Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
etwas zu essen bekam und sie nicht. Sedric war zwar dankbar, gleichzeitig aber auch so hungrig, dass er sich kaum auf Carsons Worte oder Relpdas Klagen konzentrieren konnte. Er brach ein Stück des harten Brotes ab und kaute es langsam. Sein Kiefer schmerzte, und auf der geschwollenen Seite konnte er nicht kauen. Doch als er es hinunterschluckte, war es all die Schmerzen wert. Sogleich brach er einen zweiten Bissen ab und aß bedächtig.
Carson ließ ihn allein und ging zu dem Drachen hinüber, um mit ihm zu sprechen. Als er zurückkehrte, schüttelte er bewundernd den Kopf. »Da habt Ihr ganz schön was geleistet. Das Floß fällt wahrscheinlich auseinander, wenn sie sich darauf zu sehr bewegt, aber die anderen Drachen hatten keine Möglichkeit, aus dem Wasser zu gelangen.«
Allmählich drang die Bedeutung der Worte in Sedrics Bewusstsein, und ihm fiel ein, dass es außer Essen und Wasser noch mehr Dinge auf der Welt gab, über die man sich Gedanken machen musste. Mit vollem Mund und geschwollenem Kiefer nuschelte er: »Wer hat überlebt?«
»Nun, es haben mehr überlebt, als wir vermissen. Wir haben zwar ein, zwei Tage gebraucht, aber wir haben fast alle wieder aufgesammelt. Jetzt, da ich Euch und die Kupferne gefunden habe, fehlen uns nur noch Rapskal, sein Drache und Jess. Den armen Warken haben wir tot aus dem Fluss gezogen, und Ranculos ist schwer verletzt. Aber alle anderen sind bis auf ein paar Schrammen wohlauf. Und was ist mit Euch? Ihr seht schlimmer zugerichtet aus als die anderen.«
Verlegen fasste sich Sedric ins Gesicht. »Nur ein Kratzer.«
Carson stieß ein tiefes Lachen aus. »Für mich sieht es nach mehr als ›nur einem Kratzer‹ aus. Also. Seid nur Ihr und der Drache hier? Niemand sonst?«
»Nur wir«, gab er vorsichtig zurück. Was würde Carson denken, wenn er wüsste, dass er und Relpda den Jäger getötet hatten? Sedric hatte die beiden Männer oft zusammen in einem Boot gesehen, denn sie hatten sich für die Jagd meist zusammengetan. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um das Missfallen seines Retters zu riskieren. Wenn er nichts von Jess erzählte, würde niemand davon erfahren.
Es sei denn, Relpda würde etwas verraten.
Ihn überlief ein angstvolles Beben, auf das die Drachin sogleich reagierte. Gefahr? Jäger fressen?
»Nein, Relpda, nein. Keine Gefahr. Der Jäger wird dir etwas zu fressen finden, aber nicht jetzt.« Er überspielte die Worte der Drachin so gut es ging, und sagte leise zu Carson: »Seit der Flutwelle ist sie noch verwirrter als zuvor.«
»Nun, ich glaube, das sind wir alle. Aber sie hat recht. Sie muss ausgehungert sein. Sie war noch nie fett, und die letzten Tage haben sie anscheinend zusätzlich ausgezehrt. Relpda? Ich weiß, dass Drachen frisches Fleisch bevorzugen, aber nicht weit von hier habe ich einen Elchkadaver treiben sehen. Soll ich dir zeigen, wo?«
»Bring zu Relpda. Relpda müde.«
»Carson auch müde«, murmelte der Jäger, aber es klang gutmütig. »Ich binde das Tier mit der Leine an und schleppe es her. Soll ich Euch das Wasser hierlassen?«
»Geht nicht fort!«, platzte es unwillkürlich aus Sedric heraus. Die Rettung war eben erst eingetroffen.
Carson grinste und legte ihm freundlich die Hand auf die Schulter. »Keine Sorge. Ich komme wieder. Schließlich habe ich mir die ganze Mühe, Euch zu finden, nicht gemacht, um Euch hier im Stich zu lassen.« Ihre Blicke trafen sich, und Carsons Worte schienen von Herzen zu kommen. Sedric wusste nicht, was er sagen sollte.
»Danke«, bekam er schließlich heraus. Er wich dem ernsten Blick des Jägers aus. »Ihr müsst mich für einen Feigling halten. Oder für einen unfähigen Idioten.«
»Keins von beiden, das könnt Ihr mir glauben. Ich bin nicht lange weg, das Wasser lasse ich Euch da. Es ist unser ganzer Vorrat für den Moment, deshalb teilt es Euch so gut es geht ein.«
»Mehr haben wir nicht? Weshalb habt Ihr mich dann so viel davon trinken lassen?« Sedric war entsetzt.
»Weil Ihr es gebraucht habt. Nun lasst mich Relpda einen schönen fauligen Elch besorgen, und dann bin ich wieder zurück. Vielleicht ist es dann sogar noch hell genug, um in die Bäume zu steigen und etwas Essbares zu suchen.«
»Jess …« Sedric biss sich auf die Lippen. Beinahe hätte er ihm erzählt, dass Jess in der Nähe Früchte gefunden hatte. Wie dumm, dumm, dumm. Er durfte den anderen Jäger nicht erwähnen.
»Was?«
»Jetzt … müsst Ihr aber vorsichtig sein.«
»Oh, das bin ich immer. Ich bin
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