Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
weiter um sie gekümmert hatte, war Sylves Drache ihr zu Hilfe geeilt. Der Gegensatz zwischen den beiden war zu viel für sie. Deshalb wandte sie sich ab und ging davon.
Alise konnte es kaum mit ansehen, wie sich das Mädchen schleppend entfernte. Thymara schien eine Wolke von Schmerzen zu verströmen. Alise richtete den Blick wieder auf Sintara. Doch bevor sie Worte fand, warf die Drachin den Kopf zurück, wirbelte herum und stapfte mit peitschendem Schwanz davon. Dabei breitete sie die Schwingen aus und schlug einmal heftig mit ihnen, ohne sich darum zu scheren, dass sie die versammelten Menschen und Drachen mit Wasser und Sand bespritzte.
Einer der jüngeren Hüter sprach in das Schweigen. »Kann Heeby das haben, wenn Sintara es nicht frisst? Heeby hat ordentlich Hunger. Nun ja, sie hat ständig Hunger.«
»Können die Drachen das ohne Bedenken fressen? Ich meine, ist es essbar?«, fragte Alise besorgt. »Diese Fische kommen mir sonderbar vor. Ich glaube, wir sollten vorsichtig mit ihnen sein.«
»Das sind Fische vom Großen Blauen See. Ich kenne sie von früher. Den mit dem roten Bauch können Drachen fressen, aber für Menschen ist er giftig. Den Flachfisch kann jeder essen.«
Alise wandte sich zu Mercor um, der sich wieder zu der Menschengruppe gesellte. Er bewegte sich mit gewichtiger Eleganz und Würde. Er war nicht gerade der größte Drache, aber der eindrucksvollste. Alise richtete sich mit lauter Stimme an ihn. »Der Große Blaue See?«
»Ein See, der von mehreren Flüssen gespeist wird, und der Ursprung dessen, was ihr den Regenwildfluss nennt. Er war groß und schwoll in der Regenzeit sogar noch weiter an. Er war reich an Fischen. Die Fische, die ihr eben erlegt habt, hätte man in den Zeiten, an die ich mich erinnere, als klein bezeichnet.« Während er sich in Erinnerungen erging, klang seine Stimme wie aus weiter Ferne. »Die Elderlinge fuhren in Booten mit leuchtend bunten Segeln zum Fischen. Von oben war das ein herrlicher Anblick, der weite blaue See, der von den farbigen Segeln gesprenkelt war. Direkt am See gab es nur wenige dauerhafte Elderlingssiedlungen, denn seine Ufer wurden regelmäßig überschwemmt. Ein paar wohlhabende Elderlinge bauten jedoch Pfahlhäuser oder fuhren im Sommer mit Hausbooten auf den Großen Blauen See.«
»Wie weit war der Große Blaue See von Kelsingra entfernt?« Atemlos wartete sie auf die Antwort.
»Nach dem Flug des Drachen? Nicht weit.« Er klang ein wenig belustigt. »Es war uns ein Leichtes, den weiten See zu überqueren, und dann sind wir nicht den Windungen des Flusses gefolgt, sondern den direkten Weg geflogen. Aber ich glaube nicht, dass wir wegen dieser Fische annehmen dürfen, wir wären dem Großen Blauen See oder Kelsingra nahe. Fische verweilen nicht an einem Ort.« Er hob den Kopf und sah sich um, als wolle er den Tag in Augenschein nehmen. »Und Drachen sollten das auch nicht tun. Der Tag rinnt uns davon. Es ist Zeit, zu essen und aufzubrechen.«
Ohne weitere Umstände stapfte er zu dem Fisch mit dem roten Bauch, neigte den Kopf und nahm ihn unmissverständlich für sich in Anspruch. Einige andere Drachen machten sich über den Flachfisch her. Die kleine rote Heeby war die Erste, die ihre Fänge in die Beute schlug. Die Hüter wichen zurück, um ihnen Platz zu machen. Keiner schien Lust zu haben, sich an der Mahlzeit zu beteiligen.
Als sie sich wieder zerstreuten und zu ihren Schlafstellen und Lagerfeuern zurückkehrten, reichte Leftrin ihr den Arm. Alise ergriff ihn. »Ihr solltet so schnell wie möglich die nassen Kleider ablegen. Heute ist das Flusswasser zwar mild, aber je länger es mit Eurer Haut in Berührung bleibt, desto wahrscheinlicher entfaltet es seine ätzende Wirkung.«
Als hätten seine Worte es ausgelöst, spürte sie plötzlich am Kragen und am Hüftsaum der Hose ein Jucken. »Ich denke, das ist eine gute Idee.«
»Das ist es. Was hat Euch nur geritten, mit Thymara zu fischen?«
Sein belustigter Unterton ärgerte sie ein wenig. »Ich wollte etwas lernen, womit ich mich nützlich machen kann«, sagte sie steif.
»Nützlicher, als wenn Ihr etwas über Drachen in Erfahrung bringt?« Er hatte einen versöhnlichen Tonfall angeschlagen, und das kränkte sie beinahe noch mehr.
»Ich denke, dass meine Erkenntnisse wichtig sind, aber ich weiß nicht, ob sie für die Expedition nützlich sind. Besäße ich eine praktischere Fähigkeit wie zum Beispiel Nahrung zu beschaffen oder …«
»Meint Ihr nicht, dass das Wissen, das Ihr
Weitere Kostenlose Bücher