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Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Interpol-Fahndung herausgeben sollte oder nicht, denn die Polizisten entdeckten, dass die Geiselnehmer ein neues Video ins Netz gestellt hatten. Aus den etwas über zweitausend Freunden des Blogs am Morgen waren mittlerweile zweitausendachthundert geworden.
    Gemeinsam betrachteten die Kollegen den Clip in der Hütte, in der jetzt Computer und Online-Anbindung zur Verfügung standen. Nun war auch klar, für was die beiden Bankbesetzer Kleider, Videokamera und Laptop geordert hatten. Sepp Kastner fielen beinahe die Augen heraus, als er die Bankräuberin sah: Das dünne große Mädchen mit den blonden Zöpfen trug nur einen superknappen, orangefarbenen Bikini, dessen größere Stoffteile von dünnen Schnürchen zusammengehalten wurden. »Boah!«, entfuhr es dem Polizisten.
    »Und er ist auch ziemlich schnuckelig«, meinte Anne anerkennend über den jungen Mann, der in diesem zweiten Video einen weißen Sommeranzug trug. Sie bereute das Gesagte aber sofort, denn ganz gleich, welche Ziele diese Leute verfolgten, sie waren bewaffnet, hatten Geiseln genommen und schreckten auch vor dem Einsatz von Gewalt nicht zurück.
    Kurt Nonnenmacher verzog das Gesicht. »So eine Sauerei!«
    Zu Beginn des kurzen Films standen die beiden Bankräuber nur da und lächelten in die Kamera. Weil sie von unten gefilmt wurden, wirkten sie größer, als sie ohnehin zu sein schienen. Nach einigen Sekunden erhob der junge Mann im Anzug das Wort.
    »Gutön Tag bei Anonymous Bankräubör«, sagte er mit hörbar französischem Akzent. »Wir ’aben okkupiert diese banque und ’aben genommen Geiseln. Zwar wir sind bewaffnet mit Knarre«, er hob den großen Revolver lässig hoch und lächelte schüchtern, »abör Geiseln es geht gut.«
    Er verließ das Bild, um hinter die Kamera zu treten, die nun zu den anderen Personen im Raum schwenkte. Man sah Irene Heigelmoser, wie sie, immer noch im Dirndl, auf dem Fußboden sitzend, am Schreibtisch ihres Chefs lehnte und ein Glas Wasser in der Hand hielt. Die Putzfrau hob das Glas in Richtung des Zusehers und rief mit schriller Stimme: »Prost«. Anschließend sah man Dieter Gräber, den Rentner, der etwas debil in die Kamera winkte, gerade so wie ein Fan beim Fußballspiel, der bemerkt hat, dass er gefilmt wird. »Hello, hello, support your local Bankräuberfrühling«, rief der Senior fröhlich und mit württembergischem Akzent. Nonnenmacher schüttelte den Kopf. Dann wurde die Kamera nach unten gerichtet, und man sah, dass am Boden noch drei weitere Menschen lagen, allerdings gefesselt. Vermutlich handelte es sich um den Bankier Ochsenknecht, seine Mitarbeiterin Rüdel und den Lehrling Seliger. Schnell schwenkte die Kamera zurück auf die Geiselnehmerin im Bikini.
    Widerwillig musste Nonnenmacher feststellen, dass er ihre Brustwarzen, die sich unter dem orangefarbenen Stoff abzeichneten, registriert hatte. Diese Banditen kämpften ganz offensichtlich mit allen Mitteln.
    Dann trat wieder der junge Mann im Anzug vor die Kamera und stellte sich neben seine Komplizin. Er hatte den Revolver fortgelegt und sich ein Akkordeon umgeschnallt.
    »Wir sind zwar escht böse«, sagte der Mann mit grimmigem Gesichtsausdruck. »Abör auch lieb.« Unvermittelt lächelte er in die Kamera. »Und desalb ’aben wir geschrieben eine Chanson, welsches ist böse und lieb. Die Chanson ’eißt …«
    Er blickte zu seiner Partnerin, die ergänzte: »… ›Wir sind die neunundneunzig Prozent‹.«
    Und dann sangen sie zu einer einfachen Akkordeonmelodie folgenden Text:
    »Es war ein Mann, der kaufte ein Haus,
    doch das ging nur auf Pump.
    Das Geld gab ihm der Banker,
    man könnte auch sagen: ein Lump.
    Der Kredit war groß, der Mann nur klein.
    Und er verlor seinen Job.
    Zahlen musst er trotzdem,
    wegen dem gierigen Schwein.
    Tango, Occupy Tango.
    Deine Wahrheit ist gegossen in Melodie:
    Wir sind die neunundneunzig,
    und ohne uns geht nichts und nie.
    Wir fordern eine Zukunft für Jung und Alt,
    und unsere Gegner, die machen wir kalt.
    Wir haben Waffen, und wir sind alle,
    wir holen alles, was unseres ist, in jedem Falle.«
    Dann kam noch einmal der Textteil, der offensichtlich als Refrain gelten sollte:
    »Tango, Occupy Tango.
    Deine Wahrheit ist gegossen in Melodie:
    Wir sind die neunundneunzig,
    und ohne uns geht nichts und nie.«
    Nachdem die beiden Geiselnehmer das Lied fertig gesungen hatten, sah man, wie die junge Frau im Bikini das Bild verließ, und anschließend war der Film zu Ende.
    Kurt Nonnenmacher, Sepp Kastner und

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