Rambo
Jahre.«
»Darum haben Sie auch noch nie davon gehört. Wenn Sie bei der Marineinfanterie gewesen wären, würden Sie jede kleinste Einzelheit kennen und sogar damit prahlen. Am >Choisin Reservoir< fand eine der berühmtesten Schlachten des Korea-Krieges statt. Eigentlich war es ein Rückzug, der aber wie ein Angriff durchgeführt wurde und den Feind siebenunddreißigtausend Mann kostete. Teasle war mitten drin und verdiente sich das Kriegsverdienstkreuz. Was ich gerne gewußt hätte«, sagte er zu Teasle, »wußte Rambo, daß Sie an dieser Schlacht teilgenommen hatten?«
Teasle zuckte mit den Schultern. »Die Urkunde und der Orden hängen bei mir im Büro an der Wand. Wenn das überhaupt für ihn von Bedeutung war.«
»Das war es ganz bestimmt. Es hat Ihnen das Leben gerettet.«
»Ich verstehe nicht, wieso. Nachdem er Shingleton erschossen hatte, bin ich wie eine aufgescheuchte Ratte davongelaufen.« Es tat ihm wohl, es offen auszusprechen. Niemand sollte hinter seinem Rücken etwas verächtlich über ihn sprechen können.
»Natürlich haben Sie den Kopf verloren und sind davongelaufen«, sagte Trautman. »Sie sind seit Jahren nicht mehr im Einsatz gewesen. Wer wäre an Ihrer Stelle nicht davongelaufen? Aber das hatte Rambo nicht von Ihnen erwartet. Er ist ein Profi und mußte annehmen, daß jemand mit einem Tapferkeitsorden ebenfalls ein Profi ist. Gewiß – nicht mehr ganz in Form und nicht so gut wie er, aber immerhin ein Profi. Und von dieser Annahme ausgehend, beurteilte er die Lage. Haben Sie jemals ein Schachspiel zwischen einem Amateur und einem Profi beobachtet? Der Amateur gewinnt mehr Figuren. Der Profi ist es gewöhnt, mit Leuten zu spielen, die bei jedem Zug einem logischen Gedankengang folgen, während der Amateur keinem bestimmten Plan folgt und nur versucht, so viele Figuren zu nehmen, wie er kann. Der Profi ist dadurch verwirrt, daß er versucht, einen nicht vorhandenen Plan zu erkennen, so daß er Gefahr läuft zu verlieren. In Ihrem Fall waren Sie auf der Flucht vor Rambo, der von Ihnen erwartete, das zu tun, was er selbst an Ihrer Stelle getan hätte. Er hatte erwartet, daß Sie ihm eine Falle stellen, ihn in einen Hinterhalt locken würden. Und das hielt ihn auf, bis er begriff, daß Sie nichts dergleichen im Sinne hatten. Und dann war es zu spät.«
Der Funker setzte die Kopfhörer auf, um eine Meldung entgegenzunehmen. Teasle sah, wie er mit verkniffenen Lippen auf den Fußboden starrte.
»Was ist los? Was ist passiert?« fragte er.
»Unser Mann mit dem Kopfschuß. Er ist gestorben.«
Natürlich, dachte Teasle. Ich habe es ja gewußt, verdammt noch mal.
Na also. Warum bringt es dich dann so aus der Fassung?
Das ist es ja. Ich habe es gewußt. Und wie viele noch?
»Gott sei mit ihm«, sagte Teasle. »Ich weiß, daß keine andere Möglichkeit besteht, als all die Männer einzusetzen. Aber mein sehnlichster Wunsch wäre es, die Sache mit dem Jungen ganz alleine auszutragen.«
Der Funker streifte die Kopfhörer ab, erhob sich und sagte nüchtern: »Wir hatten abwechselnd Schichtdienst, aber wir haben uns manchmal unterhalten. Wenn Sie nichts dagegen haben, gehe ich mal ein bißchen raus.«
Geistesabwesend kletterte er von der Wagenplattform auf die Straße, blieb dort einen Moment stehen und erklärte dann: »Ich werde mal nachsehen, ob der Verpflegungswagen noch unten an der Ecke steht. Vielleicht bekomme ich noch etwas Kaffee und ein paar Krapfen. Oder irgendwas.« Er zögerte noch einen Augenblick und verschwand dann in der Dunkelheit.
»Wenn Sie und der Junge allein wären«, sagte Trautman, »würde er wissen, wie er es diesmal anstellen müßte. Direkte Verfolgung in gerader Linie. Er würde Sie ganz bestimmt umlegen.«
»Nein. Weil ich jetzt nicht mehr davonlaufen würde. Da oben hatte ich Angst vor ihm. Aber jetzt nicht mehr.«
»Aber Sie sollten Angst vor ihm haben.«
»Nein. Ich habe etwas von Ihnen gelernt. Nimm es mit keinem auf, bevor du ihn nicht genau kennst. Das haben Sie gesagt. Nun gut. Ich weiß jetzt über ihn Bescheid und kann es mit ihm aufnehmen.«
»Das ist ganz einfach dumm. Ich habe Ihnen kaum etwas über Rambo erzählt. Irgendein Modepsychiater würde wahrscheinlich eine Theorie ausspinnen, nach der alles daher kommt, daß seine Mutter in jungen Jahren an Krebs starb, sein Vater Alkoholiker war, der mit dem Messer auf ihn losging, und er von zu Hause weglief, nachdem er seinen Alten mit Pfeil und Bogen angeschossen und ihn fast umgebracht hatte. Eine
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