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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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dessen nicht. »Ich habe ihn bisher nur zweimal gesehen. Das erste Mal in der Familienloge in der Oper, das zweite Mal bei einem Ball. In der Woche nach unserem ersten Zusammentreffen suchte er meinen Vater auf. Nach etwa einer halben Stunde schickte Vater nach dem Cognac.«
    »So schnell wurden sich die beiden einig?«
    »Die Verhandlungen dauern noch an. Offenbar verlangt der Graf die volle Verfügungsgewalt über meine Mitgift. Andernfalls ist vorab eine größere Summe zu bezahlen. Erst dann wird er sich herablassen, mich zu ehelichen.« Celina fand es sehr befreiend, diese ungeheuerlichen Tatsachen endlich einmal laut aussprechen zu können. Der Mann, der auf ihrer Bettkante saß, gehörte zu den wenigen Menschen, vor denen sie ganz offen sprechen konnte, ohne befürchten zu müssen, dafür verurteilt oder gerügt zu werden.
    »Dann besteht ja noch Hoffnung«, sagte Rio in nachdenklichem Ton.
    »Leider kann ich das nicht so sehen.« Einen Augenblick lang starrte Celina ihn in der Dunkelheit an. In ihr regte sich Neugier. »Warum interessiert Sie das eigentlich?«
    »Das Einzige, was mich wirklich interessiert, ist das Glück einer mutigen jungen Dame.«
    Celina war ziemlich sicher, dass er ihr nur auswich. »Kennen Sie den Grafen?«
    »Sagen wir, unsere Wege haben sich gelegentlich gekreuzt.«
    »Und Sie halten nicht viel von ihm.«
    »Was bewegt Sie zu dieser Annahme?«
    »Soweit ich weiß, wollten Sie, dass er sich durch Ihre Bemerkung beleidigt fühlt und nicht mein Bruder Denys.«
    »Habe ich das gesagt?«
    Rio de Silva verschwieg ihr etwas. Vielleicht glaubte er, ohnehin schon zu viel ausgeplaudert zu haben, oder er fand sie schlicht zu neugierig. Dabei hatte er das Gespräch mit seinen Kommentaren selbst in diese Richtung gelenkt und durfte sich nun nicht wundern, wenn sie ihm ein paar Fragen stellte.
    Die Dunkelheit und das monotone Geräusch des Regens sorgten für ein Gefühl der Vertrautheit, das schon fast unheimlich war. Je länger de Silva unbeweglich auf Celinas Bettkante saß, desto selbstverständlicher kam ihr das vor. Sie fragte sich, ob es ihm ähnlich erging. Vielleicht gehörte es auch nur zur Strategie dieses erfahrenen Mannes, Frauen auf diese Weise die Angst zu nehmen. Oder er spielte mit ihr, wiegte sie in Sicherheit und ließ sie durch ihre Fragen zunächst ein wenig Zeit gewinnen.
    »Wer sind Sie eigentlich in Wahrheit?«, fragte Celina. Sie stopfte sich ein Kopfkissen in den Rücken, um besser aufrecht sitzen zu können, und legte sich den langen, für die Nacht eingeflochtenen Haarzopf auf die Brust.
    »Niemand, nur ein Fechtmeister.«
    »Soweit ich weiß, sind Sie noch nicht lange in New Orleans.«
    »Das stimmt.«
    Seine Stimme klang abweisend, so als rede er nicht gern über sich selbst. Damit stachelte er Celinas Neugier nur noch weiter an.
    »Warum sind Sie in die Stadt gekommen? Lebt Ihre Familie hier?«
    »Ich habe niemanden mehr.«
    »Keinen einzigen Angehörigen?« Celina versuchte sich vorzustellen, wie es war, der letzte Spross eines aussterbenden Geschlechts zu sein. Seit ihre Mutter und zwei ihrer Geschwister gestorben waren, lebte auch sie in einer recht kleinen Familie. Aber immerhin hatte sie noch Denys, ihren Vater, Tante Marie Rose und einige
    andere Verwandte, die fast ausnahmslos hier in der Stadt wohnten. »Was ist mit Ihren Eltern?«
    »Sie starben durch ein Feuer, gemeinsam mit meinen Schwestern.«
    »Wie furchtbar! Ist das in Spanien passiert?«
    »Genau. Und es ist schon lange her.« Sein Ton war schroff, doch Celina glaubte, auch Schmerz in seiner Stimme zu hören.
    »Aber Sie sind dem Feuer entkommen. Sie hatten Glück.«
    »Es war eher ein Zufall.«
    Celina legte den Kopf schräg. »Inwiefern?«
    »Ich hielt mich woanders auf.«
    Celina ließ sich von der knappen Antwort nicht beirren. Nachdenklich sagte sie: »Offenbar haben wir einiges gemeinsam. Als meine Mutter und meine jüngere Schwester starben, war ich auch nicht da. Ich dachte immer ...«
    »Was?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ach nichts.«
    »Bitte, was wollten Sie sagen?«
    »Dass ich den beiden vielleicht hätte helfen können, wenn ich bei ihnen gewesen wäre«, sagte sie leise. »Vielleicht hätte ich sie aufopfernder gepflegt, nicht so schnell aufgegeben.«
    Lange Zeit kam von Rio kein Wort. Unbeweglich saß er neben Celina. Schließlich sagte er: »Sie fragen sich, warum Sie noch am Leben sind und die beiden anderen nicht.«
    »Ja, so ist es. Meine kleine Schwester muss immer wieder nach

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