Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Raine der Wagemutige

Titel: Raine der Wagemutige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
Vom Netzwerk:
brutalen Griff zu befreien, erlahmten, hörten aber nicht ganz auf. Augenblicklich wurde er sich ihres Gesäßes gewahr, das gegen seine Lenden gepresst wurde.
    Er lächelte freudlos über den hitzigen Versuch seines Körpers, sich den Geboten der Vernunft zu widersetzen. Seit dem Augenblick, als sie in diese verfluchte Zelle getreten war, hatte sie ihn verhext. Vielleicht hatten die Jahre, die er im Gefängnis verbracht hatte, seinen Geschmack, was fleischliche Genüsse anging, pervertiert, denn, um der Wahrheit Ehre zu geben, sie erregte ihn mehr als die tausend Fantasien, mit denen er sich in den langen Jahren hatte begnügen müssen.
    „Bitte“, keuchte sie heiser. „Ich bitte Euch, hört mich an!“
    „Nein, Madame“, flüsterte er zurück. „Ihr werdet mir zuhören. Achtet gut auf meine Worte. Ich schwöre, ich werde niemals an diesen Ort zurückkehren. Nicht lebend. Und Ihr seid das Mittel für mich, diesen Schwur zu halten. Jetzt seid Ihr meine Gefangene.“
    Sie stöhnte leise auf und wandte den Kopf mit einer heftigen Bewegung ab, so dass der seidene Schal über seine Lippen glitt. „Bitte . .."
    „Seid ruhig“, knurrte er, während ihn plötzlich eine bittere Erkenntnis überkam.
    Er musste sie umbringen.
    Ohne dass er das tat, wären seine Chancen, sein Vorhaben erfolgreich zu beenden, praktisch nicht vorhanden. Sollte es ihm tatsächlich gelingen, lebend den Gasthof zu verlassen, würde er keine Stunde überdauern, wenn er sie mit sich schleppen müsste. Er hatte keine Zeit, sie zu knebeln und zu fesseln. Jacques konnte jeden Augenblick zurückkehren. Und wenn er sie zurückließ, würde sie sofort einen Schrei ausstoßen. Er sollte sie umbringen: schnell, lautlos und jetzt.
    Aber er brachte es nicht über sich. Sosehr ihn auch sein Überlebenswille drängte, es forderte, er konnte sie einfach nicht töten. Mehr aus Verzweiflung über sich selbst als aus Ärger über sie, festigte sich sein Griff um ihren Hals. Sie begann wieder um sich zu treten, und er hob sie an, drückte sie gegen seine Hüfte, genoss das lang vermisste Gefühl, in seinen Armen den festen und zugleich üppigen Körper einer Frau zu spüren.
    Als Antwort darauf erwachte in ihm der alte „Hol's-der-Teufel„-Sinn für Humor, der einst einer seiner Hauptwesenszüge gewesen war, zu neuem Leben. Der leichtfertige, unbedachte Junge, der ungerettet und vergessen in einem französischen Gefängnis gestorben war, erhob sich von den Toten.
    Nein, er konnte sie nicht umbringen, aber er wollte wenigstens etwas für sich aus dieser Nacht herausschlagen. Er wollte verdammt sein - was er vermutlich ohnehin schon war, aber egal -, wenn er nicht wenigstens das Gesicht der berühmt-berüchtigten Madame Noir sehen würde.
    Er ergriff eine Hand voll von dem dichten, spinnwebfeinen Material. „Madame, Ihr seid entlarvt“, verkündete er triumphierend.
    Damit riss er ihr mit einer geschmeidigen Bewegung den Schleier vom Kopf. Haarnadeln fielen leise klirrend um ihre Füße zu Boden, und ihr Klappern war wie ein Trommelwirbel, der das leise Flüstern des herabsinkenden Seidenschleiers ankündigte. Strähnen, ihres Haltes beraubt, weich und schwer wie feinste Damaszenerseide, ergossen sich in schimmernden Wellen über seine bloßen Arme.
    Rotgold. Wie antikes Gold, gesund, kräftig und verschwenderisch in seiner Pracht.
    Sprachlos vor Verblüffung nahm Raine eine Hand voll der seidigen Masse und zog ihren Kopf daran nach hinten.
    Zarte Haut. Sahnig und unvorstellbar weich. Blaue Augen, ein tiefes Dunkelblau. Beinahe Indigofarben. Furchtsam aufgerissen. Sie war jung. Sehr jung.
    Zu jung.
    „Madame“, sagte er leise und zog seinen Unterarm ein Stück von ihrem Hals fort, „wer, zum Teufel, seid Ihr?“

4. KAPITEL
    Das Mädchen - denn gewiss war sie nicht mehr als das -entwand sich seinem gelockerten Griff, wobei Raines Überraschung das Entkommen der jungen Frau begünstigte. Sie fuhr herum, um ihn anzuschauen, und noch mehr ihrer Haare lösten sich aus ihrer Frisur, fielen ihr auf die Schultern und verfingen sich in den winzigen schwarzen Knöpfen, die das Oberteil ihres Kleides zierten; die dunkle Seide bildete einen atemberaubenden Hintergrund für die glänzenden goldenen Strähnen.
    Schwarz waren auch ihre Augenbrauen. Oder fast schwarz, so dass der Unterschied kaum erwähnenswert war. Der Kontrast zwischen ihnen und dem rotgoldenen Haar war Aufsehen erregend. Gerade, schmal und streng trafen sie sich fast über der Nasenwurzel.

Weitere Kostenlose Bücher