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Räuberleben

Räuberleben

Titel: Räuberleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Hartmann
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am nächsten Morgen, als die Gäste sich schon längst zerstreut hatten, zu Haufen aufgetürmt, mit ausgelassenem Fett übergossen und angezündet. Schwarz und beißend war jetzt der Rauch, der stundenlang über den Wiesen hing. In kleinen Gruppen schauten Einheimische hier und dort den Feuern zu, nie lange allerdings, denn sie wurden von den herzoglichen Bediensteten grob weggewiesen.
     
    Spät in der Nacht war der Herzog nach Hohenheim zurückgekehrt, da getraute er sich nicht mehr in Franziskas Zimmer. Er wusste, dass er übel roch;
    es waren nicht bloß die Kleider, die ganze Haut schien imprägniert von allen Ausdünstungen der Lustjagd. Auch ein Bad hätte da nicht viel geholfen. Stickig, viel zu stickig war es im Schlafzimmer. Er öffnete, halb nackt, wie er war, eines der hohen Fenster, die auf den Park hinausgingen, atmete tief ein, ließ die frische Luft seine Brust umfächeln. Dann hörte er - es mochte gegen vier Uhr gehen - das Sirren der Mücken, die sich seinen Ohren näherten. Er zog die Fensterflügel zu, erschrak über ein Knarren.
    Stille. Manchmal braucht der Mensch Stille. Und doch kann er nie all die Stimmen in sich drin zum Schweigen bringen. Die Jagd war ein Erfolg gewesen, aber dem Franzele würde er nur das Nötigste erzählen. Es begann schon der neue Tag, irgendwo krähte ein Hahn. Er hatte, als er auf den Wolf zielte, plötzlich an Hannikel gedacht, an den Schurken Hannikel, der auf seine verschlagene Weise das Land und den Herzog herausforderte. Auf einen Menschen hatte Karl Eugen in seinem Leben nie selbst geschossen, die Gesetze und das Amt zwangen ihn lediglich dazu, töten zu lassen. Der Wolf sei schon in Gefangenschaft nicht mehr kampffähig gewesen, hatte der Oberjägermeister ihm zugeraunt, damit sei von vornherein jede Gefahr ausgeschlossen. Karl Eugen hatte das niedergeschossene Tier zweimal mit dem Hirschfänger durchbohrt, es hatte kaum geblutet, es hatte sich nicht mehr bewegt, es war alt gewesen, ein Einzelgänger vermutlich, dem Ende schon nahe. Keine Heldentat, aber zumindest eine herzogliche Geste. Gerade als die Sonne aufging, schlief er ein.
     
    In Württemberg und in der Schweiz, Frühling und Sommer 17 86
     
    Schäffer heißt er. Das ist ein Name, der wie eine Peitschenschnur durch die Luft fährt, gleich wird sie einen treffen, die Haut aufreißen. Dass der Name Angst macht, geben die Männer nicht zu. Sie lachen, wenn sie über Schäffer von Sulz sprechen. Die Sinti seien klüger als so ein Oberamtmann, listiger und schneller, prahlen sie, er werde sie niemals erwischen. Aber Dieterle hört aus dem Lachen die Sorge heraus. Es ist seit der Geschichte mit Toni eine Rauheit in den Stimmen, als hätten sie scharfe Ränder bekommen. Sie haben sich aufgeteilt nach der bösen Tat, sind nach verschiedenen Richtungen geflohen. So verwirre man die Verfolger, hat der Dad entschieden. Dieterle musste sich von der Daj, der Mutter, trennen, er ist schon kräftig genug, mit dem Dad und seinen engsten Vertrauten mitzulaufen, klein und mager zwar, aber mit der Ausdauer eines erwachsenen Mannes. Die Daj und Dennele sind ergriffen worden, das hat man dem Dad zugetragen. Wo sind sie jetzt wohl? Wie geht es ihnen? Der Dad macht sich Sorgen um sie. Aber er und die anderen, Bastardi und Dieterle, Wenzel und Geuder, der immer die Geige bei sich hat, auch die Urschel und die Theres mit ihrem Kleinen, die Bremin, die so zierliche Füße hat, dass sie auf einem Teller tanzen kann: sie alle sind zum Glück jetzt weit weg von Schäffer, sie sind ihm entronnen. Über viele Grenzen sind sie gegangen, häufig in der Nacht, und lange haben sie sich kaum getraut, Feuer zu machen, nicht einmal im Wald. Einen Unterschlupf zu finden, war schwierig, und einige Getreue in den Wirtshäusern, die der Dad seit langem kennt, wollten sie aus Angst nicht mehr beherbergen. Im April war es immer noch kalt, es schneite ja auch, da reichten die Decken nicht, die man mittrug, man deckte sich mit Tannenästen zu, schmiegte sich aneinander. Zwischendurch konnten sie bei Bauern etwas erbetteln, Sauerkraut, Speckschwarten, an denen sich wenigstens nagen ließ. Wenn der magere Geuder auf der Geige spielte und sie dazu tanzten und sangen, wurde ihnen hier und dort erlaubt, im Stall zu übernachten. Glühwein bekamen sie einmal, als Theres ein langes Leben aus der Hand der Bäuerin las.
    Dauernd der Hunger, der Wind, der einem ins Gesicht bläst, das Weinen der Kleinen.
    Wenn sie unter sich waren, stimmte Geuder

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