr beim Ankleiden half und dann nach Suzette rief, damit sie ihre Frisur in Ordnung bringen konnte. Auch als er sie zum Abschied ein letztes Mal küsste, brachte sie es nicht über die Lippen. Ohne das Wort aus ihrem Munde gehört zu haben, half er ihr in die Mietdroschke und gab dem Kutscher in knappen Worten ein paar Anweisungen. Warum hätte sie es aussprechen sollen?
Ihre Affäre - wenn man das, was zwischen ihnen geschehen war, denn so nennen konnte -
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