Rambo
Er war solchen Männern in Korea begegnet: Berufsoffiziere, Profikiller, Männer, die mit dem Tod absolut vertraut waren, und sie hatten ihn immer abgestoßen. Vielleicht hätte ich ihn nicht herbitten sollen, dachte er. Vielleicht war es ein Fehler.
Aber von Orval hatte er gelernt, einen Mann nach seinem Handschlag zu beurteilen, und als Trautman mit drei schnellen Schritten aus dem Graben herauskam, war sein Händedruck nicht so, wie Teasle erwartet hatte. Statt hart und arrogant war er eigenartig sanft und gleichzeitig fest. Irgendwie angenehm.
Vielleicht war dieser Trautman trotz allem in Ordnung.
»Ich hatte Sie nicht so früh erwartet«, sagte Teasle. »Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind. Wir brauchen jedes bißchen Hilfe.«
Es kam ihm zu Bewußtsein, daß er Orval vor zwei Tagen mit fast den gleichen Worten begrüßt hatte.
Aber nun war Orval tot.
»Sie werden auch jede Hilfe brauchen können«, sagte Trautman. »Offen gesagt, ich wollte schon kommen, bevor Sie mich anriefen. Er gehört zwar nicht mehr zur Armee, und das hier ist eine rein zivile Angelegenheit, aber trotzdem fühle ich mich irgendwie verantwortlich. Nur eines – ich beabsichtige nicht, an einer Art Schlachtfest teilzunehmen. Ich helfe Ihnen nur dann, wenn man ordentlich und anständig vorgeht. Nur wenn geplant ist, ihn gefangenzunehmen und ihn nicht einfach abzuknallen, ohne ihm eine Chance zu geben. Auch so besteht die Möglichkeit, daß er erschossen wird, aber das darf nicht der Zweck des Unternehmens sein. Verstehen wir uns in diesem Punkt?«
»Ja«, erwiderte Teasle. Und er sprach die Wahrheit. Er wollte keinesfalls, daß man den Jungen oben in den Bergen erledigte, ohne daß er dabei war. Er wollte, daß man ihn hierher brachte, um selbst bei allem dabei zu sein, was man mit dem Kerl machte.
»Also gut«, sagte Trautman. »Obgleich ich nicht sicher bin, daß meine Hilfe Ihnen viel nützen wird. Meiner Schätzung nach werden Ihre Leute gar nicht nahe genug an ihn herankommen, um ihn überhaupt zu Gesicht zu kriegen, geschweige denn, ihn einzufangen. Er ist viel schlauer und härter, als Sie glauben. Wie kommt es überhaupt, daß er Sie nicht auch erwischt hat? Es ist mir schleierhaft, wie Sie ihm entkommen konnten.«
Da war sie wieder, diese Mischung aus Stolz und Enttäuschung. »Jetzt hört es sich an, als ob es Ihnen leid tut, daß ich entkommen bin.«
»In gewissem Sinne stimmt das auch, aber das brauchen Sie nicht persönlich aufzufassen. Genaugenommen hätte ihm dieser Fehler nicht unterlaufen dürfen. Nicht bei dieser Ausbildung. Wenn Sie ein feindlicher Soldat gewesen wären, den er entkommen ließ, hätte das sehr ernste Folgen haben können, und ich will herausfinden, wie das passieren konnte, damit meine Leute davon lernen können. Erzählen Sie mir doch mal, was jetzt geplant ist. Wie ist es Ihnen gelungen, die Einsatztruppen der Reserve so schnell zu mobilisieren?«
»Die hatten für dieses Wochenende Manöver geplant. Die Ausrüstung lag bereit, und sie brauchten ihre Männer nur ein paar Tage früher einzuberufen.«
»Aber das hier ist doch eine zivile Kommandostelle. Wo ist das militärische Hauptquartier?«
»Etwas weiter unten an der Straße. Aber die Offiziere haben uns die Befehlsgewalt überlassen. Sie wollen ihre Leute beim Einsatz beobachten, so wie sie es bei den Kriegsspielen getan hätten.«
»Kriegsspielen«, sagte Trautman. »Mein Gott, alle spielen sie herum. Wieso sind Sie sich eigentlich so sicher, daß der Junge noch in der Umgebung ist?«
»Weil alle Zufahrtstraßen gesperrt sind, seit wir die Verfolgung aufgenommen haben. Er kann unmöglich aus den Bergen fliehen, ohne gesehen zu werden. Und wenn, hätte ich es gefühlt.«
»Wie bitte?«
»Ich kann das nicht erklären. Eine Art sechster Sinn, den ich entwickelt habe, seit mir das alles passiert ist. Aber das ist unwichtig. Er sitzt immer noch da oben in den Bergen. Morgen früh setze ich so viele Leute auf ihn an, wie da oben Bäume stehen.«
»Was natürlich nicht durchführbar ist. Darum ist er immer noch im Vorteil. Er ist ein perfekt ausgebildeter Guerillakämpfer. Er kennt alle Tricks, wie man in unwirtlichem Gelände überlebt und Nahrung findet, und ist nicht, wie Ihre Leute, auf Nachschub und Verpflegung angewiesen. Er hat gelernt, Geduld zu haben und kann sich, wenn es nötig ist, ein ganzes Jahr dort oben verstecken. Er ist allein und schwer aufzuspüren. Er hat keinen, der ihm Befehle erteilt und muß seine Aktionen mit
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