Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Robert Ochsenknecht und ist meiner Ansicht nach ein Arschloch; dann haben wir noch die Frau Rüdel und den Herrn Seliger, die arbeiten auch beide hier, sind aber eher so harmlose Mitläufer, und wir haben den Herrn Gräber, das ist ein Bankkunde. Fünf Leute, die wir erschießen, wenn ihr uns verarscht.« Sie schwieg kurz und hielt dann erneut fest: »Der Reihe nach werden wir die alle erschießen.«
Anne gelang es gerade noch, »bitte tun Sie das nicht« zu flehen, dann war die Leitung unterbrochen.
»Und?«
»Was hat sie gesagt?«
»Was will die überhaupt?«
»Ist sie bewaffnet?«
»Leben noch alle?«
Kaum hatte Anne das Handy vom Ohr genommen, prasselten die Fragen von Sepp Kastner, Kurt Nonnenmacher, Sebastian Schönwetter und Dr. Klamm nur so auf sie ein.
Anne hob ratlos die Schultern. »Sie ist jedenfalls nicht allein. Sie hat von ›wir‹ gesprochen. Und sie hat gesagt, dass sie demnächst die erste Geisel erschießen, wenn wir nicht bald den Tresorschlüssel liefern. Den Bankchef wollen sie als Erstes töten …«
»Oh nein, oh Gott«, schrillte es aus Dr. Henrike Klamms Mund. »Warum nur wird immer auf uns Bankmitarbeitern herumgehackt, warum nur immer auf uns?«
»Weil ihr alle bloß ans Geldscheffeln denkt«, blaffte Nonnenmacher die stellvertretende Filialleiterin an. »Ihr kriegt’s den Hals nicht voll! Das ist das Problem. Der Ackermann zum Beispiel kriegt als Überbrückungsgeld fünfhunderttausend Euro.«
»Im Jahr?«, fragte Sepp Kastner ungläubig.
»Nein, im Monat.« Nonnenmacher wischte sich den Schweiß von der Stirn. »So viel verdien ich mein ganzes Leben nicht!« Er zögerte. »So eine Gier! Da braucht’s euch also nicht wundern.«
»Ja, aber der Herr Ackermann auf der einen Seite – und der Herr Ochsenknecht oder meinetwegen auch ich auf der anderen, das sind doch völlig unterschiedliche Größenordnungen«, wandte Dr. Henrike Klamm verzweifelt ein.
»Ja, schon, aber gierig seid’s ihr doch genauso. Verkauft’s arglosen Kunden lauter Schmarren, den wo keiner braucht – Lebensversicherungen, Bausparverträge, Schiffsbeteiligungen, Schrottimmobilien … bloß weil’s eine satte Provision bringt.«
»Und außerdem seid’s ihr es, die uns das alles eingebrockt habt’s, mit der ganzen Finanzkrise«, ergänzte Sepp Kastner und sah die Bankerin böse an. Dr. Klamm war nun den Tränen nahe.
Just in dem Moment, in dem Anne zu bedenken gab, dass es wohl für die Befreiung der Geiseln nicht hilfreich sei, wenn man sich gegenseitig zerfleische, kam ein Auto der beliebten, direkt an dem See inmitten von Bergen gelegenen Brauwirtschaft angerauscht und stoppte mit quietschenden Reifen auf dem Bankparkplatz. Sofort umstellten die Ermittler das Fahrzeug. Der Fahrer, ein junger Mann in bayerischer Lederhose und weißem Trachtenhemd, ließ sich aber nicht beirren. Vielmehr riss er geschwind die Fahrertür auf, eilte zum Kofferraum seines Autos, öffnete denselben und hob – nun mit geradezu liebevoller Vorsicht – eine Styroporkiste heraus. Dann, als nähme er die Polizisten erst jetzt wahr, fragte er: »Gibt’s ein Problem?«
»Das kommt drauf an, Hannes«, meinte Nonnenmacher, der den Fahrer natürlich kannte. Das Tal war klein, das Bräustüberl berühmt. »Was machst du hier?«
»Essen ausliefern«, erwiderte der Hannes bockig und wollte an Nonnenmacher vorbei in Richtung Bankgebäude marschieren.
»Die hat heute zu«, klärte Anne Loop den Neuankömmling auf.
»Das glaub ich nicht«, antwortete der Hannes und ging weiter. Der Bayer ist von Geburt an stur.
Kurt Nonnenmacher machte einige schnelle Schritte hinter dem Hannes her und packte ihn am Arm. »Jetzt wart einmal, Burschi.«
»Was verbergen Sie in dieser Styroporkiste?«, schaltete sich nun Kripochef Schönwetter ein.
»Verbergen?«, fragte der Bräustüberllieferant und sah den Fremden irritiert an. »Wenn unsere Gäste einen warmen Schweinsbraten bestellen, dann haben mir uns angewöhnt, den in einer Wärmebox zu …«, er machte eine kurze Pause, um dann beinahe genüsslich das letzte Wort auszusprechen: »›verbergen‹.« Dann schaute er Nonnenmacher frech an und meinte: »Habt’s heut nix Besseres zum tun wie Leut’ von der Arbeit abzumhalten, Kurt? Nix zum Blitzen? Keine Wasserleiche? Gar nix los?« Anne spürte, dass Nonnenmacher kurz davor war, diesem Hannes eine saftige Watschen zu verpassen; es wäre bereits die zweite des Tages gewesen, weshalb sie sich zwischen die beiden Kontrahenten
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