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Raine der Wagemutige

Titel: Raine der Wagemutige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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weibisch. Und dabei hatte er sogar erwogen, Tunbridge die Besitzurkunde für sein Familienschloss zurückzugeben. Jetzt erkannte er, dass der Kerl ein solches Geschenk gar nicht verdiente.
    „Lasst sie“, sagte Carr. „Es hat schon mindestens ein halbes Dutzend Mal Gerüchte von Georges Ableben gegeben in genauso vielen Jahren. Wer wird mir Vorwürfe machen, weil ich dem Dienstbotenklatsch kein Gehör geschenkt habe?“ „Ihr habt, wie immer, jede Möglichkeit berücksichtigt“, bemerkte Tunbridge voller Bewunderung.
    „Ja“, entgegnete Carr schlicht, „das habe ich.“
    „Und bald schon werdet Ihr wieder in London den Ton angeben, mächtig, angesehen, gefürchtet, umworben . . .“ „Ja, ja. Fort mit Euch, Tunbridge, bevor Euch der Speichel ausgeht.“
    Der hagere, bleiche Mann wurde noch blasser. Blutleere weiße Ränder bildeten sich um seinen schmallippigen Mund.
    „Nun? Was wollt Ihr noch?“
    „Ihr habt Euer Ziel erreicht, ohne dass Ihr einen anderen bedrohen, erpressen oder sonst irgendwie nötigen musstet. “ „Ja“, sagte Carr und wunderte sich ein wenig über das Gefühl von Unzufriedenheit, das ihn beschlich. „Und?“ „Ihr bedürft meiner nicht länger.“
    „Ich habe Eurer nie bedurft, Tunbridge. Ich habe Euch lediglich nützlich gefunden.“ Carr lächelte. „Das tue ich immer noch. “
    Die Hitze war drückend und der Lärm ohrenbetäubend. Das Schauspiel, das mehr als dreihundert Menschen boten, die sich darin zu übertreffen suchten, der Klügste, Ausgelassenste und am prächtigsten Gewandete zu sein, schmerzte die Augen und raubte einem den Atem. Carr hatte den heutigen Ball zum letzten Maskenball auf Wanton's Blush erklärt, und da sich das Gerücht verbreitet hatte, dass der Earl plane, Wanton's Blush zu verlassen und nach London zurückzukehren, waren seine Gäste wild entschlossen, den Ball zu einem erinnerungswürdigen Ereignis zu machen.
    In bizarre Kostüme gehüllt, das Haar zu kunstvollen Frisuren aufgetürmt oder mit ausgefallenen Perücken auf dem Kopf bewegten sie sich mit gemessener Förmlichkeit, die durch die Lüsternheit, die allgemein die Züge der Anwesenden verzerrte, Lügen gestraft wurde; ihre Kleider waren von den überreichen Verzierungen aus Edelsteinen, Brillanten und Strasssteinen ganz steif. Wie groteske, riesige Igel in juwelenbesetzter Rüstung bewegten sie sich stetig im Kreis durch die Räume, sich in sinnlosem Geschwätz ergehend, während sie einander mit den Augen auszogen.
    Und, um der Wahrheit Ehre zu geben, gab es da nicht viel auszuziehen. Unter dem Gewicht von Perlen, Kristall und schwerem Goldbesatz schleiften die Röcke der Damen über den Boden. Die Röcke der Herren knirschten bei der kleinsten Bewegung, wenn sich die Edelsteine aneinander rieben. Doch andere Körperteile waren entblößt - sowohl bei den Damen als auch bei den Herren - und stellten gesalbte und parfümierte Haut zur Schau. Jede Menge Haut.
    Es war kein sonderlich großes Wagnis. Denn wer würde schon sagen können, wer sich hinter Prosperos schwarzem Seidendomino oder der federbesetzten Maske der Schwanenkönigin verbarg? Und wenn die Antwort auch „viele“ lautete, so würden das nur wenige zugeben. Schließlich war Anonymität - und sei es auch nur scheinbare
    - die Daseinsberechtigung des Maskenballs. Heute Nacht würde niemand wissen, wer mit wem flirtete, tanzte oder schäkerte.
    Mit Ausnahme von Carr. Er kannte die Identität eines jeden Gastes. Später würde er dafür sorgen, dass es alle wussten. Im Augenblick jedoch kümmerte es ihn wenig, wer wen begrabschte. Nur einer Frau allein galt sein Interesse. Seiner kleinen Schottin.
    Er hatte sie vor ein paar Minuten entdeckt. Er war immer noch erstaunt von ihrem Wagemut, auch wenn Miss Donne zu den wenigen heute Abend anwesenden Damen gehörte, die davon Abstand genommen hatten, wenigstens teilweise ihren Busen zu entblößen.
    Sie hatte einen anderen Weg gefunden, selbst den übersättigtsten Geschmack noch zu reizen.
    Sie trug ein arisaid, den traditionellen Plaid-Schal der Highland-Schottinnen, der seit 1746 durch Gesetz vom Parlament verboten war. Oder genauer gesagt, hatten sie das Plaid angelegt. Da konnte nur Janets widerspenstiges Wesen am Werke gewesen sein.
    Das lange, rechteckige Stück grob gewebter Seide bedeckte ihr schwarzes Haar und hing über dem lose geschnittenen Kleid, das sie trug. Kein ausgesprochen modisches Gewand, da es vor ungefähr zwanzig Jahren in Mode gewesen war, aber es stand ihr

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