Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
auf seine Schlafstelle legte und die Augen
schloss. Für eine kurze Dauer fiel er in einen tiefen Schlaf, bis ihn eine
harte Hand an der rechten Schulter packte und er sogleich hellwach war.
Alarmiert sprang er auf, stieß den Eindringling zurück und zog die naheliegende
Klinge aus der Scheide.
„Vater, halt!“, rief ihm die
Stimme seines Sohnes panikartig entgegen.
„Thelmon? Haben dich alle guten
Geister verlassen?“, herrschte Bhelm den jungen Mann an. „Oberste Regel:
Erschrecke mich niemals. Unter keinen Umständen!“, doch dann vernahm der
Heerführer den dumpfen Klang von fremden Hörnern und ein gewaltiger Tumult
drang von außen in das Zelt herein.
„Was ist hier los?“, fragte Bhelm
energisch.
„Wir werden angegriffen!“,
antwortete Thelmon, während er noch nach Luft rang. „Orks haben die Wachen
überrannt, die ihnen aufgrund ihrer geringen Zahl einfach nichts
entgegenzusetzen hatten. Der westliche Flügel des Lagers brennt. Dort wüten die
Grünhäute in diesem Moment am schlimmsten. Der Rest unserer Leute ist schon auf
den Beinen und leistet tapfer Widerstand.“
Der Heerführer sah seinen Sohn
für einen kurzen Moment mit großen Augen an. „Wie kann das sein?“, dachte er.
Danach griff er sogleich nach seiner Rüstung und legte sie binnen kürzester
Zeit an. Anschließend packte er Thelmon an der Schulter und zog ihn mit sich
ins Freie. Geklirr von Waffen war zu hören, während Menschstimmen unkoordiniert
durcheinander schrien. Auch konnten sie das Surren von Sehnen vernehmen und im
nächsten Augenblick blieb ein Pfeil direkt neben Ergons Kopf im Holze stecken.
„Runter!“, brüllte Bhelm und
Vater und Sohn gingen zu Boden.
Keine Minute zu früh. Sogleich
gingen noch mehr Geschosse über ihren Köpfen hinweg. Beide Männer hörten ein
tiefes Knurren. Ehe sie nachdenken konnten, beantwortete sich die Frage der
Herkunft des Geräuschs von selbst. Ein großer Ork, der in seiner Linken einen
blutigen Halbsäbel trug, stapfte aus einem der angrenzenden Quartiere und
blickte, einen tiefen Schrei ausstoßend, gen Himmel. Bhelm nickte Thelmon zu,
der seinen Bogen spannen sollte, doch bevor dieser einen Pfeil aus seinem
Lederköcher nehmen konnte, starrte der Feind auf den Heerführer und begann,
wild auf ihn loszurennen. Bhelm sprang auf, blockte den Schlag des Orks mit
einem Hieb ab und wich anschließend zur Seite aus, um die kräftige Gestalt ins
Leere stürzen zu lassen. Danach tat er einen Streich mit seinem Schwert und der
Feind blieb reglos am Boden liegen.
Bhelm sah sich um und gab
anschließend Thelmon ein Handzeichen. Gemeinsam rannten beide in den westlichen
Teil des Lagers. Auf den Weg dorthin scharte man alle unversehrt gebliebenen
Männer um sich und so erreichte ein stattlicher Trupp den Hauptkampfort
zwischen Menschen und Orks. Seite an Seite drangen Vater und Sohn zwischen die
feindlichen Reihen und warfen mit den Soldaten im Rücken den Feind zurück. Dieser
leistete allerdings erbitterte Gegenwehr. Orkkrieger der großen Art drängten
aus allen Winkeln der beieinanderstehenden Zelte und trieben auf diese Weise
mehrere Keile in die Einheit der Menschen, die somit voneinander isoliert
wurden.
„Bleibt standhaft! Steht
zusammen!“, befahl Bhelm mit heiserer Stimme, doch immer mehr Gegner strömten
herbei und traten an die Seite ihrer Artgenossen.
Und obwohl das Kräfteverhältnis
schon längst zugunsten der Orks gekippt war, leisteten die versprengten
Grüppchen der Menschen in dieser Stunde Erstaunliches, denn der Feind hatte
ihren Willen und ihre Wehrfähigkeit unterschätzt. Gegen einen an Zahl dreifach
überlegenen Widersacher errangen die Soldaten der Vorhut in kurzer Zeit einen
überzeugenden Sieg, sodass die Orks sich gezwungen sahen, geschlagen den
Rückzug anzutreten. Es war getan! Jubel brandete unter den Menschen auf, als
ihr Heerführer ins Horn blies, um den soeben hart erkämpften Triumph über die
Grenzen des Lagers hinaus kundzutun. Exakt in dem Moment, als der erste Ton
erschallte, kündigten am Horizont die ersten Sonnenstrahlen den Morgen an. Die
Orks zogen sich rasch zurück und erleichtert blickte Bhelm in Gesichter seiner
Männer.
„Dieser Tag soll in die
Geschichte unseres Volkes als der Tag eingehen, an dem eine zahlenmäßig
unterlegene Armee des Königreichs dem widerwärtigen und hinterhältigen Überfall
der Grünhäute trotzte und ihnen einen großartigen Sieg abrang!“, reif der
inmitten der Soldaten stehende Heerführer. Ein
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