Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
Rapskal, wenn du einen Fisch oder sonst irgendein Futter auftreiben könntest, wäre das sehr gut. Ich sage jetzt erst mal meiner Grünen guten Morgen, und dann sehe ich, was man für den schmutzigen Kupferroten tun kann. Geh du ruhig mit Sedric, Thymara. Wir kommen erst einmal ohne dich zurecht.«
Sie sah, wie Sedrics Blick von Greft zu Tats wanderte, und wusste, dass er rätselte, wer hier zuständig war und über sie zu bestimmen hatte. Das machte sie wütend auf die beiden und verlieh ihrer nächsten Bemerkung einige Schärfe. »Danke, Tats, aber ich sagte, dass ich es tun werde, und ich werde es auch tun. Ich brauche dazu niemandes Hilfe. Oder Erlaubnis.«
Seine Miene machte ihr deutlich, dass sie barscher gesprochen hatte, als sie gewollt hatte. Eigentlich hatte sie nur klarstellen wollen, dass niemand außer ihr selbst über sie bestimmte. Grefts selbstgefälliges Grinsen machte die Sache nur noch schlimmer. Sie knirschte mit den Zähnen. Anfangs war sie ein wenig in Greft vernarrt gewesen und hatte sich von seiner Aufmerksamkeit geschmeichelt gefühlt. Innerhalb von zwei Tagen hatte er es dahin gebracht, dass sie ihn nicht mehr ausstehen konnte. Obwohl ihr bewusst war, wie sehr er sie in diese Situation hineinmanipuliert hatte, gelang es ihr nicht, sich von seinen Marionettenfäden zu befreien. Jetzt würden die anderen glauben, sie läge mit Tats überkreuz, obwohl das gar nicht der Fall war. Zumindest wollte sie das nicht. Jerd sah zu Boden, doch Thymara ahnte, dass sie grinste. Steif wandte Tats sich von ihr ab. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Sedric zu folgen. Auch ihm schien die ungute Stimmung nicht entgangen zu sein.
»Ich wollte dir keinen Ärger machen«, entschuldigte er sich.
»Das habt Ihr auch nicht«, gab sie knapp zurück. Dann holte sie Luft und schüttelte den Kopf. »Entschuldigt. Das kam falsch heraus. Ihr habt mir keinen Ärger gemacht, ehrlich. Greft ist derjenige, der Ärger macht. Tats auch manchmal. Greft wäre gern der Anführer der Drachenhüter, deshalb tut er so, als wäre er es schon, und hofft, dass alle mitziehen. Und es macht mich wütend, dass manche es tatsächlich tun! In Wahrheit aber wurde keiner von uns als Anführer bestimmt. Wir sind alle unsere eigenen Herren. Aber Greft hat ein Talent, unter denjenigen, die sich ihm nicht unterordnen wollen, Zwietracht zu säen. Zum Beispiel zwischen Tats und mir.«
»Ich verstehe.« Er nickte, als verstünde er es tatsächlich.
»Normalerweise vertragen Tats und ich uns sehr gut. Dann ist Greft aufgetaucht, und ihm scheint es Spaß zu machen, für Ärger zu sorgen. Und Leute zu manipulieren. Wenn er nicht erreicht, dass wir tun, was er will, legt er es mit aller Macht darauf an, uns möglichst unglücklich zu machen. So kommt es mir jedenfalls manchmal vor. Erst dachte ich, er würde mich mögen. Er benimmt sich, als würde er es nicht ertragen, dass ich einen Freund habe, als würde er dadurch unwichtiger. Mir scheint fast, dass er einen Keil zwischen mich und Tats treiben will. Warum sind manche Leute so?«
Sie erwartete keine Antwort von ihm, doch er wirkte erstaunt, als hätte sie ihm eine ungeheuer bedeutende Frage gestellt. Nach einer Weile antwortete er bedächtig: »Vielleicht, weil wir zulassen, dass sie so sind.«
Sedric fühlte sich, als hätte er einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen. Sogar gleich zweimal. Das erste Mal beim Anblick des eigentümlichen jungen Mannes, der sein Recht infrage zu stellen schien, Thymara um eine Übersetzung zu bitten. Einen solchen Menschen hatte er noch nie gesehen, zumindest nicht ohne Kapuze und Schleier. Die meisten Leute, die so deutlich von der Regenwildnis gezeichnet waren, verhüllten sich. Nur dieser Greft verzichtete darauf. Tat er das aus Trotz gegen die Gepflogenheiten, oder waren sie so tief in die Regenwildnis vorgedrungen, dass die Einheimischen sich nicht mehr darum scherten, was Fremde über sie dachten?
Seine Züge hatten etwas eindeutig Echsenartiges, was ihm eine Ausstrahlung von Stärke verlieh. Unter den fein geschuppten Brauen leuchteten seine Augen wie zwei polierte Lapislazulisteine hervor. Die markigen Gesichtszüge erinnerten Sedric an eine Statue aus kaltem Stein. Noch nie hatte Sedric einen Menschen gesehen, der so sehr Tier war. Er meinte fast, ihn riechen zu können, als ginge die Macht, die er auf andere ausübte, von dem Moschus aus, den er absonderte. Selbst seine Stimme hatte einen unmenschlichen Klang gehabt, ein Brummen, das Sedric an den
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