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Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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ging sie zu dem Lieferservicemitarbeiter, der bereits ausgestiegen war und die seitliche Tür seines weißen Fahrzeugs aufgeschoben hatte.
    »Guten Tag«, sagte Anne freundlich.
    Der Mann war völlig nass geschwitzt und roch nach Zigaretten und Kaffee. »Was?«, fragte er und sah Anne unwirsch an.
    »Haben Sie eine Lieferung?«
    »Ja, Lieferung«, erwiderte er mit einem osteuropäischen Akzent, bei dem das »r« besonders gut zu hören war, und zog eine Kiste an den Rand der Ladefläche.
    »Ist das für die Bank?«
    »Da. Lieferung, Bank.« Er zögerte kurz und sagte dann: »Alles in Ordnung, Chef.«
    »Ja, gut, ja«, meinte Anne, fast ein wenig verlegen. »Aber ich müsste da kurz mal hineinschauen. Weil … wir bewachen die Bank und …« Der Mann mit der pickeligen Gesichtshaut sah sie verständnislos an. »Und ich muss wissen, was in dem Paket drin ist.«
    »Paket, Lieferung, Bank«, sagte der Mann und nickte. Dann zog er das Paket heraus und wollte damit zur Bank gehen. Doch Anne stellte sich ihm in den Weg.
    »Halt! Wir müssen das erst einmal aufmachen!«
    »Nix aufmachen. Aufmachen dort, Leut’ dort, Chef dort.« Der Mann deutete mit der Hand in Richtung der Bank, packte dann wieder die Kiste und wollte sich an Anne vorbeischieben, die dabei einen Schwall üblen Nikotingeruchs abbekam, weshalb sie das Gesicht zu einer Grimasse des Ekels verzog.
    »Doch, wir müssen das jetzt schon aufmachen. Ich bin die Polizei. Ich muss das kontrollieren, verstehen Sie?«
    »Verstehen«, erwiderte der Mann genervt. »Aber nix Zeit. Viele Paket Lieferung.« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung des Laderaums seines Wagens. »Paket, Lieferung, Bank. Nix Polizei.«
    »Doch, schon Polizei«, beharrte Anne auf ihrem Anliegen. »Ich muss das unbedingt kontrollieren. Vielleicht sind da Waffen drin oder eine Bombe oder was weiß ich.«
    »Nix Bombe«, sagte der Mann. »Paket.«
    »Ja, ja, das ist ein Paket, klar. Aber …« Anne sog verärgert die Luft ein. Weshalb bezahlten die Unternehmen die Paketzusteller nur so schlecht, dass oft Personen eingestellt wurden, die fast kein Deutsch konnten? Wer Pakete zustellte, hatte doch Verantwortung für zum Teil wertvolle Waren, und außerdem hatte man dauernd mit anderen Menschen zu tun, mit denen man sich verständigen musste. Warum finanzierte man dem Mann keinen Sprachkurs? »Also, jetzt noch einmal ganz langsam«, sagte sie überdeutlich. Der Mann sah sie erwartungsvoll an. »Ich möchte gerne in dieses Paket hineinschauen. Ich darf es auch öffnen, weil ich von der Polizei bin. Es könnte etwas Gefährliches in diesem Paket drin sein.« Anne deutete mit ihrem Zeigefinger auf den Karton. »Sie müssen meiner Anordnung jetzt schon Folge leisten. Sonst muss ich Ihre Personalien kontrollieren und Sie mit auf die Wache nehmen.«
    Gleich im nächsten Augenblick bereute Anne ihre Drohung. Denn der Mann ließ das Paket fallen, warf sich vor ihr auf die Knie und flehte sie an: »Bitte, Frau Polizei, nix Wache. Alles gut. Deutsch bin. Warte, Ausweis, Aufenthaltsgenemehrung, alles gut.« Hektisch und in panischer Angst fummelte er einen nigelnagelneuen Scheckkartenpersonalausweis aus der Tasche. »Kontroll’, hier, Kontroll’, Frau Polizei. Alles gut. Ausweis deutsch.«
    »Ja, ja, ja«, sagte Anne ungeduldig, versuchte dabei aber, möglichst freundlich zu klingen. »Ich glaube Ihnen ja, dass Sie Deutscher sind. Ich will doch auch überhaupt nicht Sie kontrollieren, sondern dieses verfluchte Paket hier, Mensch! Jetzt lassen Sie mich da endlich reinschauen!«
    Sie fischte ein Taschenmesser aus ihrer Hosentasche, bückte sich und wollte das Paket aufschlitzen. Doch der Mann warf sich über das Paket und schrie: »Nein, Frau Polizei. Bitte nix Paket anfassen. Chef sagen: Nix öffnen, niemand. Kündigung. Kontroll Ausweis jetzt, alles gut später.«
    »Sie haben Angst, dass man Sie kündigt, wenn ich dieses Paket öffne?«, fragte Anne ungläubig.
    Der Mann nickte. »Ausweiskontroll’ gut, Paketkontroll’ nix gut«, sagte er mit leiser Panik in der Stimme.
    »Gut, was machen wir dann jetzt?« Anne dachte nach. »Kann ich Ihren Chef anrufen?«
    Der Mann schüttelte energisch den Kopf. »Nix Chef anrufen.«
    »Warum nicht?«
    »Chef …« Er suchte verzweifelt nach Worten. »Chef, Chef, Chef … » Dann flüsterte er: »Chef Idiot.«
    Anne musste schmunzeln. Das glaubte sie ihm sofort.
    »Okay, verstehe. Dann machen wir das jetzt so.« Sie zog ihren Geldbeutel aus der Hosentasche, holte einen

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