Räuberbier
offensichtlich ein, dass so kurz vor Schluss eine Körperverletzung zu einem Negativeintrag in seiner Akte führen könnte. »Ich telefoniere morgen früh mit Ihrem Vorgesetzten, Palzki. Dann werden Sie sehen, was Sie davon haben.« Er wandte sich von mir ab und dem Studenten zu. »Sie haben gesagt, dass Sie uns den Weg zur Leiche zeigen können?«
Dietmar Becker, der sich inzwischen, so wie ich, einigermaßen von den Strapazen erholt hatte, wurde unsicher. »So direkt eigentlich nicht. Ich habe auf dem Rückweg Fotos gemacht. Den Weg würde ich aber trotzdem nicht mehr finden.«
Ferdinand hatte mitgehört. »Zeigen Sie mal her«, forderte er den Studenten auf. Dieser gab ihm bereitwillig sein Handy. Ferdi drückte eifrig auf den Tasten herum. »Na ja, die beste Qualität ist das nicht gerade. Aber die Wege kenne ich. Sie sind einen furchtbar weiten Umweg gelaufen, wenn ich das mal so sagen darf.«
Ferdi blickte zu mir. »Reiner, du warst doch mit mir da unten. Warum hast du nicht den kürzesten Weg genommen? Ihr hättet euch ganz schön verlaufen können. Und mit dem Kohlenstoffdioxid ist nicht zu spaßen.«
»Ich wollte nur schauen, wie lange deine Billigtaschenlampe durchhält. Sei so gut und zeige dem Kommissar und seinen Helfern den Weg zu dem Toten. Ich möchte da heute nicht mehr runter.«
Benno zog eine große Rolle Absperrband aus der Tasche. »Damit markieren wir den Weg. Es sollen schließlich alle wieder rausfinden.«
»Tot oder lebendig«, fügte ich an. Auch wenn Benno mit dem Absperrband eine gute Idee hatte, loben würde ich ihn deswegen bestimmt nicht.
Die Beamten waren gerade in Richtung Keller abgezogen, als ein markerschütterndes Sondersignal vor dem Sudhaus anhielt. Die Tonlage kam mir sehr bekannt vor, daher wunderte ich mich nicht über Doktor Metzgers neuerlichen Auftritt.
»Hier soll es Verletzte geben?«, schrie er vom Eingang aus. Dann erkannte er mich. »Oh, der Herr Palzki persönlich. Sie bluten ja. Was ist denn mit Ihnen passiert? Und der Herr Becker sieht ebenso ziemlich derangiert aus. Da muss ich in meiner Mobilklinik das große Besteck holen.«
Er kam näher und roch unser Bierparfüm. »Boah, haben Sie gefeiert? Silvester ist doch erst morgen. Bei Ihnen kann ich den Promillespiegel ja förmlich erriechen. Da kann ich Ihre Platzwunden auch ohne Betäubung nähen, ist billiger. Da merken Sie sowieso nichts mehr.«
Er sah sich um, sein Blick blieb beim Braumeister hängen. »Haben Sie vielleicht für mich auch ein Bierchen?« Endlich kam es, sein gefürchtetes Frankensteinlachen.
Panscher antwortete mit knappen Worten, da ihm der Auftritt von Metzger sehr suspekt war. »Im Sudhaus gilt strenges Alkoholverbot.«
Metzger glotzte ihn an und zog dabei seine Nase hoch, was sich wie eine Klospülung anhörte. »Wollen Sie mich veräppeln? Die beiden da auf Ihren Stühlen haben mehr Alkohol intus, als ich in zwei Tagen trinken kann. Und in Ihren Kesseln wird auch nicht nur Apfelsaft drin sein, oder?«
Bevor Metzger den Braumeister verprügelte, griff ich unter meinen Stuhl und gab eine der Reserveflaschen, die vorhin Ferdi gebracht hatte, an Metzger.
»Danke«, sagte der Notarzt. »Ich werde mich revanchieren. Vielleicht lässt man mich nachher mit meinem Mobil durch das Getränkelager fahren. Dann könnte ich mal kurz anhalten.«
Nachdem er die Flasche auf ex leer getrunken hatte, besann er sich auf den Zweck seines Daseins. »Wer von Ihnen will den Anfang machen?«
Jetzt wurde es gefährlich. Da Becker nach einem Arzt gerufen hatte, sollte er gefälligst als Erstes drankommen.
Doch der Student war schneller. »Fangen Sie ruhig mit dem Kommissar an«, sagte Becker. »Ich habe fast keine Schmerzen mehr.«
»Aber auf keinen Fall«, intervenierte ich. »Ich bin okay. Sie haben doch nach einem Arzt gerufen.«
»Aber doch nur aus Rücksicht auf Sie«, konterte Becker abwehrend.
»Ja, was jetzt«, motzte Metzger. »Ich muss was tun, sonst habe ich Umsatzeinbußen.«
»Wissen Sie was«, sagte ich zum Notarzt. »Schreiben Sie in Ihren Bericht eine ausführliche Erstversorgung von zwei Schwerverletzten, dann stimmt der Umsatz. Ob Sie das wirklich gemacht haben, prüft sowieso kein Mensch. Und da Sie dadurch nun etwas Zeit übrig haben, fahren Sie mit Ihrer Mobilklinik, oder was das immer ist, zum Getränkelager. Dort hat es ein kleines Malheur gegeben. Die Flaschen, die heil geblieben sind, können Sie bestimmt gerne mitnehmen.« Ich blickte zu Panscher, der überrascht
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