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Rampensau

Titel: Rampensau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Blum
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Zuversicht und Furchtlosigkeit ausstrahlen musste. »Unsere Suche ist noch nicht zu Ende!«

23
    Einmal noch dröhnte der Motor auf – irgendwo auf der anderen Seite des langgestreckten Gebäudes, glaubte Kim zu erkennen. Dann trat wieder tiefe unbehagliche Stille ein.
    Lunke rührte sich nicht von der Stelle. Seine Kiefer mahlten, und für einen winzigen Moment erinnerte er an den gefräßigen, missmutigen Brunst.
    »Wir sollten nicht länger warten«, erklärte Kim zaghaft. Sie vermied es, den toten Sven anzusehen. Seine Augen waren von braunen Schatten umgeben, und selbst aus seinem weißen Haar war jedes Leben gewichen. Hatte Bertie ihr nicht gesagt, es sei nicht so schlimm, tot zu sein? Nun, bei Sven wirkte es tieftraurig und irgendwie endgültig.
    Sie entschied sich, nicht über den Weg, den sie gekommen war, nach draußen zu gehen, sondern schlich vorsichtig durch die zweite Tür ins Innere des Gebäudes. Leise kratzten ihre Zehen über den Steinboden.
    »Ich habe Angst um dich«, rief Lunke ihr nach. »Du solltest das nicht tun. Wenn dir etwas zustößt, dann …«
    »Was dann?« Kim blickte sich um.
    »Dann werde ich nie wieder glücklich sein«, flüsterte Lunke. »Ich glaube, du bist mein Glück.«
    Fast erschreckten sie diese Worte mehr als der Anblick des toten Sven vorhin. Lunke sprach von ihr – und von seinem Glück! Am liebsten wäre sie zu ihm hingerannt, hätte ihren Rüssel an seinem gerieben, aber dann dachte sie daran, warum sie hier waren. Sie hatte sich geschworen, Dörthe und ihr Kind zu retten.
    »Lunke, können wir nachher darüber reden? Uns wird nichts passieren – Bertie hat es mir gesagt.«
    »Der verdammte Bertie!« Er schnaubte und verzog den Rüssel, dann reckte er den Kopf vor. »Du redest lieber mit Toten als mit mir, hörst auf sie …« Er schritt an ihr vorbei, lief eilig durch den nächsten Raum, in dem ein weiterer Tisch und ein paar Schränke standen, die ganz von Spinnweben überwuchert waren. Neben den Schränken gähnte eine Öffnung in der Wand. Dunkelheit schien wie Nebel aus diesem Durchlass zu steigen. Kim ahnte, wohin sie da gelangten – in das langgestreckte Gebäude, in dem Dörthes Wagen abgestellt war.
    Lunke verharrte, als er die erste Klaue durch die Öffnung gesetzt hatte. Seine Augen waren auf die Decke gerichtet, die in völlige Dunkelheit gehüllt war.
    »Da oben hängen sie«, sprach er vor sich hin. »Die gierigen, gefährlichen Blutsauger – können jeden Moment zustoßen!«
    Kim nahm nur einen veränderten Geruch wahr, sehen konnte sie keine einzige der fliegenden Mäuse. Einmal nur meinte sie ein leises Zirpen wahrzunehmen, aber vielleicht war es auch eine richtige Maus gewesen, die sie aufgestört hatten.
    Mit eingezogenem Kopf tappte Lunke langsam weiter. Kim schritt ihm nach. Zwei, drei Sonnenstrahlen fielen durch einen Spalt im Dach, sonst waren lediglich zwei winzige Lichtpunkte am anderen Ende des Gebäudes auszumachen.
    Unvermittelt blieb Kim stehen. Ein neuer Geruch war ihr in die Nase gedrungen. Sie wandte den Kopf und meinte schemenhaft an der Wand neben ihr eine Decke wahrzunehmen – und einen zweiten Schuh, der nach Dörthe roch. Sie eilte darauf zu, prallte gegen einen Stuhl, den sie in der Dunkelheit nicht bemerkt hatte, und stieß erneut einen Kaffeebecher um. Flüssigkeit platschte auf den Betonboden.
    »Was tust du da?«, zischte Lunke ärgerlich.
    »Hier«, erwiderte sie aufgeregt und deutete auf die Decke, »an dieser Stelle hat sie gelegen – hierhin haben sie Dörthe gebracht.«
    Die Decke lag auf einer alten, stinkigen Matratze, ein Handtuch hatte Dörthe als weitere Unterlage gedient. Ein Hauch von Schweiß war in das Handtuch gedrungen – und noch etwas anderes, das Kim nicht einordnen konnte. Es roch irgendwie nach Medizin. Ja, Doktor Pik und Cecile hatten einmal nach einer Wurmkur ähnlich widerwärtig gerochen.
    Tief steckte Kim ihren Rüssel in das Tuch. Der Schweißgeruch war noch recht frisch, sehr lange konnte Dörthe noch nicht aufgestanden sein. Also lebte sie vermutlich noch.
    Zu ihrem Schrecken löste sich ein Schatten aus der Schwärze über ihnen und flatterte über sie hinweg.
    Eine fliegende Maus! Im letzten Moment riss Kim den Kopf zurück.
    »Du musst leiser sein!«, knurrte Lunke. »Du weckst die Blutsauger auf!«
    Sie nickte schuldbewusst.
    Dann gingen sie vorsichtig weiter, zum anderen Ende der Halle und auf die Lichtpunkte zu.
    Das Gebäude war ungefähr so lang wie ihre Wiese. Nach dreißig

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