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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dich! Bitte!«
    Alise sah über die Schulter zu ihm zurück. Jetzt entdeckte er auch Leftrin, der etwas abseits mit einer Gruppe Regenwildleuten sprach. Einer von ihnen hielt eine dicke Schriftrolle in der Hand und schien sie mit dem Kapitän Punkt für Punkt durchzugehen. Leftrin nickte und brach in bellendes Gelächter aus. Der Mann mit der Schriftrolle schien das allerdings nicht erheiternd zu finden.
    Alise war nahe bei den Drachen stehen geblieben. Sie blickte flehend zu ihm zurück, wie ein Hund, der um einen Spaziergang bettelt. In ihrer Haltung lag sowohl Angst als auch Sehnsucht, was nicht verwunderlich war: Der Drache, den sie sich ausgesucht hatte, hatte sich erhoben und blickte ihr interessiert entgegen. Die Kreatur war viel größer, als sie von Bord des Kahns aus gewirkt hatte. Und blau, tiefblau. Die Haut der Drachin schillerte im Sonnenlicht. Die auf Alise gerichteten kupferfarbenen Augen waren groß, zu groß für den Kopf des Geschöpfs. Ihre Pupillen waren geschlitzt wie die einer Katze, doch die Farbe schien auf der Iris zu schwimmen und um die Pupille zu kreisen. Es sah irgendwie beunruhigend aus. Das Geschöpf stieß einen kehligen Laut aus.
    Alise wandte sich von Sedric ab und eilte auf die Drachin zu. »Ja, gewiss. Verzeih, dass ich dich warten ließ, meine Schöne.«
    Wohlproportioniert und ohne Missbildungen wäre die Drachin so schön wie ein Zuchtbulle oder ein Hirsch gewesen. Doch das war sie nicht. Im Vergleich zum langen Nacken waren ihr Schwanz zu kurz und die Beine zu plump. Die Schwingen, die sie eben hob und ausbreitete, waren für ein Wesen ihrer Größe lächerlich klein, kraftlos und verkrüppelt. Sedric erinnerten sie an einen Sonnenschirm, den der Wind umgestülpt hatte, denn die Flügel wirkten wie ein dünnes Gerüst, über das zerknitterter Stoff gespannt war. Er erhob sich, klemmte sich den Schreibkasten unter den Arm und folgte Alise.
    Doch eine Bewegung im Augenwinkel ließ ihn zögern. Ein kleiner roter Drache mit einem Jungen auf dem Rücken trampelte schwerfällig am Strand entlang. »Breite deine Flügel aus!«, rief der Junge. »Breite deine Flügel aus und schlage mit ihnen. Du musst es versuchen, Heeby. Streng dich an.«
    Daraufhin spreizte der verkrüppelte Drache die Flügel, die von unterschiedlicher Größe waren. Gehorsam schlug der Drache mit seinen nutzlosen Anhängseln und lief weiter. Sein »Flug« endete, als er ins Wasser platschte. Erst kreischte der Junge erschrocken auf, doch dann rief er belustigt: »Du musst aufpassen, wo wir hinrennen, Heeby. Aber das war fürs erste Mal sehr gut. Wir müssen nur dranbleiben, Mädchen.«
    Sedric war nicht der Einzige, der innegehalten hatte, um das Spektakel zu beobachten. Drachen wie Hüter waren erstarrt. Einige der Hüter grinsten, andere waren bestürzt. An den Zügen der Drachen vermochte er keine Reaktion abzulesen. Genauso wenig wie er sagen konnte, ob eine Kuh amüsiert oder beleidigt dreinblickte. Nachdem Alise kurz stehen geblieben war, um einen entsetzten Blick auf die Szene zu werfen, wandte sie sich nun wieder um und eilte weiter auf die Drachin zu.
    Wegen seiner längeren Beine hatte er Alise trotz ihres ausdauernden Trabs bald eingeholt. Sie schien mit der Drachin zu reden. »Du bist unbeschreiblich schön. Ich bin so begeistert, endlich hier zu sein und mit dir zu sprechen, das übersteigt meine kühnsten Träume!«
    Die Drachin brüllte etwas zurück.
    Jetzt erst fiel Sedric die junge Regenwildfrau neben der Drachin auf. Sie hatte sich den provisorischen Besen aus Nadelzweigen über die Schulter gelegt. Als ihr Blick auf Sedric fiel, runzelte sie die Stirn, kniff die Augen zusammen und sah damit noch reptilienähnlicher aus als ohnehin schon. Mit ihrem geschuppten Gesicht sah sie wahrhaft aus wie eine Eidechse. Erst hatte Sedric gedacht, sie hätte Lehmklumpen an den Fingern, doch jetzt sah er, dass es dicke, schwarze Klauen waren. Ihre zu Zöpfen geflochtenen dunklen Haare wirkten wie ineinandergeschlungene Schlangen, und in ihren Augen lag ein unnatürliches Glitzern.
    »Alise«, sagte er warnend, und als sie nicht darauf reagierte, setzte er etwas lauter und im Befehlston hinzu: »Alise, bleib doch kurz stehen! Warte auf mich.«
    »Na, dann beeil dich eben!«
    Sie hielt inne, doch es war klar, dass sie sich nicht lange zurückhalten würde. Nach zwei weiteren Schritten hatte er sie endgültig erreicht. Unter dem Vorwand, ihr den Arm zu reichen, hielt er sie fest. »Sei vorsichtig!«, schärfte

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