Raecher des Herzens
wenn Denys so viel redete. Er musste sich schonen. Aber Celina wollte unbedingt erfahren, was er wusste.
Sie stützte ihn und hielt ihm das Glas an die Lippen. »Was ist das für ein Spiel?«, fragte sie.
»Genau weiß ich es nicht«, antwortete Denys, nachdem er das Glas halb geleert hatte. »Möglicherweise hat es etwas mit Politik zu tun, aber ich kann mich auch irren ... Wusstest du, dass der Graf Verbindungen zu den Mexikanern hat? Außerdem ist er gegen die Ausweitung der Vereinigten Staaten. Nein, das stimmt nicht. Ihm sind die mexikanischen Interessen genauso gleichgültig wie die amerikanischen. Er interessiert sich nur für das mexikanische Gold, das er braucht, um damit seine kostspieligen Gewohnheiten zu finanzieren.«
»Gold? Aber er ist doch ein reicher Mann.«
»Das möchte er uns gern glauben lassen. Aber in den Spielhallen heißt es, er könne seine Schulden nicht begleichen. Er gibt nur vor, ein reicher Hidalgo zu sein.«
»Deshalb spioniert er gegen Bezahlung?« Celina war überrascht, wie wenig diese Erkenntnis sie schockierte.
Denys trank noch einen Schluck. Dann zeigte er durch ein Nicken an, dass er genug hatte. »Ein richtiger Spion ist er wohl nicht. Er sollte nur gegen Geld seinen Einfluss geltend machen und diejenigen, die sich durch seine Aufmerksamkeit geschmeichelt fühlen, auf die Seite der Mexikaner bringen. Sie sollen unsere Nachbarn jenseits des Sabine River den Mexikanern überlassen.«
»Gibt es denn tatsächlich so viele wichtige Leute, die auf ihn hören?« Celina stellte das Glas auf den Nachttisch zurück.
»Ein paar finden sich immer, die ihr Fähnlein nach dem Wind hängen.«
»Und du glaubst, aufgrund dieser ... Machenschaften ist der Graf Rio oder besser Monsieur de Silva ein Dom im Auge?«
Denys wollte den Kopf schütteln, zog jedoch schon beim ersten Ansatz eine gequälte Grimasse und ließ sich in die Kissen zurücksinken. »Ich weiß es nicht. Aber die Abneigung scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Man könnte fast meinen, der Graf habe von Rio etwas zu befürchten. Er hat sogar versucht, ihn bei Nacht und Nebel von ein paar Banditen umbringen zu lassen, und es heißt, demjenigen, der de Silva im Duell tötet, winkt eine saftige Belohnung.«
»Gütiger Himmel«, flüsterte Celina. Sie hatte eingewilligt, die Frau eines Mannes zu werden, der einem Gegner nicht offen gegenübertrat, sondern durch allerlei Listen und Intrigen versuchte, ihn loszuwerden!
Aber warum interessierte sich jemand wie Rio so sehr für den spanischen Grafen? Inzwischen erkannte Celina, wie wichtig der Mann für Rio war. Nur um ihn zu provozieren hatte der Fechtmeister vor einigen Tagen ihren Namen in die Öffentlichkeit gezerrt. Er hatte den Grafen zu einem Duell zwingen wollen und nicht damit gerechnet, dass dieser ihrem Bruder nur allzu gern den
Vortritt lassen würde. Wahrscheinlich hatte Rio ihr deshalb den Gefallen getan und Denys verschont, obwohl er um die Folgen wusste. Möglicherweise war er sogar nur in ihr Zimmer eingestiegen, weil sie die Auserwählte des Grafen war und Rio in seinem Feldzug gegen den adeligen Spanier dienlich sein konnte. Das alles passte irgendwie zusammen, doch Celina fand den Gedanken unerträglich.
Aber warum sollte ein Mann wie Rio, der jede Frau haben konnte, sich sonst mit einem unerfahrenen jungen Ding wie ihr abgeben? Und sie hatte ihn zu allem Überfluss geradezu angefleht, ihr die Unschuld zu nehmen! Celina wollte vor Scham fast vergehen.
»De Silva bat mich sogar um Verzeihung, dass er mich einsperren musste«, sagte Denys. »Es war eine sehr höfliche Entschuldigung.«
Als ob damit alles vergeben sei. »Aber den Grund deiner Gefangenschaft nannte er dir nicht?«
»Er sagte, es sei zu meinem Besten«, antwortete Denys mit einer verlegenen Grimasse. »Er wolle mich vor einer großen Gefahr schützen.«
»Und nun ist er derjenige, um den wir uns sorgen müssen.«
»Aber warum denn?«
Celina sagte Denys alles, was sie wusste, und er staunte nicht schlecht. Er konnte sich an kein Feuer im Studio erinnern, und auch nicht daran, dass Rio ihn aus dem Haus getragen hatte. Außerdem wollte Denys kaum glauben, dass die vielen Duelle, die dem seinen gefolgt waren, nun ihre Fortsetzung in dem Treffen mit Pasquale finden sollten.
»Ich bin mir nicht sicher, was dahintersteckt«, sagte Celina. »Vielleicht geht es dem Italiener gar nicht um Rios Kundenstamm.«
»Warum sollte er sich sonst mit ihm duellieren wollen? Aber warte, was ist denn mit
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