Rambo
überließen es Shingleton, den Weg nach oben zu finden. Hier am Abhang war die Strömung stärker und umspülte reißend ihre Beine.
Aber wo waren die anderen? Warum, zum Teufel, halfen sie ihnen nicht? Der Regen stach Teasle eiskalt in den Rücken. Blindlings hob er Orval in die Höhe, während Shingleton ihn, rückwärts gehend, den Abhang hinaufzog. Teasles Armgelenke schmerzten, und seine Muskeln spannten sich unter Orvals Gewicht. Es dauerte zu lange. Er spürte, daß sie ihn nicht mehr lange tragen konnten. Aber sie mußten nach oben kommen. Plötzlich rutschte Ward aus und fiel hin, und Teasle hätte Orval fast losgelassen. Orval krampfhaft festhaltend stürzten sie alle zu Boden, und die Strömung schwemmte sie ein paar Meter zurück.
Jetzt hatten sie ihn wieder fest im Griff und kletterten weiter. Aber sie kamen nicht weit. Shingleton schrie plötzlich auf und stürzte. Er fiel über Orval hinweg und Teasle mit voller Wucht auf die Brust. Sie verloren das Gleichgewicht und stürzten den Hang hinunter. Teasles Griff hatte sich gelöst, und einen Augenblick später lag er am Fuße des Abhangs flach auf dem Rücken. Das Wasser flutete über ihn hinweg und heruntergeschwemmte Felsbrocken prallten schmerzhaft an ihm ab.
»Es ist nicht meine Schuld!« schrie Shingleton. »Der Stein ist unter mir weggerutscht!«
»Orval! Die Strömung hat ihn erwischt!«
Teasle watete auf den Felsrand zu. Er wischte sich mit dem Arm über die Augen, um in dem strömenden Regen etwas sehen zu können. Noch näher durfte er nicht an die Klippe heran. Die Strömung dort war zu stark. Großer Gott, er mußte Orval festhalten.
Langsam tastete er sich weiter, vor. Es blitzte. Und dann sah er ihn. In dem grellen Licht sah er ganz deutlich, wie Orval über die Klippe gespült wurde. Gleich darauf war es wieder dunkel, und Teasle drehte sich der Magen um. Die heißen Tränen auf seinem Gesicht vermischten sich mit den kalten Regentropfen, und er schrie, bis es ihm die Kehle zuschnürte: »Diese gottverdammten Bastarde! Ich bringe sie alle dafür um, daß sie mir nicht geholfen haben!«
Shingleton tauchte neben ihm auf. »Orval! Können Sie ihn sehen?«
Teasle drängte sich an ihm vorbei. Er erreichte den Abhang. »Ich bringe sie alle um!«
Er packte einen Felsvorsprung, zog sich daran hoch, setzte den Fuß auf einen Felsblock und schob sich weiter, krallte sich fest und arbeitete sich gegen die Strömung nach oben vor. Mit einemmal war er oben angelangt und rannte, bis er zu dem Wald kam. Der Lärm dort war ohrenbetäubend. Die Bäume bogen sich im Wind, und der Regen ergoß sich kreischend durch die Äste. Direkt vor ihm schlug der Blitz in einen Baum ein und fällte ihn wie mit der Axt.
Der Baum krachte vor ihm zu Boden. Er sprang darüber und lief weiter.
»Chef!« rief jemand. »Hier rüber, Chef!«
Das Gesicht konnte er nicht erkennen. Er sah nur eine Gestalt, die unter einem Baum hockte.
»Hier, Chef!« Der Mann schwenkte die Arme. Teasle rannte auf ihn zu und packte ihn vorne am Hemd. Es war Mitch.
»Was machen Sie denn?« fragte Mitch. »Was ist denn los mit Ihnen?«
»Er ist über die Klippe gespült worden«, sagte Teasle. Er ballte die Faust und schlug sie Mitch mit aller Kraft in die Zähne. Er prallte mit dem Hinterkopf gegen den Baumstamm und fiel in den Schlamm.
»Mein Gott«, sagte Mitch. Er schüttelte den Kopf. Gleich darauf noch mal. Dann stöhnte er auf und hielt sich den blutenden Mund. »Jesus Maria, was ist denn los mit Ihnen?« sagte er. »Lester und die anderen sind alle weggerannt. Ich bin hiergeblieben, um Ihnen zu helfen.«
11
Rambo war ganz sicher: Teasle mußte den Wald schon erreicht haben. Der Sturm dauerte schon so lange an und war so heftig, daß sie auf der ungeschützten Klippe nicht durchhalten konnten. Der Regen hatte ihnen genug Deckung gegeben, um Rambo am Schießen zu hindern, und sie hatten wahrscheinlich die Gelegenheit benutzt, um den Abhang hinauf und in den Wald zu kommen. Das machte aber nichts. Er hatte schon oft im Regen Menschen gejagt und wußte genau, wie man das machte.
Er trat aus den Büschen am Waldrand und lief durch den Regen auf den Fuß der Klippe zu. Im Schutz des Sturmes hätte er sich auch tief in den Wald absetzen und entkommen können. Nach den Wolken zu urteilen, würde es Stunden dauern, bis sich das Wetter so weit aufgeklärt hatte, daß Teasle an Verfolgung denken konnte. Bis dahin würde er so weit weg sein, daß es Teasle niemals gelingen würde, ihn
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