Rätsel um die alte Villa
sonst geblieben sein?
Vorsichtig griff er in das
künstliche Weinlaub. Als er einige Plastikblätter zur Seite bog, sah er die
beiden.
Es war Geiergesicht. Er saß mit
dem Rücken zu Tarzan, kaum eine Armlänge entfernt, ihm gegenüber ein rassiges
Mädchen von 19 oder 20 Jahren.
Sie hatte Glutaugen wie eine
spanische Tänzerin. Das lange, schwarze Haar war gewellt. Mit einem roten
Stirnband hielt sie’s zusammen. An den Ohren trug sie Silberschmuck, dazu eine
passende Silberkette und mindestens ein halbes Pfund Armreifen. Ihre Haut war
braun. Sie hatte sehr weiße Zähne, die allerdings so sperrig standen wie die
Zinken bei einem Rechen. Trotzdem war Dolores ungewöhnlich hübsch. Offenbar
wußte sie, daß Rot ihre Farbe war. Denn nur ihre Bluse war weiß, der Hosenanzug
ebenfalls rot.
Sie hatte den Blick gesenkt.
Bevor sie den Kopf hob, nahm
Tarzan rasch die Hand von den Plastikblättern zurück.
Eben ging die Wirtin vorbei,
freilich ohne ihn zu beachten. Sie servierte den Landwein, sagte: „Wohl
bekomm’s. Soll ich anschreiben. Horst? Natürlich, wie immer!“ Und ging dann zu
ihren Zahlen zurück.
Tarzan trank einen Schluck,
verhielt sich mäuschenstill, lehnte den Kopf zurück und spitzte die Ohren.
Nebenan klirrten Gläser. Die
beiden stießen miteinander an.
„Köstlich!“ sagte Horst. Er
hatte eine heisere Stimme und sprach das S sehr scharf aus.
Vielleicht höre ich jetzt was!
Vielleicht habe ich Glück! Tarzan war so aufgeregt, daß er kaum stillsitzen
konnte. Er bemühte sich, flach zu atmen. Als er Niesreiz spürte, rieb er sich
heftig die Nase. Der Reiz ließ nach.
„Ja, den kann man trinken“,
sagte Dolores. Ihre Stimme klirrte etwas, als hätte sie den Silberschmuck auch
im Mund. „Aber es geht nichts über Champagner. Champagner, hörst du! Das ist
mein Geschmack.“
„Natürlich, Schatz. Das steht
dir auch zu! Einer Frau wie dir steht alles zu, was Klasse hat. Bald kannst du
darin baden.“
„Baden? Mir genügt es, wenn ich
ihn trinke. Im übrigen machst du die Sprüche schon verdammt lange. Seit du
draußen bist.“
„Alles braucht seine Zeit,
Liebling.“
„Aber du brauchst ein bißchen
länger, wie?“
„Du wirst es erleben“, sagte
er. „Und dann... und dann...“, seine Stimme schien durch Sümpfe zu waten,
„...du weißt, was du versprochen hast!“
„Klar. Ich haue ab mit dir.
Nach Spanien oder sonstwohin! Aber nicht ohne Geld, Verehrter! Ich habe nun mal
gewisse Ansprüche. Und ich will mich nicht verschlechtern. Ohne Geld geht die
heißeste Liebe vor die Hunde.“
Brrrh! dachte Tarzan. Ist das
eine Einstellung! Da wäre ich aber anderer Meinung, wenn es mich beträfe.
„Wir werden Geld haben“, sagte
Horst rasch. „Mehr als du ausgeben kannst. Wie oft soll ich’s dir noch
erklären?“ Er dämpfte die Stimme. „Erst muß ich mir die Sore unter den Nagel
reißen, dann zischen wir ab.“
Sore? überlegte Tarzan. Ist das
nicht im Ganovenjargon das Wort für Diebesbeute?
„Und dein Kumpel Erwin?“
Dolores fragte in einem Ton, als wäre sie sich ganz sicher, daß sie auch die
größte Summe ausgeben könne.
„Den boote ich aus. Der kriegt
nichts.“
„Ich weiß. Aber wann kriegst du
endlich was?“
Horst nahm erst einen Mund voll
Landwein, ehe er sagte: „Die Leute machen Umzug. Heute bringen sie ihren
Plunder in die Villa. Aber sie ziehen morgen erst ein. Habe einen der
Möbelpacker ganz harmlos gefragt. Der hat’s mir gesagt. Warum sollte er auch nicht.
Das bedeutet, Schatz: heute nacht ist unsere Chance.“
„Deine Chance. Und zwar deine
letzte.“
„Ich werde sie nützen.“
„Wenn du so weiter trinkst,
schläfst du heute nacht wie ein Murmeltier.“
„Im Gegenteil. Heute nacht
werde ich enorm auf Zack sein. Nach dem Fehlschlag vorgestern habe ich mich
auch letzte Nacht mit Erwin dort umgesehen. Aber da waren die Polypen noch zu
scharf. Fünfmal, mindestens, ist dort ein Streifenwagen vorbeigefahren.
Allerdings — mit ein bißchen Vorsicht wäre es trotzdem gegangen.“
„Und warum habt ihr’s nicht
gemacht?“
„Erwin hatte Schiß. Kennst ihn
ja, wie der sich in die Hose macht, wenn er einen Uniformierten sieht. Aber
heute nacht muß er mit. Der Blödmann ahnt ja nicht, daß er alles für dich und
mich tut — unseretwegen, hahaha, das ganze Risiko. Für ihn ist nichts drin,
hahaha.“
„Sehr schön. Aber was wollt ihr
machen?“
„Etwa um Mitternacht knacken
wir die alte Villa. Und noch vor dem Morgengrauen, das schwöre
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