Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
Vom Netzwerk:
schob.
    »Schöne Frau, so nah«, sagte der Lieferant und blickte tief in Annes große Augen, die so blau waren wie der See an diesem wolkenfreien Tag.
    »Was haben Sie in der Kiste? Los, aufmachen!«
    »Ich glaub, ihr spinnt’s!«, entfuhr es dem Bräustüberlmitarbeiter. Aber dann stellte er angesichts der geballten Polizeimacht die Kiste doch auf den Boden und öffnete sie. Sofort entströmte dem Styropor ein phantastischer Geruch.
    »Es ist tatsächlich nur ein Schweinebraten«, konstatierte Anne überrascht. »Und sieben Flaschen Bier.«
    »Schweinsbraten«, korrigierte Nonnenmacher oberlehrerhaft.
    »Sage ich doch.« Annes Antwort klang fast ein wenig zickig.
    »Nein«, insistierte der Dienststellenleiter. »Sie haben gesagt ›Schweinebraten‹.«
    »Der Kurt meint halt«, klinkte sich Sepp Kastner ein, »dass der Braten vom Schwein bei uns in Bayern ohne ›e‹ ist. Man sagt nicht ›Schwein-e-braten‹, sondern ›Schweinsbraten‹.«
    »Ich glaub, ihr habt’s sie nicht mehr alle«, kommentierte der Hannes den Wortwechsel und schüttelte den Kopf.
    Auch Sebastian Schönwetter von der Kreisstadtkripo meinte entnervt: »Das ist ja unglaublich, mit was für einem Mist wir hier unsere Zeit vergeuden! Ja, Frau Loop, es heißt in Bayern ›Schweinsbraten‹ und nicht ›Schweinebraten‹. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Wem wollen Sie den Schweinsbraten denn jetzt bringen?«, wandte er sich an den Lieferanten.
    »Dem Ochsenknecht, dem Bankchef. Der hat bei uns angerufen und zwei«, er zögerte kurz und sah Anne an, »Schweinsbraten bestellt.«
    »Weißt du, Anne, man kann es ganz einfach erklären«, wandte sich Sepp Kastner an seine überforderte Kollegin: »Der Schweinsbraten wird ja nur aus einem Schwein gemacht und nicht aus mehreren.«
    »Deswegen ›Schweinsbraten‹«, pflichtete Nonnenmacher bei. Anne nickte und sah von einem zum anderen. Dr. Klamm tupfte sich eine Träne aus dem Auge, während Nonnenmacher fortfuhr: »Und das ›s‹ in ›Schweinsbraten‹ kommt von der Besitzstandsform. Weil es aussagt, von wem der Braten ist.«
    »Vom Schwein nämlich«, ergänzte Sepp Kastner.
    »Sind Sie eigentlich alle verrückt geworden?«, platzte es jetzt aus Sebastian Schönwetter heraus. »Da drinnen sind Terroristen, vielleicht von der RAF, die bringen bald ein paar Leute um, und Sie diskutieren über Besitzstandsformen!«
    »Also mir haben das nicht als ›Besitzstandsform‹ gelernt, sondern als ›Wesfall‹«, meinte Kastner.
    »Genitiv«, steuerte nun auch noch der Bräustüberlmitarbeiter bei, der bis zur Elften in das Gymnasium gegangen war, das in demselben Kloster untergebracht war wie die Brauerei, für die er nun arbeitete.
    »Der Genitiv ist dem Dativ sein Tod«, wusste Nonnenmacher.
    Dr. Klamm weinte jetzt so heftig, dass es nicht mehr zu überhören war.
    »Andersherum«, sagte Anne leise, mehr zu sich selbst. Dann riss sie sich zusammen und befahl dem Lieferanten: »Na los, dann liefern Sie Ihren Schweinebraten aus. Mal sehen, was passiert.«
    »Schweinsbraten«, verbesserte Nonnenmacher noch einmal, was jetzt allerdings nichts mehr zur Sache tat.
    Stattdessen fragte der Hannes verunsichert: »Aber der Ochsenknecht ist doch kein Terrorist, oder? Was geht hier eigentlich ab?«
    Kurt Nonnenmacher sah ihn ernst an: »Hannes, das muss jetzt aber unter uns bleiben. Das darfst du niemandem erzählen.« Er deutete auf das zierliche, im bayerischen Landhausstil erbaute Bankgebäude. »Da drin sind Bankräuber. Der Ochsenknecht befindet sich in ihrer Gewalt.« Nonnenmacher sprach nun ganz leise. »Andere auch. Und du bringst ihm jetzt den Schweinsbraten.« Nonnenmacher haute dem Lieferanten mit seiner Pranke auf die Schulter.
    Der sah den Inspektionschef entsetzt an. »Ein Banküberfall? Für was braucht der Ochsenknecht dann einen Schweinsbraten?«
    Nonnenmacher zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich auch nicht. Jedenfalls wollen wir die nicht provozieren. Wir brauchen jetzt erst einmal eine Verhandlungsbasis. Und dafür ist ein Schweinsbraten gerade recht.«
    »Aber ich bringe den jetzt da nicht hinein.« Der eben noch so großspurige Hannes in der Krachledernen war plötzlich ganz kleinlaut. Ein Phänomen, das man bei den aus Oberbayern stammenden Menschen nur in extremen Ausnahmefällen beobachten konnte. Denn der Oberbayer zelebrierte für gewöhnlich auch in der Unsicherheit den aufgeplusterten Auftritt. Zu groß war die Gefahr, dass, wenn einmal die Luft draußen war, er durch die

Weitere Kostenlose Bücher