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Rampensau

Titel: Rampensau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Blum
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Hoffnungen mehr zu machen brauchen.«
    »Sag deinen blöden Bachen, was du willst.« Kim bemühte sich aufzustehen. Ihr Herz raste noch immer, und ihr Maul war ganz trocken. Sie brauchte unbedingt einen Schluck Wasser. Am besten ging sie zu den anderen zurück und dachte nach. Michelfelder hatte doch gesagt, dass er Dörthe liebte, nicht wahr? Nein, Liebe sah anders aus, auch unter Menschen. Hatten die beiden Männer das Feuer gelegt, um die anderen abzulenken und Dörthe entführen zu können?
    Kim schüttelte sich, dann trottete sie zurück. Lunke redete unentwegt auf sie ein. Er habe eine wunderbare Ecke mit Farnen entdeckt, und die Eicheln seien auch endlich reif, damit werde der Wald zum richtigen Paradies. Außerdem kenne er eine Stelle, wo sie absolut ungestört seien, da komme niemand aus seiner Rotte hin, nicht einmal seine Mutter.
    »Sei endlich still!«, raunzte Kim ihm irgendwann zu, als ihr sein Geplapper zu viel wurde.
    Kurz vor dem Hof sah sie den Schal auf dem Boden, ein hellrotes Stück Stoff, das Dörthe gehört hatte. Sie schnüffelte daran, und der Geruch erinnerte sie an eine fröhlich lächelnde Dörthe, die ihr mit ihren starken Händen Futter in die Wiese warf. Ihr sank das Herz. Es war ganz allein ihre Schuld, wenn von Dörthe nichts mehr zurückbleiben würde als dieses kleine nutzlose Stück Tuch.
    Eine Sirene zerriss plötzlich die Nacht, und ein roter Wagen raste heulend und mit einem blauen Licht die Straße zum Hof hinunter, doch nicht einmal dieser Lärm konnte Kim noch erschrecken.

18
    Kim würde nie wieder ein Wort sagen – mit niemandem mehr reden. Mit einem kurzen, traurigen Blick verabschiedete sie sich von Lunke und schlich dann in den Stall. Das Feuer auf dem Hof war mittlerweile gelöscht, doch noch immer hallten aufgeregte Rufe durch die Nacht. Männer mit dunklen Helmen rannten umher. Einer rief: »Ein Wahnsinn – hier einen Ballon mit einer Gasflasche zu lagern!« Ob die Menschen Dörthe vermissten? Wahrscheinlich schon, aber Carlo und Swara hätte sie vermutlich nichts erklären können, und auch Edy achtete nicht richtig auf sie, während er den Schlauch zusammenrollte.
    Mit Dörthes Schal in der Schnauze suchte sie sich eine einsame Ecke im Stall. Nur Doktor Pik blickte kurz auf, als sie hereinkam.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er, doch sie antwortete gar nicht.
    Sie hatte versagt – anders konnte man es nicht bezeichnen. Sie hatte den einzigen Menschen, der sich wirklich um sie kümmerte, verraten.
    »Was war das für ein Feuer?«, fragte Doktor Pik.
    Er hatte den Tumult draußen also doch mitbekommen. Sie zuckte mit den Achseln und wandte sich ab. Den Schal legte sie neben sich. Lunke hatte versucht, sie aufzuheitern, aber sein Gerede hatte sie noch wütender gemacht. Er verstand einfach gar nichts. Dörthe hatte sie vor dem Schlachthaus gerettet, deshalb fühlte sie sich irgendwie verantwortlich. Warum nur hatten die Männer sie weggebracht? Und wohin bloß?
    Doktor Pik hatte sich erhoben und kam in dem dunklen Stall zu ihr herübergeschlurft. Als er an Brunst vorbeischritt, begann der plötzlich zu schmatzen und zu wimmern, als hätte er einen üblen Traum. Auch Cecile quiekte auf einmal leise. Nur Che atmete tief vor sich hin.
    »Gab es Ärger mit Lunke?«, fragte Doktor Pik mit sanfter Stimme. Er ließ sich neben ihr nieder und schmiegte sich beinahe an sie. »Ist er aufdringlich geworden, dieser wilde Schwarze?«
    Kim schüttelte den Kopf, und dann brach es doch aus ihr heraus, und sie erzählte von dem schwebenden Bertie und dem Auftrag, den er ihr erteilt hatte, und davon, was während des Feuers mit Dörthe geschehen war.
    Doktor Pik sagte eine Weile nichts. Kim konnte jedoch in der Dunkelheit ahnen, dass er nicht wieder eingeschlafen war, sondern nachdenklich vor sich hin starrte.
    »Du bist klug«, erklärte er schließlich mit Flüsterstimme, »aber manchmal irrst auch du dich. Gleichgültig, was Bertie dir im Traum gesagt hat – du hast nicht versagt. Dörthe ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Wir wissen nicht genau, was auf dem Hof vorgeht, aber wir wissen, dass mit diesem Carlo irgendetwas nicht stimmt. Doch sie hat ihn in ihr Haus geholt.«
    In der Stille, die eintrat, als Doktor Pik wieder schwieg, hallten seine Worte nach. Ja, er hatte recht: Dörthe hatte Carlo ins Haus gelassen, um irgendwelche merkwürdigen Dinge mit ihm zu machen, und dann war er in der Nacht zu dem Auto mit dem Toten gegangen und hatte etwas gestohlen und

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