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Rampensau

Titel: Rampensau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Blum
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wenn er sich draußen im Wald verirren würde.«
    »Ich werde darüber nachdenken«, erwiderte Kim, aber eigentlich wollte sie sich von dem Wollschwein gar nicht ablenken lassen. Der Beutel, den Carlo in der Nacht aus dem Wagen mitgenommen hatte, befand sich immer noch auf dem Heuboden im Stall. Und was war mit dem toten Schwan? Wer hatte ihnen das Tier auf den Pfosten gelegt? Vielleicht hatte Lunke in der Nacht etwas beobachtet.
    »Ich könnte ihn mir aber auch sofort vorknöpfen«, rief Brunst und beobachtete argwöhnisch, wie Hans-Hubert sich abermals an dem Kohl gütlich tat. »Wir werden alle verhungern, wenn diese Missgeburt bei uns bleibt.«
    »Wollschweine sollen ein sehr freundliches Wesen haben«, warf Doktor Pik ein. »Habe ich mal gehört«, fügte er beinahe entschuldigend hinzu.
    »Wer’s glaubt!«, grunzte Brunst.
    Mit einem breiten Lächeln hoppelte Hans-Hubert wieder auf sie zu. »Köstlich, euer Willkommensmahl!«, erklärte er. »Aber später sollten wir alle zusammen fressen. In Gesellschaft macht Fressen viel mehr Spaß. Und was machen wir jetzt? Habt ihr eine Idee? Wie wäre es, wenn jeder reihum eine Geschichte erzählt?« Auffordernd blickte er in die Runde.
    »Au ja!«, rief Cecile, sofort begeistert. »Geschichtenerzählen – das wäre toll!«
    Che wandte sich ab. »Solidarität«, grummelte er vor sich hin. »Muss man mit so einer Missgeburt solidarisch sein?« Dann trabte er zu dem letzten der fünf Apfelbäume auf der Wiese und legte sich in den Schatten.
    »Hier ist meine Geschichte«, knurrte Brunst. »Kam ein falsches Schwein zu einem richtigen Schwein auf die Wiese, sagte das richtige Schwein: ›Diese Wiese ist zu klein für uns beide.‹« Abrupt verstummte er, und ein hartes, unfreundliches Schweigen breitete sich aus.
    »Und dann?«, fragte Hans-Hubert in die Stille hinein und schüttelte sein fusseliges Fell. »War das schon die ganze Geschichte?«
    »Ja, klar«, grunzte Brunst und trabte ebenfalls davon.
    »Hab ich nicht verstanden«, bemerkte das Wollschwein und schaute Kim fragend an, dann drehte es sich um. »Aber danke«, rief es Brunst nach, »danke für die erste Geschichte, werde nachher mal darüber nachdenken, was sie zu bedeuten hat.« Er lächelte. »Fühle mich gleich schon besser. Hab erst geglaubt, ihr könntet was gegen mich haben.«
    Kim verdrehte unwillkürlich die Augen. Konnte man wirklich so dumm und arglos sein?
    »Vielleicht solltest du dich erst mal mit der Wiese vertraut machen«, sagte sie, um einen neutralen Tonfall bemüht. »Cecile, würdest du Hans-Hubert ein wenig herumführen? Zeige ihm die einzelnen Apfelbäume, und erläutere ihm, wer am liebsten unter welchem liegt, damit er niemandem in die Quere kommt, und dann gehst du mit ihm zum Stall und erklärst ihm dort alles.«
    Cecile richtete sich zu ihrer vollen Minigröße auf. »Mache ich gerne«, entgegnete sie stolz, und während die beiden sich langsam entfernten, hörte Kim, wie das Wollschwein sagte: »Kannst mich gerne Bertie nennen – so hat mich meine liebe Mutter früher immer gerufen.«
    Doktor Pik nickte Kim zu, als wolle er sagen: Gut gemacht. Dann trottete er hinter Cecile her, um sie nicht aus den Augen zu lassen.
    Kim schaute sich um. Edy stieg auf sein Fahrrad. Er hatte seine Arbeit erledigt und würde ins Dorf zurückzufahren. Er hatte immer noch seine Knöpfe im Ohr und bewegte sich zum Takt der hässlichen Geräusche. Dörthe und Carlo waren ins Atelier hinübergegangen. Carlo lief hinter den großen Fenstern hin und her. Er hatte eine Menge weißer Papiere in der Hand und gestikulierte heftig.
    »Bornstein ist ein Schwein«, rief er und schaute Dörthe an. »Wir werden ihn entlarven – als schmierigen Hochstapler, als zwielichtigen Gauner, als einen liebesunfähigen hirnschwindsüchtigen Onanisten, der die Leute betrügt, benutzt, übers Ohr haut …«
    Kim grunzte unwillig. Beleidigungen dieser Art gefielen ihr ganz und gar nicht – und außerdem, was hatten Schweine mit Hochstaplern und Gaunern zu tun?
    »In der ersten Szene sitzt Bornstein auf einem riesigen Lederstuhl hinter seinem Schreibtisch, er raucht eine Zigarre, mimt den großen Verleger, vor sich das Telefon, der Schreibtisch vollkommen leer. Er wartet auf Pape – Pape ist der Maler, der ihn auf ein Ölgemälde bannen soll, für die Nachwelt sozusagen. Und dann kommst du, Dörthe. Du spielst sein Gewissen und erscheinst ihm wie in einem Traum.«
    Während Carlo die ganze Zeit hin und her gelaufen war,

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