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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Ritter zwei Türen weiter. Ihm fiel ein, dass er keine Fahrkarte hatte, aber es war zu spät, sich noch eine zu besorgen. Sollten sie ihn doch auf dem nächsten Bahnsteig erschießen und in den Tunnel werfen. Es würde eh niemand merken. Selbst Kathrin würde frühestens in sechs Monaten mal versuchen, ihn anzurufen. Und dann nur sauer sein, dass er nicht ranging.
    Sie verließen die U-Bahn an der Haltestelle Warschauer Straße . Das Mädchen ging die Treppe nach oben, wandte sich, wie fast alle anderen auch, nach rechts, überquerte den Helsingforser Platz und bog in eine Nebenstraße ein. Ohne sich umzudrehen, ging sie etwa hundert Meter, bis sie in einer Kneipe verschwand.
    Ritter blieb stehen. Unter seinem Businesshemd spürte er sein Herz schlagen. Er ging eine Weile auf und ab und dachte nach. Das Mädchen kam nicht wieder heraus. Warum auch? Sie saß da drin mit Freunden und erzählte ihnen, wie sie heute wieder soundsoviel Leuten gefälschte Fahrscheine verkauft hatte und lud alle zu einer Runde nach der nächsten ein, um auf die Blödheit der Auswärtigen zu trinken.
    Zwei Frauen kamen die Straße herunter und betraten ebenfalls die Kneipe. Bevor die Tür wieder zufiel, war auch Ritter drin.
    Das Mädchen stand am Zapfhahn. Sie hatte ihre Lederjacke ausgezogen und trug ein T-Shirt der Band The Vaccines . Ein junger Mann bediente an den Tischen, die alle besetzt waren. Ritter setzte sich auf einen Hocker ganz am Rand des Tresens. Er beobachtete das Mädchen, wie es mehrere große Biere hintereinander wegzapfte. Auch er bestellte eins. Sie ließ sich nicht anmerken, ob sie ihn erkannte. Erst als sie ihm das fertige Bier hinstellte, blieb sie bei ihm stehen und sagte: »Und?«
    Ritter nahm einen Schluck und antwortete: »Ich bin kontrolliert worden.«
    »Kann passieren.« Sie musterte ihn. »Der Anzug ist dir zu groß.«
    »Heute Morgen hat er noch gepasst.«
    »Heute Morgen warst du auch noch nicht straffällig.«
    »Ich werde ein erhöhtes Beförderungsentgelt zahlen müssen.«
    »Manchmal hängen sie den Leuten auch ein Betrugsverfahren an.«
    »Aha.«
    »Das wird aber niedergeschlagen, wenn man glaubhaft beschreibt, wie es wirklich gewesen ist.«
    »Da bin ich aber beruhigt.«
    »Das Bier geht auf mich. Ich bin Alex.«
    »Ritter«, sagte Ritter. Er sah keinen Grund, ihr seinen Vornamen zu nennen.
    Alex ging an den Zapfhahn zurück und arbeitete weiter. Sie nahm Bestellungen auf und füllte Gläser, reichte durch eine Öffnung Zettel in die Küche und nahm Speisen entgegen, wenn der Koch auf eine Klingel drückte.
    Um drei Uhr morgens hatte sie Feierabend und nahm Ritter mit zu sich nach Hause. Das Taxi bezahlte Alex – was ja auch das Mindeste war, fand Ritter.
    Sie wohnte in der Nähe des Hotels, in dem Ritter die letzten beiden Nächte verbracht hatte und wo in einem Safe gut abgeschlossen sein altes Leben aufbewahrt wurde. Die Wohnung bestand aus nur einem Raum. Da war eine Küchenzeile mit Herd, Waschmaschine und einer unförmigen Duschkabine. Unter einem der Dachflächenfenster stand ein Bett mit einem Messingrahmen, der Küchenzeile gegenüber ein alter Schrank mit einem Spiegel in der Tür. In der Mitte ein Tisch mit zwei unterschiedlichen Stühlen. Unter dem anderen Fenster ein Sofa mit einem bunten Überwurf, und auf dem Boden davor ein winziger Fernseher. Eine Gitarre lehnte links an dem Sofa. In einem Regal fanden sich ein Plattenspieler und einige Platten. Auch ein CD -Spieler war da. Die meisten CD s, die danebenlagen, waren selbst gebrannt. Sie setzten sich an den Tisch und tranken Flaschenbier.
    »Ich frage mich«, sagte Ritter, »wieso man so große Mühe darauf verwendet, einen Fahrschein zu fälschen, für den man gerade mal fünf Euro bekommt. Da kann man doch gleich arbeiten gehen!«
    Alex nickte. »Guter Punkt! Ich mache das auch nicht selber, das macht ein Bekannter. Die Menge macht’s, verstehst du? Industrielle Massenproduktion. Senkt die Kosten, erhöht den Gewinn. Dabei sind die Dinger gar nicht mal gut gemacht. Man muss schon fremd hier sein, oder ein totaler Vollidiot, um nicht zu erkennen, dass das kein richtiger Fahrschein sein kann.«
    »Ich denke mal, ich bin beides.«
    »Wenn ich ehrlich bin, geht es nur darum, einem Freund einen Gefallen zu tun. Es gefällt ihm, wenn ich ihm sage, dass seine Fahrkarten so gut sind, dass die Leute reihenweise darauf hereinfallen.«
    Nach dem Bier zog Alex sich die Hose aus, legte sich ins Bett und schlief gleich ein. Ritter setzte sich auf

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