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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gelebt hatte. Das entdeckte man erst, als die ersten Segelschiffe mit geschnitzten Galionsfiguren aus dem Material gebaut wurden.
    Doch das hieß nicht, dass Teermann kein Bewusstsein erlangt hätte. Es bedeutete nicht, dass sein Kapitän nicht darum gewusst und seine Anwesenheit nicht gespürt hätte.
    Leftrins Vorfahren, allesamt Flussschiffer, hatten geahnt, dass es mit ihrem Kahn etwas Besonderes auf sich hatte. Vor allem diejenigen, die an Deck groß geworden waren, die an Bord geschlafen und gespielt hatten. Sie hatten eine eigentümliche Verbindung zu dem Kahn und zum Fluss aufgebaut und eine instinktive Gabe entwickelt, auf seinen Gewässern zu navigieren und den stets wandernden Sandbänken und Baumstümpfen auszuweichen. Sie hatten seltsame Träume, von denen sie meist nur anderen Familienmitgliedern erzählten. In ihnen ging es nicht nur um den Fluss und das lautlose Dahingleiten auf ihm. Sondern sie träumten vom Fliegen und manchmal auch vom Tauchen in einer tiefen, blauschattigen Wasserwelt.
    Teermann hatte wie jedes andere Lebensschiff ein Bewusstsein erlangt. Doch er hatte keinen Mund, um zu sprechen, keine geschnitzten Hände oder ein menschliches Gesicht. Er war stumm, doch seine Augen waren alt und wissend.
    Vielleicht hätte Leftrin ihn so lassen sollen. Zwischen ihnen war alles bestens gewesen. Wieso hatte er versucht, es noch besser zu machen?
    Das Hexenholzstück hatte ein unverhofftes Glück dargestellt, sein Leben zugleich aber auch komplizierter gemacht.
    Er hatte alles so sorgfältig geplant. Er hatte seine Mannschaft auf eine Handvoll absolut vertrauenswürdiger Mitglieder zusammengestutzt. Er hatte Handwerker zur Bearbeitung des Hexenholzes gesucht, deren Können und Ehrlichkeit einen tadellosen Ruf hatten. Für die benötigten Werkzeuge hatte er gespart, gefeilscht und geknausert. Erst als alles beisammen war, hatte er die Zimmerleute dorthin gebracht, wo er das Holzstück gefunden und festgemacht hatte.
    Und er hatte es in dem Wissen getan, dass es sich weder um Holz noch um einen Baumstamm handelte.
    Er hatte Teermann auflaufen lassen und ihn mit Tauen und Seilwinden zu einer schmalen, vom Fluss abgetrennten Bucht geschleppt. Diese Aufgabe hatte ihn beinahe einen Sommer gekostet. Das Hexenholz musste an Ort und Stelle in grobe Bretter und Quader zersägt werden und dann an Teermann angebracht werden. Solange musste der Kahn auf Böcken aufgebahrt werden, damit die Arbeiter Zugang zum Kiel hatten. Wegen des weichen Bodens mussten die Böcke täglich verstärkt und angehoben werden.
    Doch als alles fertig war, besaß Teermann das, was er sich am meisten gewünscht hatte, wie er Leftrin selbst mitgeteilt hatte. Vier stämmige Füße mit Schwimmhäuten und ein langer Schwanz waren am Rumpf festgemacht worden. Nun konnte Teermann nahezu überallhin gelangen, wo es ihm oder seinem Kapitän beliebte.
    Es hatte einige Wochen gedauert, bis Teermann alle Glieder vollständig bewegen konnte. Als die Böcke unter seiner Hülle hervorgezogen worden waren, war Leftrin fürchterlich in Sorge um ihn gewesen. Aber Teermann hatte sich, wenn auch mit Mühe, gefangen und langsam zum Fluss geschleppt. Als der Kahn sich im flachen Wasser um die eigene Achse gedreht hatte, hatten seine Augen vor Zufriedenheit geleuchtet. Er genoss es gleichermaßen, im Fluss zu schwimmen oder im flachen Gewässer zu waten. Seine Mannschaft brauchte kaum noch wirklich zu arbeiten, sondern tat nur noch so als ob. Sie hielten die Illusion aufrecht, dass Teermann ein Kahn wie jeder andere war.
    Jeder übrig gebliebene Span und Scheit des »Holzes« wurde in Teermanns Laderäumen als Reserve verstaut. Keinen einzigen Splitter des Materials hatte er verkauft, denn das wäre ein Treuebruch gegenüber seinem Schiff gewesen. Er hatte Respekt vor dem Drachen in Teermann , vor dem Stoff, aus dem er geschaffen worden war. Im Lauf der Wochen und Monate hatte er gespürt, wie sich das Schiff das neue Material und die Erinnerungen einverleibt hatte. Teermanns gemütliche Art hatte sich gewandelt. Er war bestimmender und abenteuerlustiger geworden, und manchmal war er fast schon spitzbübisch. Diese Veränderungen zu beobachten, hatte Leftrin ein solches Vergnügen bereitet, als sähe er seinem Kind zu, wie es zu einem Mann heranwächst. Teermanns Augen waren ausdrucksvoller geworden, er sprach deutlicher zu seinem Kapitän, und seine Tauglichkeit als Kahn war ein reines Wunder. Falls die anderen Händler etwas argwöhnten, behielten sie es

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