Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rambo

Rambo

Titel: Rambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
Vom Netzwerk:
Linie eines Vierecks. Im Süden beschrieb die Straße eine halbkreisförmige Kurve und schloß zu beiden Seiten an die anderen Straßen an, die nach oben führten. Teasles Fernmeldefahrzeug war am tiefsten Punkt des Halbkreises geparkt. Es war die Stelle, wo ihn der Polizist gefunden hatte. Da anzunehmen war, daß sich der Junge hier in der Nähe befand, war es der Ausgangspunkt der Suche nach ihm.
    Der Funker blickte Teasle an. »Ein Hubschrauber ist im Anflug. Ich kann nicht verstehen, was er sagt. Zu undeutlich.«
    »Unsere beiden sind gerade erst abgeflogen. Von denen kommt keiner jetzt schon zurück.«
    »Vielleicht ein Motorschaden.«
    »Oder er gehört überhaupt nicht zu uns. Vielleicht wieder Zeitungsleute, die Aufnahmen machen. Wenn das Reporter sind, will ich nicht, daß sie hier landen.«
    Der Funker rief nochmals den Hubschrauber an und forderte ihn auf, sich zu identifizieren. Er erhielt keine Antwort. Teasle vernahm jetzt das Knattern der Luftschrauben aus nächster Nähe, erhob sich schwerfällig von seiner Bank und humpelte bis zur hinteren Öffnung des LKW. Direkt neben dem Auto befand sich der umgepflügte Acker, über den er heute früh gekrochen war. Es war stockfinster, aber dann schaltete der Hubschrauber den Scheinwerfer ein, und in dem grellen Licht zeichneten sich die Ackerfurchen deutlich ab. Es war der gleiche Scheinwerfer, wie ihn die Kameraleute für ihre Aufnahmen benutzt hatten.
    »Sie schweben über dem Acker«, sagte er zu dem Funker. »Probieren Sie noch mal, Verbindung mit ihnen aufzunehmen.
    Sie sollen keinesfalls landen.«
    Aber der Hubschrauber hatte bereits aufgesetzt. Der Motorenlärm verstummte; die Luftschrauben zischten noch ein paarmal, bevor sie zum Stillstand kamen. Die Pilotenkanzel war erleuchtet, und Teasle sah einen Mann aussteigen. Er kam auf den LKW zu, und an seiner aufrechten Haltung und seinem ausgreifenden, geschmeidigen Gang merkte Teasle sofort – auch ohne seine Kleidung erkennen zu können, daß dies kein Reporter war. Auch kein Beamter der Staatspolizei, der wegen Motorschaden seinen Flug abgebrochen hatte. Das war der Mann, den er zu sich gebeten hatte.
    Langsam und unter beträchtlichen Schmerzen stieg er von der Plattform des LKW und humpelte an den Straßenrand. Der Mann hatte eben den Stacheldrahtzaun erreicht, der die Grenze des Ackers markierte.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte der Mann. »Ich bin schon die ganze Gegend abgeflogen, um jemand bestimmten zu finden. Vielleicht befindet er sich hier. Wilfred Teasle.«
    »Ich bin Teasle.«
    »Na also. Ich heiße Sam Trautman. Ich bin wegen meines Jungen gekommen.«
    Drei LKWs mit Einsatztruppen fuhren gerade vorbei. Im Licht der Scheinwerfer sah Teasle, daß Trautman Uniform trug. Dienstgradabzeichen eines Hauptmanns, im Gürtel das sorgfältig gefaltete Grüne Beret.
    »Ist das ihr Junge?«
    »Na ja, nicht wörtlich. Ich habe ihn nicht persönlich ausgebildet. Das haben meine Leute getan. Aber ich habe die Männer ausgebildet, die ihn ausgebildet haben, also ist er in gewissem Sinne mein Junge. Hat er inzwischen noch mehr angestellt? Er soll dreizehn Männer getötet haben.« Er sprach deutlich und präzise, ohne Nachdruck, aber trotzdem erkannte Teasle gewisse Nuancen in seiner Stimme, wie er sie nur zu oft gehört hatte. Von Vätern, nachts auf der Polizeiwache, schockiert, enttäuscht, peinlich berührt davon, daß ihre Kinder etwas ausgefressen hatten.
    Aber das war nicht das gleiche. Nicht so einfach. In Trautmans Stimme verbarg sich etwas – etwas so Unsinniges, daß er es auf Anhieb nicht erkannte. Er war völlig verblüfft, als ihm klar wurde, was es war.
    »Sie sagen das fast so, als ob Sie stolz auf ihn wären.«
    »Tatsächlich? Tut mir leid. Das war nicht meine Absicht. Es ist nur – er war der beste Schüler, den wir je ausgebildet haben, und wenn er sich im Kampf nicht gut gehalten hätte, wäre das ein Zeichen dafür, daß wir bei der Ausbildung etwas verkehrt gemacht haben.«
    Mit den gleichen knappen und zurückhaltenden Bewegungen, mit denen er aus dem Hubschrauber gestiegen war, kletterte er jetzt über den Zaun in den Graben. Teasle fiel auf, wie tadellos seine Uniform saß. Nirgends eine Falte oder eine ausgebeulte Stelle. Er hatte kurzes schwarzes Haar, nach hinten gekämmt, ein schmales Gesicht und ein spitzes Kinn. Teasle erinnerte sich, wie Orval manchmal die Menschen mit gewissen Tierarten verglichen hatte. Dies hier war ein Wiesel. Oder ein Luchs. Ein flinkes Raubtier.

Weitere Kostenlose Bücher