Räuberbier
wollen!«, ereiferte sich meine Frau. »Herr Diefenbach lädt uns zu einem exklusiven Mehrgängemenü ein, und du würdest Bier trinken. Vielleicht sogar noch aus der Flasche!«
»Ich mag halt keinen Wein, davon krieg ich immer Sodbrennen.«
»Das bekommst du auch von den vielen Süßigkeiten, die du immer in dich reinstopfst, schau dir nur mal deine Taille an. Der Anzug würde noch ganz gut passen, wenn dein Bauchumfang nicht so herausgewachsen wäre.«
»Im Jogginganzug hätte ich mich wohler gefühlt.« Oweh, das war zu viel des Guten. Glücklicherweise kam ich mit einem strafenden Blick davon.
Schicksalsergeben fuhr ich immer näher unserem Ziel entgegen. KPD, unser Polizeikönig, hatte doch tatsächlich für die Ergreifung der Täter Verdienstmedaillen der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erhalten. Dem nicht genug: Er hatte, um sein Kunstinteresse öffentlich zu demonstrieren, die Flure der Kriminalinspektion nicht wie bisher mit Kopien, sondern mit Originalgemälden diverser Künstler zugepflastert. Unser Sozialraum hieß neuerdings »August Macke«-Saal und der Empfangsraum vor der Zentrale »Franz Marc«-Raum.
Doch das waren alles Kleinigkeiten gegenüber dem, was er dann getan hatte: Meine Frau und mich zu sich nach Hause zu einem Dinner einzuladen.
Diefenbachs Haus sah von außen nicht einmal so mondän aus, wie ich vermutet hatte. Klar, es gab im Vorgarten trotz Winter einiges an Pflanzen zu sehen, die streng militärisch angepflanzt und ausgerichtet waren. Vermutlich würde er während der Wachstumsperiode täglich mit der Schieblehre kontrollieren und für Ordnung sorgen. Oder er hatte dafür seine Frau eingespannt, was ich nicht einmal für abwegig hielt. KPD war jemand, der niemals Widerspruch duldete, nicht als Vorgesetzter und nicht als Privatperson.
Stefanie drückte auf den makellos sauberen Klingelknopf, der in dem makellos sauberen Briefkasten integriert war. Sekunden später öffnete sich die Haustür und mein makellos gekleideter Chef erschien.
»Einen wunderschönen guten Abend, Frau Palzki«, flötete er meine Frau an und gab ihr als besonders abscheuliche Geste, so empfand ich es jedenfalls, einen Handkuss.
Stefanie schwebte auf Wolke sieben und ich war eifersüchtig. Unglaublich, ich war auf KPD eifersüchtig. Vielleicht hatte ich bei unserem letzten Fall ein Hirntrauma entwickelt.
»Kommen Sie doch auch herein«, forderte mich KPD auf, als er bemerkte, dass ich wie angewurzelt vor dem Eingang stehen blieb.
»Ja, entschuldigen Sie bitte. Ich war beim Betrachten Ihres Vorgartens etwas ins Träumen geraten. Insbesondere die vielen Urinellas gefallen mir.«
KPD schaute erstaunt auf. »Sie kennen sich in der Flora aus, Herr Palzki?«
Jedenfalls mehr als du, dachte ich gehässig. Urinella war in meiner Jugendzeit ein Kunstwort für Gebüsch aller Art, das wir meist auf dem Heimweg nach Kneipenbesuchen für Erleichterungen flüssiger Art benutzten.
Frau Diefenbach kannte ich zwar seit unserer letzten misslungenen Weihnachtsfeier, gesprochen hatte ich mit ihr aber noch nie.
Wie zu erwarten, war sie sehr devot und schaute stets zu ihrem Mann, der das Kommando hatte. Behangen mit Schmuck aller Art, klimperte sie beim Gehen wie eine Spieluhr auf Ecstasy.
Nach der langweiligen Begrüßungszeremonie inklusive lästigem Small Talk führte uns der Hausherr ins Wohnzimmer. Anhand der Stühle vermutete ich, dass für vier Personen gedeckt war. Die auf dem Tisch liegenden Essgerätschaften, insbesondere die Besteckteile, ließen auf eine Kompanie schließen.
»Nehmen Sie doch Platz, Frau Palzki«, flötete mein Chef erneut und schob Stefanie einen Stuhl hinter die Kniebeugen. Kein Ton zu mir oder seiner Frau. Ich setzte mich kommentarlos neben meine Frau. Diefenbach stutzte eine Sekunde, wahrscheinlich hatte ich mich etikettenunkonform verhalten und auf die falsche Seite meiner Frau gesetzt. Wie war das noch mal? Der Mann ging immer rechts neben der Frau, damit er im spontanen Verteidigungsfall das Schwert besser ziehen konnte. An Linkshänder hatte damals wahrscheinlich niemand gedacht.
KPD brachte Stefanie eine Flasche Wasser. »Ich gehe davon aus, dass Sie zurzeit auf Alkohol verzichten, oder?«
Stefanie nickte zustimmend.
»Dann habe ich für Sie das Richtige«, strahlte er und zeigte ihr die Flasche. Der Name ›Bling‹ war schon außergewöhnlich, die Flasche selbst noch viel mehr. KPD erklärte voller Stolz: »Diese satinierte Flasche ist mit Kristallen des
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