Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
kommandieren. Sie war auf ihrer Seite des Betts geblieben.
»Ich habe fest geschlafen«, hatte sie sich beschwert.
»Jetzt schläfst du nicht mehr, und da wir schon mal beide hier sind, lass uns versuchen, ein dickes Baby zu machen, damit mein Vater sich freut, einverstanden?« Er sprach voller Bitterkeit. »Eins reicht völlig, meine liebe Alise. Also hilf mit. Es dauert ja nicht lange, und dann kannst du weiterschlafen. Und wenn du morgen aufwachst, kannst du mein Geld wieder bei den Buchhändlern verschleudern.«
Es passte alles zusammen. Er war bei seinem Vater gewesen und hatte sich Schelte anhören müssen, weil er noch keinen Erben produziert hatte. Und gestern hatte Alise zwei recht teure alte Schriftrollen gekauft. Beide stammten von den Gewürzinseln. Obwohl Alise kein Wort verstand, enthielten die Handschriften doch Bilder, die wahrscheinlich Elderlinge darstellten. Das erschien ihr jedenfalls folgerichtig. Wenn die Elderlinge vor Urzeiten die Verwunschenen Ufer bevölkert hatten, mussten sie Handelspartner gehabt haben, und diese hatten die Geschäftsbeziehungen schriftlich festgehalten. In letzter Zeit hatte Alise sich verstärkt bemüht, solche Aufzeichnungen ausfindig zu machen, und die Rollen von den Gewürzinseln waren ihr erster Fund in dieser Richtung. Über den Preis war selbst sie erbleicht. Doch sie musste diese Handschriften haben, und darum hatte sie alles gezahlt.
Und in dieser Nacht würde sie erneut bezahlen, dafür, dass sie noch kinderlos war, und dafür, dass sie es wagte, ihre Forschungsbibliothek zu vervollständigen. Wäre sie nicht so lange aufgeblieben, um über ihrer Neuanschaffung zu brüten, hätte sie ihn vielleicht einfach gewähren lassen. Aber sie war müde und der Art, wie er diesen Teil ihres Ehelebens handhabte, überdrüssig.
Deshalb sagte sie etwas, was sie nie zuvor gesagt hatte: »Nein. Vielleicht morgen Abend.«
Er hatte sie angestarrt, und im Dunkeln spürte sie die Wut in seinem Blick. »Das hast du nicht zu entscheiden«, gab er schroff zurück.
»Das hast du aber auch nicht allein zu entscheiden«, konterte sie und wollte aufstehen.
»Heute Nacht, sage ich«, bestimmte er. Ohne Vorwarnung hechtete er auf ihre Bettseite, packte ihren Arm und zerrte sie auf den Rücken. Mit seinem Leib nagelte er sie auf der Matratze fest.
Kurz wehrte sie sich, doch als er seine Finger in ihre Oberarme grub und niederdrückte, war ihr schnell klar, dass sie ihm nicht entkommen konnte. »Lass mich los!«, fuhr sie ihn halb flüsternd, halb kreischend an.
»Gleich«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Und er fügte hinzu: »Wenn du dich nicht wehrst, werde ich dir auch nicht wehtun.«
Das war gelogen. Obwohl sie sich fügte und es, den Kopf zur Seite gedreht und den Blick auf die Wand gerichtet, über sich ergehen ließ, hielt er ihre Arme fest gepackt, und seine Stöße waren brutal. Es tat weh. Bei all den Schmerzen und der Erniedrigung schien es ihr eine Ewigkeit zu dauern, bis er fertig war. Doch sie weinte nicht. Als er sich von ihr herunterwälzte und auf das Bett setzte, waren ihre Augen trocken, und sie gab keinen Laut von sich.
Einige Zeit blieb er im Dunkeln sitzen. Dann spürte sie, dass er sich erhob, und sie hörte das Rascheln von Stoff, als er seinen Nachtrock überwarf. »Wenn wir Glück haben, braucht das keiner von uns ein weiteres Mal durchzumachen«, sagte er trocken. Was sie die ganze Nacht über verfolgt hatte, war die Tatsache, dass er noch nie zuvor so aufrichtig geklungen hatte. Danach war er hinausgegangen und hatte sie allein zurückgelassen.
Da sie nicht mehr einschlafen konnte, dachte sie den Rest der Nacht über ihn und ihre Scheinehe nach. Selten war er so brutal mit ihr umgesprungen. Normalerweise war der Sex mit Hest eine oberflächliche und zielgerichtete Sache. Er betrat ihr Gemach, tat ihr seine Absicht kund, kopulierte mit ihr und verschwand wieder. In den gesamten vier Jahren ihrer Ehe hatte er kein einziges Mal in ihrem Bett geschlafen. Er hatte sie nie leidenschaftlich geküsst oder sie irgendwo mit einer gewissen Anteilnahme berührt.
Ihre Versuche, ihm zu gefallen, waren erniedrigend. Sie hatte sich mit Düften parfümiert und hatte die unterschiedlichsten Arten von Nachtmieder angezogen. Eines Abends hatte sie sogar versucht, ihn zu verführen, indem sie ihn in seinem Arbeitszimmer besucht und umarmt hatte. Er hatte sie nicht von sich gestoßen. Er war lediglich aufgestanden, hatte ihr gesagt, dass er im
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