Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel
Würdenträgern und vor deinem Volk verteidigen, und Jahwes unendliche Macht wird sie überzeugen.»
«Ägypten hat von dir nichts zu befürchten, Moses.»
Wie schön Nefertari war! Während sie die Rituale zur Einweihung einer neuen Kapelle leitete, betrachtete Ramses sie voller Bewunderung.
Sie, deren Stimme Freude spendete und kein unnützes Wort sprach, sie, die den Palast mit ihrem Wohlgeruch und ihrer Anmut erfüllte, sie, die das Gute wie das Böse zu erkennen und voneinander zu trennen wußte, sie war zur glühend verehrten Herrin der Beiden Länder geworden. Mit ihrem sechsreihigen Halskragen aus Gold und einer von zwei hohen Federn überragten Krone schien sie dem Reich der Göttinnen anzugehören, in dem Jugend und Schönheit nie vergingen.
Auch im Blick seiner Mutter Tuja gewahrte Ramses, wie glücklich sie war, weil sie feststellen konnte, daß die Königin, die ihre Nachfolge angetreten hatte, Ägyptens würdig war. Ihre unaufdringliche, aber tatkräftige Hilfe hatte es Nefertari ermöglicht, sich zu entfalten und den richtigen Ton zu finden, der großen Herrscherinnen eigen ist.
Dem Ritual folgte ein Fest zu Ehren Tujas. Jeder Höfling drängte sich danach, die Mutter des Königs zu preisen, die den üblichen Floskeln nur mit halbem Ohr zuhörte. Endlich gelang es auch dem Gesandten Meba, sich Tuja und dem Pharao zu nähern. Mit breitem Lächeln flocht er seine Lobreden auf Sethos’ Witwe.
«Ich erachte deine Arbeit im Amt für die Beziehungen zu den Fremdländern als unzureichend», fiel ihm Ramses ins Wort.
«Während Achas Abwesenheit hättest du mehr Sendschreiben mit unseren Verbündeten austauschen müssen.»
«Majestät, die Tribute, die sie dir zugesagt haben, sind außerordentlich hoch und von erlesener Güte. Sei versichert, daß ich für die Unterstützung durch Ägypten einen sehr ansehnlichen Preis ausgehandelt habe. Viele fremdländische Gesandte bitten darum, an deinem Hof zugelassen zu werden, Majestät, um dir zu huldigen, denn noch nie genoß ein Pharao größeres Ansehen.»
«Hast du mir sonst nichts zu sagen?»
«Doch, Majestät: Acha hat seine unverzügliche Rückkehr nach Pi-Ramses angekündigt. Ich gedenke ihm einen feierlichen Empfang zu bereiten.»
«Hat er in seinem Schreiben den Grund für diese Reise genannt?»
«Nein, Majestät.»
Der König und seine Mutter zogen sich zurück.
«Wird es gelingen, diesen Frieden zu schließen, Ramses?»
«Wenn Acha unverschlüsselt an Meba geschrieben hat und Hatti überstürzt verläßt, bedeutet das sicher keine gute Neuigkeit.»
SIEBENUNDVIERZIG
NACH ZEHN LANGEN Unterredungen mit Uriteschup hatte Ramses alles über die hethitische Armee erfahren, über die von ihr bevorzugte Art der Kriegführung, ihre Bewaffnung, ihre Stärken und ihre Schwächen. Der gestürzte Oberbefehlshaber war so begierig darauf, Hattuschili zu schaden, daß er seine Auskünfte äußerst bereitwillig erteilte. Als Gegenleistung dafür kam er in den Genuß eines schönen Hauses, zweier syrischer Diener, einer Beköstigung, an der er sogleich Geschmack gefunden hatte, und strenger Bewachung.
Ramses erkannte nun, welch grimmigem Ungeheuer er einst in jugendlichem Überschwang getrotzt hatte. Ohne den Schutz Amuns und Sethos’ hätte seine Unbesonnenheit Ägypten ins Verderben gestürzt. Sogar geschwächt blieb Hatti noch eine furchterregende Streitmacht. Ein Bündnis, selbst ein nur loses, zwischen Ägypten und dem Hethiterreich hätte dauerhaften Frieden zur Folge, denn kein Volk würde es wagen, einen solchen Staatenbund anzugreifen.
Im Schatten einer Sykomore besprach Ramses diese Aussichten mit Nefertari, als ihm ein atemloser Ameni die Ankunft Achas meldete.
Der lange Aufenthalt in der Fremde hatte den Obersten Gesandten nicht verändert. Das ovale Gesicht mit den edlen Zügen, der kleine und sehr gepflegte Schnurrbart, die vor Scharfsinn blitzenden Augen und die schlanken Gliedmaßen konnten leicht den Anschein erwecken, er sei kühl und herablassend, und man glaubte gern, daß er überaus spöttisch durchs Leben schritt.
Acha verneigte sich vor dem Königspaar.
«Mögen Eure Majestäten mir vergeben, daß ich nicht die Zeit gefunden habe, ein Schwallbad zu nehmen, mich massieren zu lassen, mich mit Duftölen einzureiben… Es ist gewissermaßen ein unsauberer Nomade, der es wagt, vor euch zu erscheinen, doch die Botschaft, die ich zu überbringen habe, duldet keinen Aufschub und läßt es nicht zu, hinter meinem Wohlbehagen
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