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Raine der Wagemutige

Titel: Raine der Wagemutige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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immer noch, was er mit ihr anfangen würde, sollte sich herausstellen, dass sie tatsächlich Janet war. Er konnte das Mädchen kaum heiraten. Was, wenn er es täte, und sie erlitte einen echten Unfall? Er konnte
    ihr anbieten, sie zu seiner Mätresse zu machen, aber Janet hatte, schließlich und endlich, was solche Angelegenheiten anbetraf, recht prüde Ansichten gehabt. Sie würde ihm nicht erlauben, sie anzufassen, bis sie nicht ihre Schwüre getauscht hatten. Und außerdem, wie er schon bemerkt hatte, ertrug das Mädchen es kaum, ihn anzufassen.
    Darin täuschte er sich nicht. Er hatte schon viele Frauen verführt. Und doch hatte sie den ganzen Abend versucht, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Wie sollte man das begründen, außer mit Palas Erklärung, dass sie von Janets Geist gelenkt wurde.
    Er hatte seine Zweifel gehabt nach dem Zwischenfall mit dem Schal, aber sie hatte ihn so hartnäckig verfolgt, war so nachdrücklich, oder besser gesagt, verzweifelt, dass er begonnen hatte, Pala zu glauben. Schließlich wusste Favor Donne ja nicht, dass in ihrem Körper noch ein Geist wohnte.
    So hatte er nachgegeben, und jetzt waren sie hier, standen vor einem von Tizians Werken. Er hatte einen großen Teil seines Vermögens in Kunstgegenstände, Gemälde, Juwelen und alte Handschriften investiert.
    „Ich mag die Farbe Blau. Besonders Pfauenblau“, sagte Favor mit einem Seitenblick auf ihn. Sie hat dunkle Augen, fiel ihm auf, mit geweiteten Pupillen - fast schwarz. Wie ihr Haar. Reizend, doch irgendwie merkwürdig.
    „Eine hübsche Farbe“, räumte er unverbindlich ein.
    Während ihres Rundganges hier oben machte sie immer wieder solche beiläufigen Bemerkungen. Sie mochte Austern. Sie fand Geigenmusik wundervoll. Sie verkündete, dass sie Jonathan Swift und Henry Fielding gelesen hatte, und erwartete von ihm ganz offensichtlich, dass er sich entsetzt zeigte. Er teilte ihr mit, dass er niemals las, da er Lesen ermüdend fand. Eindeutig verwirrt, verfiel sie in längeres Schweigen, das sie nur unterbrach, um gelegentlich zusammenhanglose Kommentare abzugeben.
    Sie konnte doch unmöglich nur so wenig - oder so nichtigen - Gesprächsstoff haben. Zuvor noch hatte er zufällig mit angehört, wie sie sich unbeschwert und sogar ziemlich geistreich mit Tunbridge unterhalten hatte. Vielleicht war i das, was er hier erlebte, Janets unsichtbarer Einfluss, und dieses ab und zu an die Oberfläche drängende Geplapper war die Folge davon, dass sie besessen war.
    Sie standen ein paar Minuten vor Tizians Meisterwerk, bevor er sich zu langweilen begann. „Sollen wir weitergehen?“
    Er führte sie an einem bedauerlich trübsinnigen flämischen Gemälde vorbei zu einem Bild, das er ehrlich genoss, eine Landschaftsdarstellung von beinahe realistischer Genauigkeit von Poussin, das den Titel Dionysos vor den Toren der Stadt trug. Das Thema aus der griechischen Mythologie sagte ihm nicht weniger zu als die Reinheit der Komposition. Er hatte schon immer die griechische Architektur bewundert und, bis zu einem gewissen Grade, auch die Griechen. Natürlich nicht so sehr wie die Römer.
    „Schön“, murmelte Favor.
    „Nicht nur einfach schön, sondern auch ganz exakt“, belehrte er sie. „Seht Ihr diese Gebäude im Hintergrund? Alle Bauwerke sind an ihrer richtigen Stelle in Athen gezeigt.“
    „Wirklich? Ich lese kein Griechisch. Oder Latein. Ein wenig Französisch. Ganz wenig Deutsch.“
    Carr hörte sie beinahe gar nicht. Er hätte einen feinen griechischen Aristokraten abgegeben. Oder vielleicht auch einen griechischen Philosophen. Oder einen griechischen Politiker. Er hätte Reden gehalten . . . genau dort.
    „Seht Ihr, meine Liebe? Da ist die Akropolis und da der Parthenon.“
    Ihre Erwiderung war fast lautlos, kaum zu hören. Er wandte sich um, sein Blick geschärft. Ihr Gesichtsausdruck war irgendwie entrückt und zugleich zärtlich. Um ihren Mund spielte ein Lächeln, und ihre Augen blickten weich.
    „Was habt Ihr gesagt“, fragte er und neigte den Kopf zu ihr, um sicherzugehen, dass er sie richtig verstanden hatte. „ Was habt Ihr eben gesagt?“
    „Part de Non“, murmelte sie versonnen, als erinnere sie sich an etwas Närrisches, Süßes.
    Ihm stockte der Atem; in seiner Brust setzte ein schmerzhaftes Hämmern ein. Er hatte es nicht wirklich geglaubt. Nicht wirklich. Nicht bis zu diesem Augenblick.
    Janet war zurückgekehrt.
    „Ich wünsche Euch einen guten Abend, Miss Donne.“
    „Lord Carr.“ Sie lächelte, betrat ihr

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