Rangun
des Ortes, zu dem sie ging. Und manchmal, wenn ihre Körper sich vereinten, fühlte sie, daß ihre Seele in ihm verloren war.
Die Zeit verging in einem ruhigen Fluß, der nur ein einziges Mal gestört wurde. Eines Nachts ruhte Rams Kopf auf ihrer Brust, und er malte mit seinem Zeigefinger Muster auf ihrem Bauch.
»Woran denkst du?« fragte sie leise.
»Ich überlege, welchen Mann du als nächsten haben wirst.«
Seine unerwartete Grausamkeit ließ sie vor Schmerz erstarren, dann entspannte sie sich. »Ist das wichtig? Schließlich liebst du mich nicht.«
Seine Finger malten weiter Muster. »Aber ich bin eitel und neugierig. Wer war der erste Mann? Bettenheim... Harry?«
Dann merkte sie, daß er verschlungene Initialen malte: C. B., H. A. Sie zuckte zusammen. »Wie viele Geliebte hast du seit dem Nautch-Mädchen gehabt?«
»Ich habe nie gezählt«, erwiderte er gelassen, »du?«
»Huren zählen selten. Manche können gar nicht zählen -sie wissen nur, daß sie benutzt und verachtet und gedemütigtwerden. Aber nie geliebt.« Sie dehnte die Worte. »Nur zu, warum legst du nicht ein Kissen über meinen Kopf und nimmst mich? Oder bin ich zu schmutzig? Vielleicht haben all diese anderen Männer mich mit einer Krankheit angesteckt!« Zitternd kauerte sie sich zusammen. Als er ihre Schulter berührte, machte sie sich noch kleiner. »Keine Angst. Ich bin noch nicht lange in dem Beruf.« Dann erzählte sie ihm von Frank, und als sie fertig war, öffnete sie, ihre Augen vor Tränen blind, ihre Beine. »Da, siehst du? Benutze mich wie du willst. Es ist völlig egal.«
Ram zog sie fest an sich. »Wo ist er jetzt, dieser Frank? Sicher in Boston?« Bei der Kälte seiner Stimme spürte er sie zittern und zog ihren Kopf an seinen Hals. »Der Narr kann von Glück reden, daß er in einer anderen Hemisphäre ist. Doch ich habe mehr Glück, denn wäre er mehr als Kot unter deinen Füßen, wärst du vielleicht nie nach Birma gekommen.« Er streichelte ihr Haar. »Ist er dir noch wichtig?«
»Wichtig?« Ihre Stimme klang an seiner Schulter erstickt. »Ich habe an ihn nicht mehr gedacht seit...«
»Seit ich da fortfuhr, wo er aufhörte.« Sie lagen schweigend.
»Ich kann nicht mehr gegen dich kämpfen, Ram«, flüsterte sie schließlich benommen. »Und ich kann dich nicht hindern zu tun, was immer du willst. Ich kann dich nicht hindern, mich zu verletzen. Warum haben Männer soviel Freude am Zerstören? Stärkt es deine Männlichkeit, wenn du eine Frau benutzt, statt dich um sie zu kümmern?«
»Kennst du das altfranzösische Wort für >Lilie<, Lysistrata? Es heißt lys, was Reinheit symbolisiert. Dein Name klingt wie das Zupfen von Lautensaiten oder fallendem Wasser. Man muß ihn nur langsam aussprechen, jede Note klar, getrennt und schön. Lys: die Lilie der reinen Leidenschaft. Ist: Stolz.
Strata: die Treue. Doch diese bemerkenswerte Symphonie, die ein Meisterwerk sein könnte, ist verstimmt, jede Note streitet mit der anderen. Der Impuls, die wahre Lieblichkeit aus deiner Musik zu ziehen, ist unwiderstehlich, aber während ich höre, daß sich ihr Versprechen erfüllt, halte ich dies für meine Komposition. Daß sie es nie gewesen ist und nie sein kann, verlockt mich, zu zerstören, was ich nicht behalten kann, so daß zumindest die Erinnerung mein ist.« Er küßte ihr Haar. »Verstehst du, was ich zu sagen versuche, Lysistrata?«
»Woher weißt du, daß die Musik, die du dir vorstellst, das ist, was sie sein sollte?« erwiderte sie leise. »Am Ende kann nur ich über die Komposition entscheiden.«
»Das ist wahr, aber bedenke, daß Musik auch von dem gestaltet wird, der sie hört.« Er hob ihr Kinn. »Ich bin überheblich. Dank autokratischer Vorfahren bin ich daran gewöhnt, zu machen, was ich will. Wirst du mir verzeihen?«
»Du hast mich gelehrt, daß mein Körper zu benutzen ist. Das verzeihe ich dir«, sagte sie ernst. »Aber du hast auch meinen Verstand vergewaltigt. Was immer deine Absichten sind, ich bin mir nicht sicher, ob ich das verzeihe.« Sie richtete sich auf. »Ich möchte heute nacht allein sein. Würdest du bitte gehen?«
»Nein.« Er zog sie zurück.
»Warum nicht?« protestierte sie schwach, als sein Mund über ihr schwebte. »Ich dachte du würdest...«
»Verstehen? Das tue ich. Darum bleibe ich ja.«
Doch nicht einmal Rams verführerische Überzeugungskraft konnte sie davon abbringen, sich zu fragen, was er tun würde, wenn seine Pläne wirklich vereitelt wurden. Er erkannte nur seine eigene
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