Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
du ein wichtiges Amt innehast, findest du so viel Muße, um dich zu zerstreuen?»
    Der Gesandte wich Khas Blick aus.
    «Ich bin sehr beschäftigt, denn Ägyptens Beziehungen zu den Fremdländern erfordern große Sachkenntnis und viel Fleiß.»
    «Trifft nicht mein Vater die Entscheidungen?»
    «Gewiß, aber meine Amtsbrüder und ich arbeiten emsig, um ihm seine Aufgabe zu erleichtern.»
    «Ich möchte gern Einzelheiten über deine Arbeit erfahren.»
    «Sie ist sehr vielschichtig, und ich weiß nicht, ob…»
    «Ich werde mir Mühe geben, es zu verstehen.»
    Die Ankunft Merit-Amuns, Khas kleiner Schwester, die munter heranwirbelte, erlöste den Gesandten.
    «Spielst du mit meinem Bruder?» fragte das Mädchen.
    «Nein, ich bin hergekommen, um ihm ein Geschenk zu bringen.»
    Neugierig geworden, horchte Kha auf.
    «Worum handelt es sich?»
    «Um diesen Binsenhalter, Prinz.»

    Meba brachte eine hübsche, kleine Säule aus vergoldetem Holz zum Vorschein. Sie war hohl und enthielt zwölf Binsen verschiedener Größe.
    «Der ist… der ist sehr schön!» stellte der Prinz fest und legte die abgenutzte Binse, deren er sich gerade bedient hatte, beiseite.
    «Darf ich sie ansehen?» fragte Merit-Amun.
    «Du mußt sie behutsam anfassen», sagte Kha ernst. «Sie knicken leicht.»
    «Läßt du mich damit schreiben?»
    «Aber nur, wenn du sehr vorsichtig bist und dich bemühst, keine Fehler zu machen.»
    Kha reichte seiner Schwester ein Stückchen Papyrus und eine neue Binse, deren Spitze sie in die Tinte tauchte. Aufmerksam sah der Prinz zu, wie sie mit großer Sorgfalt Hieroglyphen zeichnete.
    Völlig in ihre Tätigkeit versunken, vergaßen die beiden Kinder Mebas Anwesenheit. Eine Gelegenheit wie diese hatte der Gesandte sich erhofft.
    Er nahm Khas abgenutzte Binse an sich und schlich davon.

    ZWÖLF

    DIE GANZE NACHT hatte Iset die Schöne von der Schilfhütte geträumt, in der sie und Ramses einander zum erstenmal geliebt hatten. Dort hatten sie ihre Leidenschaft verborgen, ohne an die Zukunft zu denken, und den Augenblick mit der Lust an ihrer Begierde genossen.
    Nie hatte Iset sich gewünscht, Königin zu werden. Diese Pflichten hätten sie überfordert, ihnen war allein Nefertari gewachsen. Aber wie könnte sie Ramses vergessen, wie könnte sie dieser Liebe entsagen, die unvermindert in ihrem Herzen glühte? Während er Schlachten schlug, starb sie beinahe vor Angst. Ihr Verstand ließ sie im Stich, sie hatte keine Lust mehr, sich zu schminken, streifte sich nur wahllos irgendein Kleid über und zog nicht einmal Sandalen an.
    Doch kaum war er zurückgekehrt, hatte sich ihre Trübsal verflüchtigt, und mit ihrer wiedergewonnenen Schönheit hätte Iset selbst den überheblichsten Mann betört, wenn er ihrer ansichtig geworden wäre, wie sie vor Erregung zitternd in dem Flur stand, der von Ramses’ Amtsräumen zu seinen Privatgemächern führte. Falls er des Weges kam, würde sie es wagen, sich ihm zu nähern… Oder nein, sie sollte besser die Flucht ergreifen.
    Wenn sie ihn belästigte, schickte er sie vielleicht wieder in eine entlegene Provinz. Dann wäre sie dazu verurteilt, ihn nicht mehr zu sehen. Und gäbe es eine Bestrafung, die schwerer zu ertragen wäre?
    Als der König erschien, wankten Iset die Knie. Sie brachte weder die Kraft auf, das Weite zu suchen, noch vermochte sie ihren Blick von ihm abzuwenden. Er strahlte die Macht eines Gottes aus.
    «Was tust du hier, Iset?»
    «Ich wollte dir sagen… Ich habe dir einen Sohn geschenkt.»
    «Seine Amme hat ihn mir schon gezeigt: Merenptah ist ein prächtiges Kind.»
    «Ich werde ihn ebenso lieben wie Kha.»
    «Davon bin ich überzeugt.»
    «Für dich will ich das fruchtbare Land bleiben, das du bestellst, der See, in dem du badest… Möchtest du noch mehr Söhne, Ramses?»
    «Die Lehranstalt der ‹Kinder des Königs› wird sie mir bescheren.»
    «Verlange von mir, was du willst… Meine Seele und mein Leib gehören dir.»
    «Da irrst du, Iset. Kein Mensch kann einen anderen Menschen besitzen.»
    «Dennoch bin ich dein, und du kannst mich in die hohle Hand nehmen wie einen aus dem Nest gefallenen Vogel.
    Deiner Wärme beraubt, verkümmere ich.»
    «Ich liebe Nefertari, Iset.»
    «Nefertari ist eine Königin, ich bin nur eine Frau; vermagst du mich nicht auf andere Art zu lieben?»
    «Mit ihr baue ich eine Welt auf. Das geheime Wissen, dessen es dazu bedarf, teilt nur die Große königliche Gemahlin.»
    «Gestattest du mir… in diesem Palast zu bleiben?»
    Iset

Weitere Kostenlose Bücher