Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
sie nicht einfach, dass sie sich für ihn entschieden hatte? Warum konnte sie nicht wie Jerd sein und sich in die Dinge hineinwerfen? Offenbar hatte Jerd einige Jungs durchprobiert. Nun hatte Greft sie für sich beansprucht, und das schien ihr nicht zu missfallen. Wäre es denn so schwer? Sich einfach zu nehmen, was sich ihr bot, ohne Verpflichtungen einzugehen?
    Der Silberne schien vergnügt zu sein, denn er peitschte das Flusswasser mit seinem Schwanz schaumig, breitete dann die Schwingen aus und »flog« platschend zu den anderen Drachen im Flachwasser. Die anderen Hüter drängten sich an der Heckreling, deuteten mit den Fingern, riefen und lachten. Langsam gesellte sie sich zu ihnen.
    Ohne Vorwarnung ergriff Tats ihre Hand und zerrte so lange an ihr, bis sie sich zu ihm umwandte. »Sei nicht traurig. Rapskal und Heeby sind vielleicht noch am Leben. Wir dürfen die Hoffnung noch nicht aufgeben.«
    Sie sah ihn an. Er war kaum größer als sie selbst, aber die Expedition hatte ihn verwandelt. Er war muskulöser, Brust und die Schultern sahen anders aus als sie es von den Sammlern in den Bäumen kannte. Gar nicht so übel. Ihr Blick glitt über sein Gesicht. Die kleine Pferdetätowierung aus seiner Zeit als Sklavenjunge war in der Dämmerung nur noch eine Unebenheit auf seiner wettergegerbten Haut. Das spinnwebartige Netz war nahezu verblasst. Sie war ihm so nahe, dass sie ihn riechen konnte, und das war nicht unangenehm. Ihre Blicke trafen sich, und ihr fiel auf, wie dunkel seine Augen waren. Plötzlich veränderte sich sein Geruch, und da erst merkte sie, dass sie an ihrer Unterlippe saugte, während sie ihn anstarrte. Jetzt holte er Luft, als fasse er sich ein Herz.
    Sie reagierte, bevor er ihr die Entscheidung abnehmen konnte. Sie neigte sich zu ihm, drehte den Kopf ein Stück und setzte ihre Lippen auf seinen Mund. Machte man das so? Nie zuvor hatte sie jemanden auf den Mund geküsst. Verlegenheit und Angst überfielen sie. Plötzlich hoben sich Tats Arme, umschlossen sie und zogen ihren Leib an seinen heran. Seine Lippen bewegten sich auf ihren. Er wusste, wie es ging, dachte sie, und die Vorstellung, wo er es gelernt hatte, erfüllte sie für einen Sekundenbruchteil mit Wut. Nun, sie war nicht Jerd. Ob sie nun richtig küsste oder nicht, er würde ohnehin bald herausfinden, dass sie alles auf ihre eigene Weise tat. Langsam schüttelte sie den Kopf und folgte mit den Lippen den Bewegungen seines Mundes. Schuppen auf weicher Haut, dachte sie und verlor sich für einen Moment in diesem Gefühl. Seine Hände glitten an ihrem Rücken hinauf, und als er sie an der empfindlichen Stelle zwischen den Schulterblättern berührte, zuckte sie zusammen.
    »Was ist?«, fragte er.
    Es war ihr furchtbar peinlich. »Nichts. Ich habe mich im Fluss verletzt. Es ist noch gereizt.«
    »Oh, entschuldige. Es fühlt sich geschwollen an.«
    »Es ist empfindlich.«
    »Ich bin vorsichtig.«
    Er neigte den Kopf, um sie erneut zu küssen, und sie ließ es geschehen. Dann hörte sie von Deck des Kahns, wie jemand laut eine Frage stellte. Ein anderer antwortete. Sie waren nicht allein. Nicht so richtig.
    Sie entzog ihm ihre Lippen und senkte den Kopf. Er drückte sie an sich und küsste gierig ihren Scheitel. Als sie seinen warmen Atem spürte, durchlief sie ein Schauer. Leise lachte er. »Ist das meine Antwort?«, fragte er, und seine Stimme klang tiefer, als sie es je gehört hatte.
    »Auf welche Frage?«, wollte sie wissen und war ernsthaft verwirrt.
    »Entscheidest du dich für mich?«
    Fast hätte sie ihn angelogen, aber sie tat es nicht. »Ich wähle die Freiheit, Tats. Die Freiheit, nicht wählen zu müssen, wenn ich nicht will. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht.«
    »Aber was hat das dann zu bedeuten?« Er hatte sie noch nicht losgelassen, aber seine Umarmung hatte etwas Steifes, was zuvor nicht der Fall gewesen war.
    »Es bedeutet, dass ich dich küssen wollte.«
    »Und das ist alles?« Er rückte von ihr ab, und sie sah ihm ins Gesicht.
    »Fürs Erste«, gab sie zu. »Fürs Erste ist es alles.«
    Jetzt sah sie ihm in die dunklen Augen, in denen eine Lichtspiegelung Sterne tanzen ließ. Bedächtig nickte er.
    »Das ist genug. Fürs Erste.«

 
     
    Zweiundzwanzigster Tag des Gebetsmonds 
    IM SECHSTEN JAHR DES UNABHÄNGIGEN HÄNDLERBUNDS
      
    Von Detozi, Vogelwart in Trehaug, an Erek, Vogelwart in Bingtown In dieser Brieftrommel, die mit dem persönlichen Siegel seiner Familie verschlossen wurde, befindet sich eine

Weitere Kostenlose Bücher