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Rain Song

Rain Song

Titel: Rain Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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bezeichnen Sie als Fortschritt, Sheriff?« Die Deutsche sah ihn verdutzt an.
    »Ein sicheres Geländer, ein fester Steg zum Kap«, Bill seufzte. »Damit werben wir in den Prospekten für Touristen. Und Touristen in Neah Bay sind nun mal ein Fortschritt.«
    Ein amüsiertes Grinsen erschien auf Gregs Gesicht und er wandte sich ab.
    »Es tut mir furchtbar leid, was Ihnen passiert ist, Miss Schill«, sagte Bill zu Hanna und er merkte selbst, wie steif das klang. »Greg hat gesagt, Sie würden keine große Sache daraus machen …« Fragend sah er sie an.
    »Das stimmt – und ich stehe zu meinem Wort. Aber ich möchte sicher sein, dass der Angelegenheit nachgegangen wird. Finden Sie den Kerl, der etwas gegen Touristen hat, und buchten Sie ihn ein, Sheriff.«
    »Das werd ich«, versicherte Bill, »ich kümmere mich persönlich darum.«
    Selbst, wenn es ein Geist ist.
    Der Sheriff verabschiedete sich von Greg und Hanna und machte sich wieder auf den Weg zu seinem Streifenwagen.
    »Ist er ein guter Polizist?«, fragte Hanna. Sie standen auf der großen Plattform und blickten hinüber nach Tatoosh Island. Greg hatte seine Unterarme auf das Geländer gestützt, doch Hanna zog es vor, sich nicht gegen das Geländer zu lehnen. Ihr kam es so vor, als hätte sie ein Déjà-vu, denn vor fünf Jahren hatte Jim hier so neben ihr gestanden.
    »Ich glaube schon«, sagte Greg. »Allerdings ist in dem einen Jahr, seit Bill von der Polizeischule zurück ist, hier in Neah Bay auch nicht viel passiert. Aber er kann gut mit den Leuten umgehen, sie mögen ihn.«
    Ein älteres Touristenpaar, beide in kurzen Hosen und Turnschuhen, kam aus dem Wäldchen ans Kap. Die kleine Frau mit sorgfältig gedrehten grauen Löckchen, stürzte freudestrahlend auf Greg zu und rief: »Junger Mann, Sie stammen doch sicher von hier! Können Sie mir sagen, was das für große schwarze Vögel sind, die auf diesem Felsen am Steilufer ihr Nest haben? Die mit den dicken gelben Füßen und den orangeroten Schnäbeln.« Die alte Dame sah Greg erwartungsvoll an.
    »Das sind Tufted Puffins, Ma’am, Papageitaucher«, antwortete er freundlich. »Die nisten hier auf den Felsen.«
    Triumphierend schlug die alte Dame ihrem Gatten den Handrücken vor die Brust. Ihre Augen leuchteten. »Hab ich’s dir nicht gesagt, Arthur! Papageitaucher, ich wusste es. Vielen Dank für die Auskunft, junger Mann.«
    »Gern geschehen«, erwiderte Greg schmunzelnd.
    »Tufted Puffins?«, fragte Hanna.
    Greg führte sie zu einer Stelle, von der aus sie das Nest der Vögel sehen konnte. Die Füße der Papageitaucher glichen Entenfüßen. Der Schnabel erinnerte an den eines Papageis und über den Augen zog sich durch das schwarze, glatte Gefieder jeweils ein weißer Schweif.
    »Sie sehen wirklich beeindruckend aus.« Hanna betrachtete das Vogelpaar. »Irgendwie exotisch. Sie passen gar nicht hierher.«
    »An unseren Stränden, den Felsen der Steilküste und auf den beiden Inseln gibt es über zweihundert verschiedene Vogelarten. Das treibt Ornithologen aus allen Ecken der Welt in unser Reservat. Diese Leute lassen sich definitiv nicht fernhalten, auf welche Art auch immer.«
    Inzwischen waren sie bei den Stufen zu der kleinen Ausbuchtung angelangt. Greg stieg hinunter und testete die Festigkeit der Hölzer, während Hanna auf der ersten Stufe stehen blieb und ihn beobachtete. Das Geländer war so stabil, dass es sich nicht mal einen Millimeter bewegte.
    Derjenige, der es vor Hannas Sturz präpariert hatte, musste sich gut mit der Beschaffenheit von Holz auskennen. Greg hatte sich die beiden Bruchstücke des Geländers, die er aus dem Meer gefischt hatte, genau angesehen. Das Holz war angesägt und anschließend geleimt gewesen, aber so geschickt, dass man es nicht bemerkte. Hanna hatte ihm erzählt, dass die Brüstung erst nach einer Weile, aber dann sehr plötzlich nachgegeben hatte.
    Greg war klar, dass derjenige, der das Geländer präpariert hatte, mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Dorf stammte und er ihn kannte – möglicherweise sogar gut. Dieser Gedanke gefiel ihm überhaupt nicht.
    Er nahm die Stufen mit großen Schritten. »Gehen wir«, sagte er zu Hanna. »Hier ist alles in Ordnung.«
    Nach einem zehnminütigen Fußmarsch standen sie wieder oben auf dem Parkplatz vor seinem weißen Pick-up. Verlegenheit machte sich breit.
    »Ich weiß nicht, wo ich mit meiner Suche nach Jim beginnen soll«, sagte Hanna schließlich. »Wo, wenn nicht bei dir? Du hast mit ihm zusammengelebt, er war wie

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