Rambo
er eine Vorstellung davon, wie es dort aussah. Wie am oberen Ende eines Wasserfalls. Wenn der Sturm sich verstärkte, würden sie alle über die Felskante in die Tiefe geschwemmt werden. Und Orval würde der erste sein.
Er packte Orval an den Beinen. »Shingleton! Helfen Sie mir!« schrie er, den Mund voll Wasser.
Ein Donnerschlag übertönte fast seinen Schrei.
»Packen Sie ihn an den Armen, Shingleton! Wir hauen ab!« Die Temperatur war rapide gefallen. Der kalte Regen klatschte ihm auf den nackten Rücken, und er erinnerte sich an Geschichten von Männern, die in den Bergen von Sturmfluten in den Abgrund gespült worden und an den Felsen zerschmettert waren.
»Wir müssen hier weg!«
»Aber der Junge!« rief jemand.
»Der kann uns jetzt nicht sehen. Der kann überhaupt nichts sehen.«
»Aber vielleicht lauert er uns oben auf.«
»Der Kerl kann uns jetzt egal sein. Wir müssen von dieser Klippe runter, bevor der Sturm noch schlimmer wird! Sonst werden wir alle weggespült!«
Es blitzte wieder hell auf. Was er sah, erschreckte ihn. Beim Aufleuchten des Blitzes sahen die Gesichter seiner Männer aus wie Totenschädel. Dann waren sie wieder weg, und der Donner erinnerte ihn an einschlagende Mörsergranaten.
»Hier bin ich!« schrie Shingleton und packte Orval an den Armen. »Ich hab’ ihn. Los!«
Sie zerrten ihn aus dem Wasser und liefen auf den Abhang zu. Der Regen prasselte jetzt mit doppelter Stärke nieder. Er kam von der Seite, und das Wasser floß in Strömen an ihnen herab. Teasle rutschte aus, fiel auf die Schulter und ließ Orval in den reißenden Strom fallen. Mit aller Kraft versuchte er, Orvals Kopf über Wasser zu halten, rutschte gleich darauf wieder aus und geriet selbst mit dem Kopf unter Wasser.
Unbedacht holte er Atem. Das Wasser strömte ihm in Nase und Mund, so daß er fast erstickte. Hustend und wild um sich schlagend kam er wieder hoch. Irgend jemand packte ihn. Shingleton zog ihn hoch.
»Nein. Orval. Holt Orval!«
Er war nicht zu finden.
»Er wird über die Klippe gespült werden!«
»Hier!« schrie einer. Teasle schüttelte sich das Wasser aus den Augen, um zu sehen, wer es war. »Orval! Ich habe ihn!«
Das Wasser reichte Teasle bis an die Knie. Er watete mühsam zu der Stelle hinüber, wo der Mann Orvals Kopf über Wasser hielt. Es war Ward. »Die Strömung hatte ihn schon erwischt«, sagte er und versuchte Orval nach oben zu ziehen, auf die Anhöhe zu. »Er trieb schon ab, auf die Klippe zu. Zufällig stieß er an mich.«
Dann kam Shingleton, und gemeinsam zogen sie Orval aus dem Wasser und stolperten mit ihm auf die Anhöhe zu. Jetzt begriff Teasle, warum das Wasser so schnell stieg. Sie befanden sich in einer Mulde, in die sich die höher gelegenen Bergströme ergossen.
»Wir müssen weiter am Hügel entlang«, sagte Teasle. »Wir müssen einen leichteren Weg nach oben finden.«
Der Wind drehte sich, und der Regen peitschte ihnen jetzt von links ins Gesicht. Wie ein Mann drehten sie sich nach rechts, um mit dem Wind im Rücken leichter vorwärts zu kommen. Aber wo waren die übrigen Männer, fragte sich Teasle. Waren sie schon beim Aufstieg? Oder waren sie immer noch unten am Felsrand? Warum, zum Teufel, halfen sie ihm nicht, Orval zu tragen?
Das Wasser reichte ihm bereits über die Knie. Er zog Orval höher, und sie stolperten weiter. Und dann drehte sich der Wind wieder. Er schob sie nicht länger in die Richtung, die sie einhielten, sondern kam jetzt von vorn, so daß sie sich gegen die Gewalt des Windes und des Regens stemmen mußten. Shingleton hatte die Arme unter Orvals Schultern gelegt, Teasle hielt die Beine. Ward stützte ihn unter dem Rücken, und so rutschten und stolperten sie vorwärts, bis sie schließlich an eine Stelle kamen, wo der Aufstieg leichter zu sein schien. Auch hier ergoß sich eine Flut den Abhang hinunter, aber nicht so stark wie hinten in der Mulde, und es gab ein paar Felsblöcke, an denen man sich festhalten konnte. Wenn ich nur bis oben hinauf sehen könnte, dachte Teasle, damit ich sicher bin, daß man sich auch an den Felsen dort festklammern kann.
Sie begannen den Aufstieg. Shingleton übernahm die Führung. Er kletterte in gebückter Haltung rückwärts und hielt Orval bei den Schultern. Bei jedem Schritt stützte er sich mit dem Fuß an einem Felsblock ab, stemmte sich hoch und sah sich nach dem nächsten Felsblock um, der ihm Halt bieten würde. Teasle und Ward kamen nach und hatten das meiste von Orvals Gewicht zu tragen. Sie
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