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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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auf!«
    Er zuckte über meine ungewohnt harten Worte zusammen. Schließlich zog er den Schlüsselbund hervor und öffnete die Tür mit einem lauten Knarren.
    Eiskalte und verbrauchte Luft kam uns entgegen. Eine steile Kellertreppe aus gehauenen Steinstufen führte nach unten. Ein Lichtschalter war nicht zu entdecken.
    »Wo geht’s da hin?«
    »Hab ich Ihnen doch gesagt, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die Klinik auf einen Teil des Stadtfriedhofs gebaut wurde. Vielleicht ist das der Zugang zu einer alten Gruft oder so.«
    Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ich spürte überhaupt keine Lust, zwischen alten Gebeinen herumzukriechen. »Da unten ist bestimmt nichts von Relevanz«, beschied ich in autoritärem Ton.
    »Das können Sie überhaupt nicht wissen, Herr Palzki. Hier sehen Sie mal, ich habe extra eine Taschenlampe mitgebracht. Sie müssen keine Angst haben, ich bin bei Ihnen.«
    Diese Unterstellung konnte ich selbstverständlich nicht auf mir sitzen lassen. Ich nahm ihm die Taschenlampe ab und ging nach unten. Bereits nach den ersten Stufen hatte ich Spinnweben im Mund.
    »Igitt, das ist ja eklig. Da war seit Jahren niemand mehr unten.«
    Mein Argument zog nicht.
    »Spinnen brauchen nur ein paar Stunden, um ein Netz zu bauen.«
    Klugscheißer, dachte ich und ging weiter.
    Die Treppe nahm kein Ende. Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde kam mir in den Sinn. Ganz so schlimm wurde es dann doch nicht. Die Treppe endete in einem Gewölbekeller. Unsere Schritte hallten an den Wänden wider, als wäre eine ganze Kompanie anwesend.
    »Das ist aber eine große Gruft«, sagte ich zu Becker, und ein tausendfaches Echo tat es mir nach.
    »Das muss etwas anderes sein«, meinte der Archäologiestudent und zeigte auf abgehende Tunnel. »Die Wände würde ich auf gut 100 Jahre schätzen. Vielleicht sind das irgendwelche Fluchtstollen, die für den Belagerungsfall Mannheims angelegt wurden. Obwohl –«, er verbesserte sich selbst, »dann müsste das alles älter sein. Nein, das ergibt keinen Sinn.«
    Ich leuchtete der Reihe nach in alle Ecken. Insgesamt drei Stollen gingen von dem Gewölbekeller in verschiedene Richtungen ab.
    »Wir sind in der Nähe des Neckars«, überlegte der Student weiter. »Um da unten durchzukommen, sind wir nicht tief genug. Außerdem konnte man das damals technisch noch nicht lösen. Trotzdem geht der eine Stollen in Richtung Süden, geradewegs zum Neckar.«
    Mir selbst war inzwischen durchaus klar, wo wir uns befanden. Mein Freund Ferdinand Jäger hatte mir schließlich am letzten Wochenende von den vielen Stollen berichtet, die früher die Brauereien unterirdisch miteinander verbunden hatten. Ich stellte mir vor, wie damals die Direktoren der umgehenden Brauereien diese Gänge entlangschlichen, nur um mit der Konkurrenz mal einen ungestört trinken zu können. Ich entschied, die Sache für mich zu behalten. Das Licht der Lampe verfing sich in einem weißen Etwas, das auf dem Boden lag. Becker bückte sich und hielt es ins Licht. ›Prof. Dr. Kleinmacher‹, stand auf dem verstaubten Namensschild.
    »Aha, Kleinmacher war also auch hier unten.«
    »Jetzt müssen wir nur noch in Erfahrung bringen, warum. Gehen wir«, bestimmte ich.
    »Wollen Sie wieder hoch, Herr Palzki?«
    »Quatsch, wenn wir schon mal hier sind, können wir uns auch ein wenig umschauen. Vielleicht entdecken wir ein geheimes Drogenlabor oder so.« Daran glaubte ich zwar selbst nicht, aber Becker war beeindruckt. Ich nahm den Weg in südlicher Richtung. Becker folgte mir dicht auf. Nach wenigen Metern gab es keine Steinmauer mehr, die Wände bestanden aus gewachsenem Erdreich. Es roch weit muffliger als im Gewölbekeller.
    »Wer das wohl gegraben hat? Das muss doch ein mörderischer Job gewesen sein.«
    Der Gang war kurz. Nach 50 Metern standen wir vor einer Betonwand.
    »Die ist aber noch keine 100 Jahre alt.«
    »Das glaube ich auch nicht«, bestätigte Becker. »Das sieht mir wie ein Stück Klinikfundament aus.«
    Wir gingen zurück zum Gewölbekeller. »Jetzt will ich es aber genau wissen.« Ich entschied mich für den rechten Weg. Die Auswahl war schließlich begrenzt.
    Auch dieser Gang führte durch gewachsenen Boden, allerdings war er stellenweise etwas niedrig. Meistens waren es nur fünf Zentimeter, die an der Raumhöhe fehlten, um aufrecht gehen zu können. Dadurch musste mein und Beckers Bewegungsablauf für einen Außenstehenden ziemlich beeinträchtigt aussehen, wenngleich wir zum Glück hier unten nicht mit

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