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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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richtige Einschätzungen vornahm. Doch im Moment hatte er wenig Vertrauen in seine Urteilskraft. Hatte er sich verschätzt, als er sie diesen Weg geführt hatte? Letztlich hatte er überhaupt nicht geschätzt, sondern sich auf sein Schiff verlassen. Teermann hatte überzeugt gewirkt. Doch jetzt steckten sie hier fest, und ihnen war der Fluss abhanden gekommen. Noch gab es genug Wasser, aber es bedeckte das vollgesogene Land, und er hatte keine Ahnung mehr, woher es kam. Vielleicht wurde es von einer Million kleiner Bäche gespeist. Vielleicht quoll es aber auch in diesem unermesslichen Becken an die Oberfläche. Es spielte keine Rolle.
    Dazu kam, dass sich die Stimmung bei den Expeditionsteilnehmern in den letzten Tagen verschlechtert hatte. Vielleicht hatten sie lediglich zu viel Zeit miteinander verbracht. Womöglich hatten ihnen aber auch die Flutwelle und die Verluste zu viel Mut geraubt. Oder es lag am Wetter, das immer schlechter wurde. Er wusste nicht, was ihnen so aufs Gemüt geschlagen hatte, aber man merkte es Hütern und Mannschaft deutlich an. Er bildete sich ein, dass es an jenem Abend angefangen hatte, als Carson und Sedric zurückgekommen waren und von Grefts Tod berichtet hatten. Carson hatte die Neuigkeit verkündet, als alle mit ihren mageren Essensrationen an Deck gesessen hatten. Er hatte es nüchtern berichtet und den Umstand, dass er den Leichnam seinem Drachen verfüttert hatte, weder entschuldigt noch erklärt. Niemand beschwerte sich. Wahrscheinlich hatten die Hüter inzwischen ohnehin nichts anderes erwartet. Sedric hatte matt und niedergeschlagen gewirkt. Vielleicht hatte er einfach schon zu viel mitansehen müssen. Vielleicht hatte seine Bingtown-Hülle Risse bekommen, und es drang Menschlichkeit in ihn ein. Carson hatte den Bericht abgeliefert, den gestohlenen Zwieback übergeben und dann verkündet, dass er schlafen gehen wolle. Doch die Mattigkeit im Gesicht seines alten Freundes sah nicht wie eine Erschöpfung aus, von der man sich mit Schlaf erholte.
    Leftrin hatte erst Carsons müde Zügen betrachtet und dann zu Sedric mit seinem zerknirschten Gesichtsausdruck geblickt. Daraufhin hatte er sich selbst etwas zusammengereimt. Nun, das war zu schade. Der Geck aus Bingtown hatte mit ihm Schluss gemacht, und der Jäger verkraftete es nicht gut. Carson hatte mehr Glück verdient.
    Aber hatten sie das nicht alle?
    Die Nachricht von Grefts Tod hatte ihnen allen das Herz schwer gemacht. Keiner der Hüter, nicht einmal Tats oder Harrikin, schien Genugtuung darüber zu empfinden. Tats hatte vielmehr fast so gewirkt, als habe er ein schlechtes Gewissen. Und Jerd hatte den Rest des Abends leise weinend neben der Backbordreling gesessen. Nach einiger Zeit hatte sich Nortel neben sie gesetzt und gedämpft mit ihr gesprochen, bis sie den Kopf auf seine Schulter gelegt und ihm gestattet hatte, sie zu trösten.
    Auch dazu hatte er seine ganz eigenen Gedanken. Bellin hatte Swarge versprochen, dass sie mit den Mädchen reden würde, und Leftrin hoffte, dass sie es auch wirklich getan hatte. Er war erleichtert gewesen, als das Mädchen die Fehlgeburt überstanden hatte, gleichzeitig aber betrübte ihn der Verlust des Kindes. Er mochte gar nicht daran denken, wie schwer es für Bellin und Swarge sein musste. Er hatte schon lange aufgehört zu zählen, wie oft Bellin schwanger gewesen war. Nicht ein einziges Mal hatte sie das Kind lange genug behalten.
    Zwei Tage lang hatte Grefts Boot ungenutzt an Deck gelegen, bis er Boxter und Kase schroff befohlen hatte, die Jagdausrüstung zu verteilen, das Boot zu Wasser zu lassen und sich nützlich zu machen. Obwohl es ihm nicht zustand, dies anzuordnen, folgten sie seinem Befehl. Es war besser, wenn wenigstens ein paar Hüter unterwegs und beim Jagen waren, als wenn sie alle untätig und grüblerisch an Deck herumlungerten.
    »Wir haben den Mut verloren«, sagte Alise wie als Antwort auf seine Gedanken. »Wir alle haben ihn verloren.«
    »Auch die Drachen?«
    »Die Drachen haben sich verändert. Oder vielleicht hat sich auch nur verändert, wie ich sie sehe. Nachdem sie die Flut überlebt haben, sind sie viel selbstständiger geworden. Vielleicht weil die meisten von uns ohne sie nicht überlebt hätten. Nachdem die Rollen einmal vertauscht waren, war es, als risse ein Band, das ohnehin schon fast durchgescheuert war. Manche sind überheblicher, und manche kümmern sich fast gar nicht mehr um ihre Hüter. Die verblüffendsten Veränderungen haben Relpda und Fauch

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