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Rain Song

Rain Song

Titel: Rain Song
Autoren: Antje Babendererde
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dachte mir, dass es der Name eines Ortes sein könnte, also habe ich Anaqoo gegoogelt und fand die Insel.«
    »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
    Greg schwieg einen Moment. »Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil ich mich da schon in dich verliebt hatte.« Er nahm Hannas Hand zwischen seine Hände. »Ich gebe zu, dass ich in den letzten Tagen nicht sonderlich logisch gehandelt habe. Erst wollte ich, dass du so schnell wie möglich aus meinem Leben und aus Neah Bay verschwindest. Als ich endlich begriffen hatte, warum du wirklich gekommen bist, da hatte ich das Gefühl, dir Jims Welt zeigen zu müssen. Du solltest sie kennenlernen, damit du ihn nicht verdammst, wenn du ihn findest.«
    Greg knetete Hannas Finger zwischen seinen Händen. Er blickte hinüber nach Anaqoo. »Erst nach dieser Nacht ist mir klar geworden, dass ich nichts dergleichen getan habe. Es war nicht Jims Welt, die ich dir gezeigt habe, sondern meine.« Er sah sie an. »Ich will, dass du mich verstehst.«
    Hanna zog ihre Hand zwischen seinen Händen hervor und umarmte ihn. »Ich werde es versuchen«, flüsterte sie.
    »He!«, rief jemand hinter ihnen. Sie lösten sich voneinander und wandten sich um. Neben dem alten Fischer, der immer noch an seinem Netz flickte, stand ein junger Mann und winkte. Eddie Elswa war zurück.
    Der Indianer bedeutete ihnen, hinüber zu einem anderen Steg zu kommen. Als sie ihn erreichten, löste er schon die Leinen von seinem Motorboot.
    »Was kostet die Überfahrt?«, fragte Greg.
    »Vierzig Dollar hin und zurück«, sagte Elswa.
    Bis zur Insel war es zwar nur ein Katzensprung, aber Anaqoo lag im offenen Pazifik und war am schnellsten mit einem motorisierten Boot zu erreichen. Greg zog ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und gab Elswa zwanzig Dollar. »Den Rest bekommen Sie, wenn wir wieder hier sind.«
    Elswa nickte und schob den Schein in seine Gesäßtasche. Er half Hanna ins Boot, und nachdem auch Greg eingestiegen war, machte er die letzte Leine los.
    »Wir wissen nicht, wie lange wir in Anagoo brauchen«, sagte Greg.
    Elswa schmiss den Außenbordmotor an und schrie: »Das macht nichts. Ich habe eine Großmutter drüben. Da gibt es immer was zu tun.«
    Er steuerte das Boot geradewegs auf die Insel zu. Drüben angekommen, fuhren sie dicht am Ufer entlang, einem sich geradlinig dahinziehenden Band aus feuchtdunklem Gestein. Mächtige Baumstämme säumten das Ufer. Es war ein schöner, ein wilder Ort. Greg konnte die Energie spüren, die durch seinen Körper pulsierte. Wahrheit und Mut, empfangen von den alten Geistern.
    Was auch immer das Geheimnis von Anaqoo war, er würde es akzeptieren. Und er hoffte, dass auch Hanna das konnte.

19. Kapitel
    Seit Dan Hadlock aus dem Koma erwacht war, hatte Bill noch keine Gelegenheit gefunden, ein paar Worte allein mit dem Ranger zu reden. Das Zimmer war von Hadlocks Familie belagert, seiner Frau, den Kindern, seinen Eltern und Schwiegereltern. Ungeduldig lief der Sheriff auf dem blank gebohnerten Linoleum vor Hadlocks Zimmer auf und ab und wartete auf seinen Augenblick.
    Schließlich bat eine Krankenschwester die Familie darum, den Besuch für heute zu beenden, da der Patient Ruhe brauchte. Als sich endlich auch Hadlocks Frau und Kinder von ihm verabschiedet hatten und gegangen waren, nutzte Bill die Gelegenheit und schlüpfte ins Zimmer.
    Dan lächelte matt, als er Bill sah. Schwerfällig hob er die Hand und deutete auf den Miniaturpfahl auf seinem Nachttisch. »Den hast du mir gebracht, nicht wahr?«
    Bill nickte verlegen und setzte sich auf den Stuhl neben Hadlocks Bett. Er wusste nicht, wohin mit seinen Händen. »Ich dachte, er könnte hilfreich sein.«
    »Vermutlich war er das.« Dan stöhnte leise, als er den Kopf hob.
    »Was sagen die Ärzte?«, fragte Bill. »Wirst du schnell wieder gesund werden?«
    »Noch ein oder zwei Wochen und ich kann das Krankenhaus verlassen.«
    »Dan …«, brachte Bill zögernd hervor, »ich weiß, dass das weder der passende Moment noch der richtige Ort ist, um darüber zu reden. Aber ich muss wissen, was du kurz vor dem Unfall gesehen hast.«
    Hadlock schwieg eine Weile, dann drehte er den Kopf, um dem Sheriff in die Augen zu blicken. »Selbst wenn ich es dir erzähle, Bill, würdest du es mir nicht glauben.«
    Bill lächelte gequält. »Du wirst nicht für möglich halten, was ich alles glaube.«
    Dan starrte wieder an die Decke. Sein Gesicht war beinahe so bleich wie das Kopfkissen. »Es war eine Frau, Bill. Sie kam aus dem Baumstamm,
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