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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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schriftlich niedergelegte Aussage wird Moses zustatten kommen. Solange Zweifel bestehen, wird man sie zu seinen Gunsten auslegen und ihn nicht zum Tode verurteilen.»
    «Ist eine lange Gefängnisstrafe vielleicht ein beneidenswertes Los?»
    «Moses hätte sich beherrschen müssen und Sary nicht töten dürfen.»
    Am Ende seiner Geduld angelangt, schlug Aaron mit dem Stock auf den Boden.
    «Keine Gewalt!» mahnte der Älteste des Rates.
    «Dieser Kerl ist ein Schuft, er hat seine Brüder betrogen und betrügt sie noch immer!»
    «Bewahre Ruhe», riet ihm Abner. «Ich bin großherzig und werde dafür Sorge tragen, daß es dir an nichts fehlt. Für mich ist die Achtung vor dem Alter ein unumstößlicher Wert.»
    Wären der Älteste des Rates und der Stammesführer nicht zugegen gewesen, hätte Aaron ihm den Schädel eingeschlagen.
    «Belassen wir es dabei, meine Freunde, und feiern wir unsere Aussöhnung bei einem guten Mahl, zu dem ich euch mit Freuden einlade.»
    «Hast du den Bettler vergessen, Abner?»
    «Ach, ja, der Bettler… Was hat er denn zu sagen?»
    Aaron wandte sich dem Unglücklichen zu.
    «Sei ohne Furcht und sprich ganz freimütig.»
    Der völlig erschöpfte Mann tat den Mund nicht auf, und Abner brach in schallendes Gelächter aus.
    «Das ist also euer großer Ankläger! Schluß damit… Bringt ihn in die Küche, meine Diener werden ihm etwas zu essen geben.»
    Aaron fühlte sich gekränkt.
    «So rede doch, ich bitte dich.»
    Da richtete sich der vermeintliche Bettler langsam zu seiner vollen Größe auf, nahm die Kapuze ab und zeigte sein Gesicht.

    Fassungslos starrte Abner ihn an und war kaum imstande, den Namen dieses unerwarteten Gastes auszusprechen.
    «Serramanna…»
    «Du bist festgenommen, Abner», erklärte der Sarde mit dem zufriedenen Lächeln eines Seeräubers.

    Während Abners Vernehmung wurde Serramanna von widersprüchlichen Gefühlen geplagt. Einerseits hatte er gehofft, Abner nicht zu finden, damit Moses, dieser Verschwörer, nicht entlastet würde, andererseits freute er sich, weil er seinen Auftrag erfolgreich ausgeführt hatte. Ramses mußte in der Tat ein ganz erstaunliches Wesen sein, daß es ihm gelungen war, ihn zu solchem Gehorsam zu bewegen, obgleich der Sarde nach wie vor von den schändlichen Absichten des Hebräers überzeugt war. Der König beging einen Fehler, wenn er Moses Vertrauen schenkte, aber wer wollte Kritik an einem Herrscher üben, für den Freundschaft zu den geheiligten Werten zählte?
    Ganz Pi-Ramses fieberte dem Urteilsspruch entgegen, den der Wesir nach der Beratung der Geschworenen verkünden würde. Im Laufe des Gerichtsverfahrens war das Ansehen von Moses beachtlich gewachsen. Das einfache Volk und nahezu alle Ziegelmacher ergriffen mittlerweile für ihn Partei. War er nicht ein Verfechter der vom Schicksal Benachteiligten?
    Serramanna wünschte, der Hebräer würde des Landes verwiesen werden, so daß er die Eintracht nicht mehr stören könnte, um die das Königspaar sich Tag für Tag aufs neue bemühte.
    Als Ameni den Gerichtssaal verließ, eilte ihm der Sarde entgegen. Der Oberste Schreiber des Pharaos strahlte vor Freude.
    «Moses ist freigesprochen.»

    EINUNDZWANZIG

    DER GESAMTE HOFSTAAT hatte sich im Audienzsaal des Palastes von Pi-Ramses eingefunden, zu dem eine gewaltige, mit Darstellungen unterworfener Feinde verzierte Treppe hinaufführte. Niemand wußte, weshalb der Pharao die Inhaber der höchsten Ämter sowie die Vorsteher aller Verwaltungen hatte rufen lassen, doch jeder rechnete mit der Verkündung weitreichender, für die Zukunft des Landes wichtiger Entscheidungen.
    Als Ameni durch die breite Tür schritt, über der in blauer Schrift Ramses’ Krönungsnamen prangten, vermochte er seinen Unmut nur schlecht zu verbergen. Warum hatte ihn der König nicht ins Vertrauen gezogen? An Achas verkniffener Miene konnte er ablesen, daß sein Freund auch nicht mehr wußte als er.
    Die Höflinge waren so zahlreich, daß von den gebrannten und glasierten Tontafeln des Fußbodens kaum noch etwas zu sehen war und niemand mehr die blühenden Gärten und fischreichen Weiher erkennen konnte. Man drängte sich zwischen den Säulen ebenso wie an den Wänden, auf denen eine wundersame Welt in zartem Grün, dunklem Rot, hellem Blau, leuchtendem Gelb und gebrochenem Weiß ihre Pracht entfaltete. Aber wem hätte in dieser Stunde großer Besorgnis schon der Sinn danach gestanden, die herrlichen Vögel zu bewundern, die durch eine papyrusbestandene

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