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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Dies war das Zeichen der Kobra mit
dem flammenden Atem, die die sichtbaren und unsichtbaren Widersacher des
Regenten, des künftigen Pharaos Ägyptens, vernichten würde.
    Die kurze Zeremonie war beendet, Jubel stieg auf in
den lichten Himmel über Theben.
     
    FÜNFUNDDREISSIG
     
     
    ameni überprüfte nochmals, was das Protokoll vorschrieb: bei der
Prozession von Karnak nach Luxor würde Ramses zwischen zwei alten Würdenträgern
gehen, er müßte also seine Schritte mäßigen. Langsam und feierlich zu schreiten
dürfte ihn allerdings gewaltige Anstrengung kosten.
    Ramses trat ein und vergaß, die Tür hinter sich zu
schließen. Vom Luftzug gepackt, mußte Ameni sofort niesen.
    »Mach doch die Tür hinter dir zu«, brummelte Ameni.
»Du weißt nicht, was es heißt, krank zu…«
    »Verzeih, Ameni, aber redest du so mit dem Regenten
des Königreichs Ägypten?«
    Erstaunt blickte der junge Schreiber zu seinem Freund
hoch.
    »Was für ein Regent?«
    »Wenn ich nicht geträumt habe, hat mein Vater mich vor
versammeltem Hof zu sich auf den Thron erhoben.«
    »Das soll wohl ein Scherz sein!«
    »Deine geringe Begeisterung tut mir wohl.«
    »Regent, Regent! Was das für eine Arbeit wäre!«
    »Die Liste deiner Aufgabengebiete wird immer länger,
Ameni. Meine erste Entscheidung wird sein, dich zum Sandalenträger zu ernennen.
So kannst du mich nie im Stich lassen und mußt mir nützliche Ratschläge geben.«
    Wie erschlagen ließ der junge Schreiber sich gegen die
Lehne seines niedrigen Stuhls sinken. Mit hängendem Kopf sagte er dann:
    »Sandalenträger und Privatsekretär, welche Gottheit
ist so grausam, daß sie derart herfällt über einen armen Schreiber?«
    »Sieh das Protokoll noch einmal durch, mein Platz ist
nicht mehr in der Mitte des Zuges.«
    »Ich will ihn jetzt sofort sehen!« verlangte Iset, die
Schöne, gereizt.
    »Das ist leider völlig unmöglich«, erwiderte Ameni,
der gerade dabei war, die herrlichen Sandalen aus weißem Leder zu polieren, die
Ramses bei großen Festlichkeiten tragen würde.
    »Weißt du ausnahmsweise wenigstens, wo er sich
aufhält?«
    »Das weiß ich in der Tat.«
    »So rede doch!«
    »Es wird dir aber nicht von Nutzen sein.«
    »Das kann ich besser beurteilen!«
    »Du vergeudest deine Zeit.«
    »Das zu beurteilen steht einem Schreiberling nicht
zu!«
    Ameni setzte die Sandalen auf eine Matte.
    »Schreiberling nennst du den Privatsekretär und
Sandalenträger des Regenten? Du wirst deine Zunge im Zaum halten müssen, meine
Hübsche. Mißachtung ist eine Verhaltensweise, die Ramses ganz und gar nicht
schätzt.«
    Iset, die Schöne, wollte Ameni schon ohrfeigen, gebot
sich aber Einhalt. Der freche Kerl hatte recht. Die Hochachtung, die der Regent
ihm entgegenbrachte, machte aus ihm eine Persönlichkeit, die auch sie nicht
mehr verächtlich behandeln durfte. Widerwillig schlug sie einen anderen Ton an.
    »Darf ich erfahren, wo der Regent sich aufhält?«
    »Wie ich schon sagte, ist er unerreichbar. Der König
hat ihn nach Karnak mitgenommen. Sie werden die Nacht über in Meditation
verharren, bevor sie sich morgen früh an die Spitze der Prozession nach Luxor
setzen.«
    Zutiefst getroffen zog Iset, die Schöne, sich zurück.
Würde Ramses, nun, da ein Wunder geschehen war, ihr entgleiten? Nein, sie
liebte ihn, und er liebte sie. Ihr Instinkt hatte ihr den richtigen Weg
gewiesen, fern von Chenar und in der Nähe des neuen Regenten. Morgen würde sie
die große königliche Gemahlin und Königin von Ägypten sein!
    Plötzlich erschreckte sie diese Aussicht. Tuja fiel
ihr ein mit all ihren Aufgaben und Pflichten, die dieses Amt ihr aufbürdete.
Diesen Ehrgeiz besaß sie, Iset, gar nicht, bei ihr war es Leidenschaft. Sie war
verrückt nach Ramses, dem Mann. Den Regenten begehrte sie nicht.
    Die höchste Macht sollte Ramses zuteil werden. War ein
solches Wunder nicht eher ein Unglück?
    Im fröhlichen Treiben nach der Ernennung von Ramses
hatte Chenar gesehen, wie seine Schwester Dolente und ihr Mann Sary sich mit
Ellbogengewalt vordrängten, um als erste dem neuen Regenten Glück zu wünschen.
Die Anhänger Chenars hatten vor lauter Überraschung ihrem Treuegelöbnis noch
nicht offenkundig Ausdruck verliehen, doch daß sie ihn früher oder später
verraten würden, das war dem älteren Sohn des Königs bewußt.
    Allem Anschein nach war er unterlegen. Man hatte ihn
zur Seite gedrängt mit der Verpflichtung, sich in den Dienst des Regenten zu
stellen. Was konnte er sich von Ramses erhoffen?

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