Rampensau
getötet hat!«, rief der Mann.
Carlo lächelte matt. Es schien ihn zu beruhigen, dass er nun ein Gegenüber hatte.
»Du musst noch weiter schieben.« Kim stieß Lunke an. Er war von dem Geschehen so gebannt, dass er reglos nach draußen starrte.
Der unförmige Mann trat vor den Kastenwagen, verharrte dort einen Moment und schritt dann weiter, so dass er Kim sein bärtiges Profil präsentierte. Er steckte sich eine Zigarette an und blies den Rauch des ersten Zuges zu Carlo hinüber – abfällig und überlegen.
Kim hatte den Mann schon mehrmals gesehen – zum ersten Mal in der Zeitung, die Cecile angeschleppt hatte, als sie lesen lernen wollten, dann nachts mit Michelfelder im Wald. Er hatte übel nach Parfüm gestunken, was er nun eigenartigerweise nicht tat.
»Wir wollen wissen, wer Sven getötet hat!«, wiederholte der Mann.
Carlo schüttelte den Kopf. »Bornstein«, sagte er. »Es ist alles ein Missverständnis – wir sollten wie vernünftige Menschen miteinander reden. Ich habe den Toten im Wald gesehen, dann den toten Schwan und das komische Fusselschwein. Das wart ihr, nicht wahr? Den Schwan und das Schwein habt ihr uns hingelegt?«
Der Mann nahm einen weiteren Zug. »Wir reden hier nur über den blonden Sven.«
Carlo drehte sich zu dem Jeep um und deutete auf die Bilder. »Hier ist mein Einsatz, und außerdem habe ich noch etwas … wird dich freuen, Bornstein.« Nervös griff er in seine Jackentasche.
Kim beobachtete, wie der dicke Mann zusammenzuckte und seine rechte Hand in seinem Anzug nach einer Waffe tastete.
»Ich würde auch auf mein Stück verzichten – schweren Herzens. Hab sechs Monate daran gearbeitet.« Carlo brachte ein Bündel weißer Papiere zum Vorschein. »Dörthe muss zurückkehren – wenn nicht, habe ich spätestens heute Mittag die Polizei am Hals.«
Bornstein lachte spöttisch und schnippte seine Zigarette nach den Papieren. »May, deine Schmierereien interessieren mich nicht mehr. Die ganze Welt weiß, dass du ein Scheißkerl bist. Hast du ja jetzt wieder mal bewiesen. Beklaust ohne jeden Skrupel einen Toten. Was ist eigentlich mit dem Heroin? War der Stoff noch im Auto?«
Empörung malte sich auf Carlos Gesicht ab. Er riss den Mund zu einer heftigen Erwiderung auf, doch dann steckte er lediglich die Papiere in seine Jacke zurück. »Bornstein«, sagte er nach einem Moment des Zögerns, »mit eurem Heroin will ich nichts zu tun haben. Wusste gar nicht, dass du auch als Dealer Geld verdienst.«
Der dicke Mann lachte wieder, doch nun klang es humorlos und gefährlich.
»Gleich gibt es Ärger«, flüsterte Kim vor sich hin. Dafür hatte sie einen untrüglichen Sinn.
»May«, erklärte Bornstein, »du bist ein Idiot, wenn du glaubst, dass ich auf den Deal eingehe. Was soll ich mit diesen Klecksereien anfangen? Mir in die gute Stube hängen, wo jeder sie sieht? Nein, so blöd bin ich nicht. Ich gebe dir vierundzwanzig Stunden, um das Geld aufzutreiben – oder den Stoff, das ist mir egal. Und jetzt kannst du die hübsche rothaarige Lady mitnehmen. Wir verstehen uns hoffentlich, auch ohne dass wir sie weiter bei uns beherbergen müssen.« Er drehte sich um und gab den anderen, die noch im Auto saßen, einen herrischen Wink.
Die Fahrertür und die linke hintere Tür wurden sogleich geöffnet. Michelfelder und Mats stiegen aus. Michelfelder war blass und schwitzte in seinem schwarzen Anzug. Man sah ihm an, wie unwohl er sich fühlte. Mats hatte ein ernstes, verschlossenes Gesicht. Er wirkte übernächtigt.
Sie nickten Bornstein zu, der sie allerdings gar nicht beachtete, weil er Carlo im Blick behielt, und gingen zur hinteren Klappe des Wagens.
Plötzlich erstarrte Michelfelder mitten in der Bewegung – er stierte vor sich hin, die Augen genau auf Kim gerichtet. Sie zuckte zurück und stieß auch Lunke an, es ihr gleichzutun.
Hatte er sie entdeckt? Er kniff die Augen zusammen, blinzelte.
»Was ist?«, fragte Mats ihn unfreundlich.
»Bringen wir es endlich hinter uns«, antwortete Michelfelder und schüttelte den Kopf.
Sie öffneten die Klappe und beugten sich in den Wagen.
Neugierig machte Kim wieder einen Schritt vor. Die beiden Männer luden etwas aus – einen chromglänzenden Stuhl mit zwei großen Rädern. An Michelfelders Stirn traten die Adern hervor, so sehr musste er sich anstrengen. Auch Mats schnaufte, doch offenbar eher, weil ihm das alles nicht behagte.
Kim konnte zwischen den Männern einen roten Haarschopf erkennen, dann, als der Rollstuhl
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