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Raine der Wagemutige

Titel: Raine der Wagemutige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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erwachte in ihm, verdrängte die andere. War sie am Ende krank? Der Gedanke quälte ihn, bis er schließlich, ganz spät letzte Nacht, zu ihrem Zimmer gegangen war. Sie war nicht da, und eine Frage an ein vorübereilendes Dienstmädchen brachte ihm die Antwort, dass sie im Zimmer ihrer Anstandsdame schliefe.
    Den ganzen Tag hatte er nach ihr Ausschau gehalten, gehofft, einen Blick auf sie zu erhaschen. Jetzt war es später Nachmittag. Wenn er nicht mit ihr sprach und herausfand, ob sie wirklich erkrankt war, und wenn ja, woran und wie schwer, dann würde er verrückt werden. Er wurde verrückt. Warten war ihm noch nie leicht gefallen.
    Ohne weiter nachzudenken, ging er zu dem Zimmer, in dem er schlief, und nahm seinen Rock von dem Tisch, auf den er ihn geworfen hatte. Er streifte ihn sich über und eilte durch den leeren Flur zur Turmtür. Von dort aus folgte er der Wendeltreppe bis in das Hauptstockwerk hinab und öffnete die Tür, die in den Nordflügel führte.
    Es waren nur wenige Leute in dem großen Salon. Eine Gruppe alternder roues spielte Hazard an einem mit grünem Filz bespannten Tisch, während ein einzelner Lakai an der Weinkaraffe, die neben ihnen auf dem Boden stand, Wache hielt. Eine Frau stand umringt von einer wahren Phalanx von Herren am großen bleigefassten Fenster und blickte auf die Terrasse unter sich herab. Sie drehte sich um und erblickte ihn.
    Es war seine Schwester Fia. Er wünschte sich, er hätte sie als Kind besser gekannt. Aber Carr hatte seine kleine Prinzessin immer außer Reichweite ihrer Brüder gehalten, und wenn sie sie einmal gesehen hatten, dann hatte sie nicht mit ihnen gesprochen, sondern sie immer nur mit demselben nachdenklichen Ausdruck beobachtet, den sie nun zeigte. Oder war ihr Ausdruck in Wirklichkeit wehmütig gewesen?
    Eine schwache Falte bildete sich um ihren Mund; sie schaute nach draußen und kam dann zu ihm. Die Männer an ihrer Seite begannen ihr zu folgen, doch sie gebot ihnen, stehen zu bleiben. Raine ließ sie nicht aus den Augen, während sie auf ihn zukam.
    „Ah, Mister . . .?“ Sie wartete. Er betrachtete sie gelassen. „Mr. Geheimnisvoll.“ Sie lächelte. „Aber nicht mehr Miss Donnes geheimnisvoller Mister, was?“
    „Ich verstehe nicht, was Ihr damit meint“, entgegnete er. „Wisst Ihr, wo Miss Donne ist?“
    „Oh, ja. Das weiß ich in der Tat“, sagte sie und ließ den Fächer mit dem perlenbesetzten Griff aufschnappen, der an ihrem Handgelenk hing. „Aber zuerst, seid Ihr denn gar nicht neugierig, warum ich sage, dass Ihr nicht länger Miss Donnes geheimnisvoller. . . nun, was auch immer seid?“ „Nicht sonderlich. Ich verabscheue Wortspiele.“
    „Oh, ja. Ich entsinne mich.“ Bei seinem verwunderten Blick vertieften sich die Grübchen in ihren Wangen. „Von unserem früheren Zusammentreffen. Die Sache ist nur die, Sir, ich dagegen liebe Spiele. Ich finde, sie schärfen den Verstand.“
    „Lady Fia, ich bin sicher, Eure Meisterschaft in diesen Spielen ist unübertroffen. Wenn Ihr mich jetzt bitte . . .“ „Ihr seid nicht länger Miss Donnes ,Was-auch-immer“‘, unterbrach ihn Fia, beugte sich vor und hob ihren Fächer, um zu verbergen, was sie nun sagen wollte, „weil sie nun selbst das ,Was-auch-immer‘ eines anderen ist. Von jemandem, der es in keiner Weise schätzen würde, sollte er herausfinden, dass jemand ihm zuvorgekommen ist.“ Ihr Lächeln war lieblich und völlig unschuldig.
    Er starrte sie wie gebannt an. „Wer?“
    „Das ist das Erstaunlichste an allem. Wenn ich es nicht selbst gehört hätte, wie er praktisch um sie angehalten hat, hätte ich es nicht geglaubt!“
    „Wer?“ fragte er scharf.
    „Nun, mein Vater.“ Plötzlich wurde ihr Tonfall flach. „Lord Carr.“
    Nein. Das konnte sie nicht tun. Das konnte er nicht. Nein! Das Wort überschlug sich in seinem Kopf, beherrschte seinen Verstand, seine Gedanken, sein Herz. Sein ganzes Wesen leugnete es. Nein! Nein! Nein!
    „Ein faszinierendes Geschöpf, diese Miss Donne“, fuhr Fia fort. „Denn genau in diesem Augenblick genießt sie die
    Gesellschaft eines Viertels Gin, entweder um ihre bevorstehende Verlobung zu feiern . . . oder um ihr Selbstmitleid zu ertränken.“
    „Wo ist sie?“
    „Sie ist dort unten, auf der Terrasse . . .“, er eilte so rasch fort, dass es völlig sinnlos war, ihm weiter die Richtung zu weisen. Das spröde Lächeln um Fias Lippen erstarb, „ . . . mein Bruder. “
    „Du kannst heute Abend schon einmal anfangen, eine Truhe mit

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