Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

einen Kredit geben«, warf die stellvertretende Bankchefin Dr. Klamm ein, die die ganze Zeit über atemlos den Ermittlern gelauscht hatte. Man nahm ja nicht jeden Tag an Ermittlungen zur Bekämpfung eines Verbrechens teil.
    Allerdings witterte die clevere Bankerin sofort ein gutes Geschäft für ihr Institut: Trotz aller Krisen und trotz der Affäre um die österreichische Großbank, in der sich alle möglichen Politiker und Bankvorstände als größenwahnsinnig herausgestellt hatten, war der bayerische Staat für eine kleine Genossenschaftsbank noch immer ein Schuldner von der Attraktivität einer platinblonden Fußballprofiehefrau, also unwiderstehlich.
    »Nein, nein«, baute Schönwetter einer etwaigen Verschuldung des Freistaats vor, » ein iPhone ist schon noch im Budget.«
    Obwohl es Nonnenmacher überhaupt nicht in den Kram passte – nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern auch, weil er Smartphones für Schnickschnack hielt, die so überflüssig waren wie ein Kropf –, legte man eine halbe Stunde später ein iPhone vor den Hintereingang, das von der Putzfrau Irene Heigelmoser mit den nackten Zehen ihres linken Fußes ins Bankgebäude bugsiert wurde.
    Währenddessen begannen alle aus der Polizeiinspektion abkömmlichen Kollegen, ein schnell aus dem Baumarkt besorgtes Fertiggartenhaus aufzubauen. Da sie allesamt handwerklich sehr geschickt waren, ging das Ganze zügig voran. Bald schon stand die getarnte Einsatzzentrale, die aus einem kleinen Vorraum mit Besprechungstisch sowie einer kleinen Kammer bestand, in der zwei Pritschen für die Nacht aufgebaut wurden. Und kurz darauf funktionierte auch die Leitung zur ostfriesischen Bankräuberin.
    Weil man der Auffassung war, dass eine Frau einer anderen Frau eher den unsinnigen Plan aus dem Kopf reden konnte als ein Mann, und weil Anne Loop »als Rheinländerin ja quasi auch eine halbe Ostfriesin war«, wie Kurt Nonnenmacher es formulierte, hatte jene bald die Verbrecherin persönlich am Telefon.
    »Moin«, meldete sich die Bankräuberin.
    »Guten Tag, hier spricht Anne Loop. Ich bin Polizeihauptmeisterin und stehe Ihnen ab jetzt als Ihre persönliche Ansprechpartnerin zur Verfügung«, erwiderte Anne.
    »Hörst dich ja an wie’ne Stewardess«, stellte die Geiselnehmerin belustigt fest. »Was ist jetzt mit dem Schlüssel? Wenn der nicht bald hier ist, dann knallen wir die erste Geisel ab. Haste den RAF-Film gesehen? So machen wir das jetzt auch.«
    »Jetzt mal ganz ruhig«, sagte Anne, die selbst alles andere als gelassen war, aber trotz ihrer Nervosität registriert hatte, dass die Bankräuberin von »wir« gesprochen hatte. Dann war die junge Frau mit dem ostfriesischen Akzent offensichtlich nicht allein, sondern hatte Komplizen. Das hatten sie zwar schon angenommen, doch es war zweifellos nicht gut. »Sind Sie von der RAF?«
    »Geht’s noch?« Die Geiselnehmerin lachte mädchenhaft. Anne beobachtete eine Krähe bei der Landung auf dem Bankparkplatz. Der schwarze Vogel krächzte. »RAF, ha! Mit diesem Achtundsechziger-Schwachsinn haben wir nichts zu tun.«
    »Aber Sie sagten doch eben, dass Sie das jetzt auch wie die RAF machen wollen.«
    »Das war nur so’n Beispiel. Ist ja auch ’ne Geiselnahme hier. Und einen Bankchef haben wir hier auch. Der stirbt als Erstes. Ist ja klar. Letztlich haben uns doch diese Bank-Ärsche die ganze Scheiße eingebrockt.«
    »Welche Scheiße?«, wollte Anne wissen.
    »Schluss jetzt mit dem Gelaber!«, herrschte die Bankräuberin sie an.
    »Ich möchte Sie aber bitten, sich zu überlegen, ob Sie nicht …«, Anne zögerte, »… aufgeben wollen.« Keine Reaktion am anderen Ende der Leitung. »Schauen Sie sich doch einmal Ihre Situation an: Sie sitzen in der Bank fest. Die Bank ist von Polizisten umstellt. Wie wollen Sie, selbst wenn Sie an das Geld im Tresor kommen sollten, jemals von hier wegkommen?« Anne hielt kurz inne, um dann in beschwörendem Ton fortzufahren: »Andererseits: Wenn Sie jetzt aussteigen, dann kommen Sie noch mit einer relativ glimpflichen Strafe davon. Es ist ja noch niemand zu Schaden gekommen, oder?«
    »Jetzt passen Sie mal auf, Sie … Frau – wie heißen Sie noch mal?«
    »Anne Loop.«
    »Also, Frau Loop, wir sind zu allem entschlossen. Wir haben hier die Geiseln sitzen … warten Sie, ich habe hier einen Zettel, da stehen die Namen alle drauf, alles unschuldige Leute: Irene Heigelmoser, das ist die Putzfrau der Bank, liegt hier, gefesselt und geknebelt. Dann haben wir hier den Obermacker, der heißt