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Raine der Wagemutige

Titel: Raine der Wagemutige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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sich in Thomas Donnes leer stehendem Herrenhaus niedergelassen. Wenige Wochen darauf hatte Muira Lord Carr einen Brief, der scheinbar von Thomas Donne geschrieben worden war, zukommen lassen, in dem er sie als seine Tante Mrs. Dougal vorstellte, die Anstandsdame seiner jüngeren Schwester Favor.
    Wie von Muira vorausgesagt, hatte Carr der Versuchung nicht widerstehen können, eine reiche, schlecht behütete junge Erbin seiner Gästeliste hinzuzufügen. Eine Einladung war augenblicklich überbracht worden, und ein paar Tage später war Muira hinter Favor die Stufen zu Wanton's Blush emporgestiegen, ständig ihr Taschentuch an die Augen führend und immer wieder mit ersterbender Stimme „Ach, du meine Güte“ hauchend. Seitdem waren sie immer wieder zu Besuch auf Wanton's Blush gewesen.
    Muiras gütiges Lächeln erlosch. „In einem Punkt hast du allerdings Recht. Die Zeit wird knapp. Du musst es schaffen, mit Carr heute Nacht allein zu sein. Doch das wird nicht geschehen, wenn er dich stets an meiner Seite sieht.
    Hölle und Verdammnis über ihn, ich glaube fast, er hat genug Verstand, deinen Bruder zu fürchten. Er will es nicht riskieren, dass ich ihm berichten könnte, er habe sich in seinem Betragen dir gegenüber irgendetwas zu Schulden kommen lassen.“ Diese Vorstellung gefiel ihr, und sie musste kichern.
    „Ich werde gleich hinuntergehen“, bemerkte Muira nachdenklich, „ich werde ein ganz kleines bisschen trinken, und dabei ein ganz kleines bisschen auffällig sein. Du kommst dann in einer Stunde nach. Zu dem Zeitpunkt wird es so aussehen, als sei ich eingeschlafen. Du wirst Carr alleine treffen können, ohne dass er sich um etwaige Folgen sorgen muss.“
    Sie stand auf, streifte sich ihre Handschuhe über und nahm einen Fächer. Sie trat zur Tür und blieb kurz stehen. „Es muss heute sein. ,Pala‘ hat Carr weisgemacht, dass seine tote Ehefrau zu ihm zurückkehren will. Ich habe seinen Gesichtsausdruck gesehen. Er brennt darauf, sie zu sehen.“ Muira schüttelte verwundert den Kopf. „Obwohl er sie von den Klippen gestoßen hat, verzehrt er sich nach ihr. Er glaubt allen Ernstes, dass er sie liebt. Und dass sie ihn liebt.“ Sie stieß ein kurzes, wehmütiges Lachen aus. „Unser Plan ist vollkommen. Wenn er sie erst einmal wieder gefunden hat, wird er sie nicht mehr gehen lassen.“
    Ihre Miene wurde unnachgiebig. „Dann erst und nur dann wirst du deine Schuld abgetragen haben. Nachdem er dich geheiratet hat und McClairen's Isle wieder den McClairen gehört.“
    Eine Stunde später erhob sich Favor McClairen von ihrem Platz, auf dem sie gesessen und gewartet hatte, seit Muira gegangen war. Sie glättete ihre weinroten Taftröcke sorgfältig, zupfte die drei Reihen schwarzer Spitze an ihrem Ärmel zurecht und verließ ihr Schlafzimmer.
    Ihr Gesicht verriet keinerlei Gefühle - und in der Tat gab es da auch nichts zu verraten. Sie fühlte sich wie einer der Zuschauer, die aus den oberen Rängen ein Schauspiel auf der Bühne unter ihnen verfolgten.
    Sie würde Carr davon überzeugen, dass sie seine verstorbene Ehefrau war, die von den Toten auferstanden war. Sie würde Carr heiraten. Dann würde sie verschwinden und nach Frankreich zurückkehren, wo er nie wagen würde, nach ihr zu suchen. Und dort würde sie warten, wie lange auch immer es dauern würde, bis Carr starb. Nach seinem Tod würde die Burg wieder den McClairen gehören. Denn dies hier war Schottland, wo eine Ehefrau den Besitz ihres verstorbenen Ehemannes erbte.
    Und wenn zwischen Ersterem und Letzterem irgendetwas (der Vollzug der Ehe) geschah (oder erzwungen wurde), das ihr unangenehm ( zuwider ) wäre, so wäre sie doch schließlich und endlich in der Lage, „bezahlt“ unter die Schuld zu schreiben . . .
    Aus dem Augenwinkel sah sie flüchtig eine schwarzhaarige Erscheinung auftauchen und wieder verschwinden. Erschreckt fuhr Favor herum, um sich das Wesen näher anzuschauen, nur um zu erkennen, dass sie an einem Wandspiegel vorübergegangen war und ihr eigenes Spiegelbild gesehen hatte.
    Sie betrachtete starr das Geschöpf, das ihr entgegenblickte - mehr als blass, geisterhaft weiße Haut, leere schwarze Augen, so seelenlos wie die eines Selkie.
    Der Spiegel zeigte ihr hohe Wangenknochen, einen schlanken Hals und dünne, zart geschwungene Augenbrauen. Das war alles nur Illusion, das Werk eines Künstlers im Betonen und Verbergen, im Vertuschen und Hervorheben. Puder mit einem Hauch schillernden Bleis hatte ihr zu dem weißen Teint

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