Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
Mercor eben entlockt habt, nützlich ist? Ich bezweifle, dass jemand von uns es geschafft hätte, diese Information aus ihm herauszukitzeln.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich so nützlich ist«, sagte Alise. Sie wollte eigentlich nicht freundlich einlenken, aber Leftrin wusste nur zu gut, wie er sie besänftigen konnte. Seine Sicht ihrer Unterhaltung mit dem Drachen war wohltuend und schmeichelhaft.
»Nun, Mercor hat recht, wenn er sagt, dass Fische nicht an einer Stelle verweilen müssen. Sie wandern. Aber auch Ihr habt recht, dass wir solche Fische noch nie zuvor gesehen haben. Von daher nehme ich an, dass wir ihrem einstigen Lebensraum ein Stück näher sind. Wenn die Vorfahren dieser Tiere aus einem See stammen, der zu dem Wasserwegenetz unterhalb Kelsingras gehörte, dann fahren wir auf jeden Fall in die richtige Richtung. Noch können wir hoffen, fündig zu werden. Allmählich hat mich nämlich die Befürchtung beschlichen, dass wir an Kelsingra vorbeigefahren sind, ohne es zu bemerken.«
Alise war entgeistert. »Daran habe ich ja nicht im Entferntesten gedacht.«
»Tja, in letzter Zeit ging mir das des Öfteren durch den Kopf. Euer Freund Sedric war krank, und Ihr wart so niedergeschlagen, da habe ich mich allmählich schon gefragt, ob es einen Sinn hatte, noch weiterzufahren. Vielleicht war es doch nur eine zweck-und ziellose Expedition. Aber diese Fische sind für mich ein Zeichen, dass wir noch auf dem rechten Weg sind, und deshalb machen wir weiter.«
»Wie lange noch?«
Er zögerte, bevor er antwortete. »Vermutlich bis wir aufgeben«, sagte er.
»Und woran macht sich das fest, ob wir aufgeben?« Das Jucken verwandelte sich in Brennen, und sie beschleunigte ihre Schritte. Ohne eine Bemerkung darüber zu verlieren, passte er sein Tempo an.
»Wenn es offensichtlich hoffnungslos wird«, sagte er leise. »Wenn der Fluss so flach ist, dass nicht einmal mehr Teermann ihn befahren kann. Oder wenn der Regen und der Winter hereinbrechen und das Wasser so tief und reißend fließt, dass man nicht mehr dagegen ankommt. Das habe ich mir anfänglich eingeredet. Um ehrlich zu sein, Alise, hat sich alles ganz anders entwickelt, als ich erwartet hatte. Ursprünglich ging ich davon aus, dass die Drachen jetzt schon tot oder am Sterben wären. Ganz zu schweigen von verletzten, kranken oder davongelaufenen Hütern. Doch nichts dergleichen ist eingetreten. Inzwischen mag ich einige der jungen Leute mehr, als ich zugeben will, und den ein oder anderen Drachen bewundere ich. Zum Beispiel diesen Mercor. Er ist mutig und hat das Herz am rechten Fleck. Er hat Thymara herausgefischt, als ich schon glaubte, sie wäre tot und verloren.« Er kicherte und schüttelte den Kopf. »Aber das Mädchen ist hart im Nehmen. Kein Geflenne, kein Gezeter. Ist einfach aufgestanden und hat alles von sich abprallen lassen. Mit jedem Tag werden sie erwachsener, die Hüter und die Drachen.«
»Und das trifft auf mehr Bereiche zu, als Ihr wahrscheinlich ahnt«, pflichtete sie ihm bei und lockerte den Kragen. »Leftrin, ich laufe zum Kahn. Meine Haut brennt.«
»Was habt Ihr eben gemeint?«, rief er ihr hinterher, doch sie antwortete nicht. Sie rannte davon und hängte den schwerfällig trabenden Leftrin mühelos ab. »Ich schöpfe Euch klares Wasser«, rief er, während sie mit brennender Haut auf Teermann zulief.
Sintara stolzierte am Ufer entlang, weg von dem Fisch, den sie rechtmäßig beansprucht und an Land gezerrt hatte, als die anderen ihn beinahe verloren hätten. Nicht einen Bissen hatte sie davon abbekommen. Und das war allein Thymaras Schuld, weil sie nicht aus dem Weg gegangen war, als die Drachin ins Wasser geeilt war.
Menschen waren auf eine Art und Weise dumm, die Sintara nur schwer ertragen konnte. Was erwartete das Mädchen von ihr? Dass sie Thymara verhätschelte und wie ein geliebtes Schoßtierchen behandelte? Dass sie sich bemühte, jede Lücke in ihrem armseligen Mückenleben auszufüllen? Wenn Thymara sich nach derartiger Gesellschaft sehnte, sollte sie sich gefälligst einen Paarungspartner suchen. Sintara begriff nicht, wieso Menschen so sehr nach intensiver Beziehung verlangten. Reichten ihnen ihre eigenen Gedanken denn nicht? Warum suchten sie immer bei anderen die Befriedigung ihrer Bedürfnisse, anstatt sich um sich selbst zu kümmern?
Thymaras Traurigkeit lag ihr wie das Summen eines Moskitos im Ohr. Seit ihr Blut auf Thymaras Gesicht und Lippen gespritzt war, spürte sie das Mädchen unablässig
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